Bundessozialgericht:Hilfe statt Stigmatisierung

Alkohol-Opfer erhält keine Entschädigung. Ein Urteil mit Augenmaß.

Von Edeltraud Rattenhuber

Wer als Schwangere mit Alkohol gedankenlos umgeht, riskiert die Gesundheit seines Kindes. Das wissen die meisten werdenden Mütter. Unterstützt und ermahnt vom künftigen Vater, von Eltern, Schwiegereltern, Frauenärztin und Kollegen, enthalten sie sich.

Das ist aber nicht einfach in Deutschland. Alkohol ist Volksdroge Nummer eins, knapp zwei Millionen Menschen gelten als abhängig. Schwangerschaften werden mit Sektfrühstücken gefeiert, der Absacker am Abend ist gesellschaftlich akzeptiert. Verzicht fällt in einem solchen Klima schon Normalsterblichen schwer. Ist eine Schwangere süchtig, wird sie weiter trinken, aller Mahnung zum Trotz.

Hat sie damit einen tätlichen Angriff auf das Ungeborene begangen, wie eine durch das Fetale Alkoholsyndrom geschädigte Jugendliche argumentiert, um staatliche Opferentschädigung zu erhalten? Nein, sagt das Bundessozialgericht. Nur wenn der Alkoholmissbrauch vorsätzlich passiert, um dem Fötus zu schaden, sieht es die Grenze überschritten. Pflegeeltern, die ein geschädigtes Kind aufgenommen haben, hilft das nicht weiter. Auch den Kindern nicht. Sie haben das Nachsehen. Dennoch hat das Gericht Augenmaß bewiesen. Süchtige Schwangere brauchen Hilfe, keine Stigmatisierung - zumal in einem Land, in dem der Alkohol derart akzeptiert ist.

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