Nach Anschlag in Solingen:Ampel einigt sich auf Sicherheitspaket

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Mit dem neuen Gesetz sollen Abschiebungen, wie hier nach Afghanistan, erleichtert werden (Archivbild) (Foto: Michael Kappeler/dpa)

SPD, Grüne und FDP wollen Polizei und Bundeskriminalamt mehr Befugnisse geben und das Waffenrecht verschärfen. Doch die Union ist noch nicht zufrieden.

Nach rund zweimonatiger Sommerpause kommt der Bundestag am Montag in Berlin wieder zusammen. Und es dürfte turbulent zugehen, denn nicht nur der Haushalt, sondern auch der Gesetzentwurf zum Sicherheitspaket der Koalition zu Migration, Messerverboten und mehr Befugnissen für die Polizei könnte von den Abgeordneten diskutiert werden. Seit dem Wochenende ist klar, dass sich SPD, Grüne und FDP innerhalb der Regierung auf einen entsprechenden Gesetzentwurf geeinigt haben. „Jetzt liegt es in den Händen des Parlaments, all das schnell auf den Weg zu bringen“, sagte Justizminister Marco Buschmann (FDP).

Bei dem Sicherheitspaket handelt es sich um ein Bündel an Maßnahmen, sie liegen der SZ vor. So will die Ampelregierung etwa dem Bundeskriminalamt und der Bundespolizei die Befugnis geben, biometrische Daten aus öffentlich zugänglichen Daten mit Internetdaten, etwa aus sozialen Medien, abzugleichen. Anerkannte Schutzberechtigte, die im Heimatland Urlaub machen, sollen den Schutzstatus verlieren. Migranten, die Straftaten begehen, sollen leichter vom Schutz in Deutschland ausgeschlossen werden können. Zudem soll das Waffenrecht verschärft werden: Künftig soll im Fernverkehr mit Bussen und Bahnen, bei Volksfesten und anderen Großveranstaltungen ein generelles Messerverbot gelten.

Bundeskanzler Scholz zeigt sich kompromissbereit

Vergangenen Dienstag hatten Vertreter der Ampelparteien mit der Union als größter Oppositionskraft und den Ländern über Migration und innere Sicherheit beraten. Auch die Bundesländer waren beteiligt. Es sollte ein Zeichen sein, dass die politische Mitte nun dieses Problem angeht, gerade auch nach dem Anschlag in Solingen, als ein Anhänger des „Islamischen Staates“ drei Menschen ermordet hatte.

In der SPD zeigte man sich an diesem Sonntag optimistisch. „Innerhalb einer Woche haben wir nicht nur das Paket angekündigt, sondern auch konkrete legislative Schritte eingeleitet“, sagte der Vizevorsitzende der SPD-Fraktion, Dirk Wiese, der Süddeutschen Zeitung. Demnach wird die Fraktion noch in dieser Woche über den Regierungsentwurf beraten. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sendete am Sonntag bei einem Bürgergespräch im brandenburgischen Teltow das Signal an die anderen Parteien, weiterhin kompromissbereit zu sein. „Ich hoffe, dass es klappt, weil es gut wäre für die Gesellschaft und den Frieden“, sagte er. 

Auch die FDP wünscht sich eine schnelle Umsetzung. „Wir werden das Sicherheitspaket zusammen mit dem Migrationspaket im Parlament zügig umsetzen, damit die dringend notwendigen Maßnahmen auch so schnell wie möglich genutzt werden können“, sagte der innenpolitische Sprecher der FDP, Manuel Höferlin, der SZ. Deshalb gehe es jetzt vor allem um Fragen der praktischen Umsetzung - aber auch darum, „dass die Vorhaben nicht zerredet werden“.

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Kritik kommt aus der Union

CDU-Chef Friedrich Merz forderte indessen, dass Flüchtende künftig an den deutschen Grenzen zurückgewiesen werden sollen. Am Mittwochabend legte er nach und setzte den Ampelparteien eine Frist bis kommenden Dienstag für eine „verbindliche Erklärung“ der Bundesregierung.

Nun ist der Gesetzesentwurf da – und die Kritik der Union hält an. Vermutlich auch, weil der Entwurf nicht auf die Forderungen von Merz eingeht. „Das Sicherheitspaket der Koalition wird keine grundlegende Wende einleiten - weder bei der Migrationspolitik noch bei der Inneren Sicherheit“, sagte Thorsten Frei, parlamentarische Geschäftsführer der Union, der SZ. Er kündigte an, dass die Union einen eigenen Gesetzentwurf in den Bundestag einbringen werde. „Dazu gehört, dass die Begrenzung der Zuwanderung wieder zentraler Zweck des Aufenthaltsgesetzes und auch der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten gestoppt wird.“ Bislang habe die Union noch kein Signal erhalten, dass die Regierung Zurückweisungen an den deutschen Grenzen vornehmen lassen würde.

Nach der bisherigen Rechtsauffassung des Bundesinnenministeriums ist eine Zurückweisung Flüchtender an der Grenze allerdings nicht so einfach möglich: Asylsuchende müssen demnach zuerst in eine Erstaufnahmeeinrichtung gebracht werden, wo dann geprüft wird, ob ein anderes europäisches Land für sie zuständig ist.

Kritik an den Forderungen der Union kommt von den Grünen. Die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe, Luise Amtsberg, sagte vergangene Woche der Süddeutschen Zeitung: „Auch die Union kennt die Grenzen des geltenden Europarechts und die sehr hohen praktischen Hürden“, so die Grünen-Politikerin: „Die Erfahrung hat gezeigt, dass nationale Alleingänge keine Probleme lösen.“

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