Süddeutsche Zeitung

Bundesregierung:Schnell noch Gesetze auf den Weg bringen

  • Am Mittwoch stehen 16 Gesetzesvorhaben auf der Tagesordnung des Bundeskabinetts.
  • Die Zeit für Gesetzentwürfe drängt: Im September ist Bundestagswahl, zuvor muss ein Entwurf alle zuständigen Gremien passieren.
  • Gesetzesprojekten, die am Ende der Legislaturperiode vorliegen, droht sonst der Limbus im Archiv.

Von Michael Bauchmüller

Gesetze, die das Land nie sah: Ganze Papiercontainer ließen sich damit füllen. Ministerien schliffen an Formulierungen, Versionen wurden hin- und hergeschickt, Verbände bekamen Wind davon und liefen Sturm. Und dann: nichts. Frauenquote und Antidiskriminierungsgesetz landeten so erst im Papierkorb, um später von einer anderen Regierung neu erfunden zu werden. Genauso wie ein ausziseliertes Suchverfahren für Atommülllager, endgelagert im Regierungsarchiv. Wenn eine Legislaturperiode zu Ende geht, verschwinden alle Gesetzentwürfe, die nicht beschlossen sind. Sie gelten als "erledigt".

Dieses Schicksal dräut nun auch manchem Vorhaben der großen Koalition. An diesem Mittwoch tritt das Kabinett zu seiner 136. Sitzung zusammen. Wie immer treffen sich die Minister in Raum LE 6.407 des Kanzleramts, dem "Großen Kabinettssaal". Und doch ist diese Sitzung eine besondere: Es ist die letzte, bei der diese Bundesregierung unter Beachtung aller Fristen neue Gesetze auf den Weg bringen kann.

Der neue Bundestag startet ohne Vorhaben des alten

Das liegt an dem Vorlauf, den Bundestag und Bundesrat üblicherweise haben. Kommt eine Gesetzesvorlage aus dem Kabinett, dann geht sie zunächst an den Bundesrat. Die Länder haben dann sechs Wochen Zeit, um ihre Stellungnahme zu beschließen. Die wiederum verlangt eine "Gegenäußerung", zu beschließen im Kabinett. Wie es dann weitergeht, haben einzelne Ministerien schon durchgerechnet. So könnte sich der Bundestag Ende April in erster Lesung mit dem Gesetz befassen, um es dann in die zuständigen Ausschüsse zu verweisen. Anfang Juni könnte sich der Bundestag abschließend mit der Vorlage beschäftigen, Anfang Juli der Bundesrat. So gelänge es, das Gesetz noch vor der Sommerpause zu verabschieden. Nach der Sommerpause tagt der Bundestag nicht mehr, schließlich wird am 24. September gewählt. Und was bis dahin nicht Gesetz ist, fällt der "Diskontinuität" zwischen alter und neuer Regierung zum Opfer: Der neue Bundestag startet ohne Vorhaben des alten.

16 Gesetzesvorhaben auf TOP 1 der Kabinettssitzung

Diesen Mittwoch stehen deshalb 16 Gesetzesvorhaben auf TOP 1 der Kabinettssitzung, zu beschließen ohne Aussprache. Das Justizministerium will Fragen des Schweigerechts regeln, das Verkehrsministerium trifft Vorbereitungen für "intelligente Verkehrssysteme", das Umweltressort kümmert sich um Chemikalienrecht und Grundwasser. Allerdings ist es für andere Gesetze trotzdem noch nicht zu spät: Fristen lassen sich verkürzen, zur Not gäbe es sogar noch eine Bundesratssitzung zwei Tage vor der Wahl. Als ultimativ letzten Kabinettstermin für neue Gesetze, dann aber schon unter Ausschöpfung aller Mittel, haben Regierungsexperten den 17. Mai ausgerechnet. Krisenzeiten mit Sondersitzungen mal ausgenommen.

Dennoch beginnt mit diesem Mittwoch die Zeit des Taktierens. Längst ist nicht klar, ob Union und SPD über alle verbliebenen Projekte einig werden. Das Rückkehrrecht für Teilzeitarbeiter etwa, die Reform der Pflegeberufe, mehr Transparenz bei Löhnen - lauter Projekte, bei denen die Zeit nun für die Gegner läuft. Ein bisschen Beratungsbedarf hier, eine kleine Verschiebung da - schon ist das schönste Gesetz Geschichte.

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SZ vom 15.02.2017/ees
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