Aus Sicht der Bundesregierung muss Deutschland mehr für die eigene Sicherheit tun. Künftig sollen die Militärausgaben im Durchschnitt bei zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen, wie es die Nato verlangt. Die Bundeswehr soll "Grundpfeiler der konventionellen Verteidigung in Europa" sein. Ferner soll etwa beim Katastrophenschutz die europäische Zusammenarbeit gestärkt werden. So steht es in der Nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesregierung, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.
Das sicherheitspolitische Umfeld habe sich in den vergangenen eineinhalb Jahren stark verändert, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei der Vorstellung des Papiers in Berlin. Dies liege vor allem am Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Dabei bleibe es die "zentrale Aufgabe des Staates", die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock betonte die Rolle von Verbündeten: "Die Sicherheitsstrategie wird nur funktionieren, wenn wir sie europäisch und transatlantisch verankern", sagte sie.
Andere Projekte müssten zugunsten der Sicherheit zurückgestellt werden, sagt Lindner
Das im vergangenen Jahr beschlossene Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro sei dabei nur "der erste Schritt, dem viele weitere folgen werden", sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Er kündigte weitere Ausgaben an. "Wir haben über eine lange Zeit von einer Friedensdividende gut gelebt. Wir müssen jetzt aus der Zeit der Friedensdividende wechseln in die Zeit der Freiheits- und Friedensinvestitionen", sagte Lindner. Die "Proportion des Bundeshaushaltes" werde sich in den kommenden Jahren verändern. Andere wünschenswerte Projekte müssten dann zugunsten der Ausgaben für die Sicherheit zurückgestellt werden.
Die Bundesregierung hat in ihrem Konzept nicht nur militärische Abschreckung im Blick, sondern Sicherheitsfragen in allen Bereichen der Gesellschaft, darunter Cyberabwehr, Rohstoffversorgung und den Umgang mit Pandemien.
Scholz und Baerbock verteidigten die Entscheidung, keinen Nationalen Sicherheitsrat nach Vorbild der USA einzuführen. Dies hatte die FDP gefordert. Der Kanzler sagte, man habe einen "größeren Mehrwert" nicht erkannt. Es gebe für Entscheidungen dieser Art bereits den Bundessicherheitsrat.
Zum Umgang mit China sagte Scholz, man wolle sich nicht abkoppeln. "Wir wollen kein Decoupling, wir wollen ein Derisking", sagte der Kanzler. China solle weiterhin im Welthandel eingebunden sein. Ziel sei es aber auch, das Risiko einer zu großen Abhängigkeit zu vermeiden. Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einer eigenen China-Strategie, die aber noch nicht ausformuliert ist.
Der Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Friedrich Merz, zeigte sich von der Nationalen Sicherheitsstrategie enttäuscht. Sie sei "inhaltlich blutleer, strategisch irrelevant, operativ folgenlos und außenpolitisch unabgestimmt", sagte Merz. Unter anderem kritisierte er das Fehlen eines Nationalen Sicherheitsrats.