von Markus Balser, Michael Bauchmüller, Daniel Brössler, Constanze von Bullion, Cerstin Gammelin, Kristiana Ludwig, Henrike Roßbach, Robert Roßmann, Jens Schneider und Mike Szymanski (inhaltliche Betreuung); Katharina Brunner, Felix Ebert und Manuel Kostrzynski (Technik und Design); Christian Endt und Benedict Witzenberger (Projektleitung)
Halbzeit. Seit zwei Jahren regiert die große Koalition. Zwei Jahre, in denen Versprechen aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt, Kompromisse geschlossen, Versprechen gebrochen wurden.
Die Süddeutsche Zeitung hat zu Beginn der großen Koalition den Koalitionsvertrag ausgewertet und aus den 500 000 Zeichen Text eine Art To-do-Liste der Regierung erstellt. 142 selbstgesteckte Ziele von Schwarz-Rot haben wir gefunden. 142 Versprechen, an denen sich die Regierung messen lassen muss - und deren Umsetzung im Koalitionstracker ständig dokumentiert wird.
Besonders stechen zwei gebrochene Versprechen heraus: In beiden geht es um Rüstungsexporte. Die bald 19 Jahre alten Rüstungsexportrichtlinien wurden nicht wie vereinbart bereits im Jahr 2018 an aktuelle Gegebenheiten angepasst. Außerdem beschloss die Bundesregierung einen Export von Fregatten an Ägypten. Das Land zählt sich selbst zur Militärallianz, die im Jemen Krieg führt. An die Kriegsparteien dort wollte die große Koalition eigentlich keine Waffen liefern. Im Fall Ägypten begründet die Bundesregierung den Export damit, dass das Land nicht direkt an Kriegshandlungen beteiligt sei.
Ebenfalls im Koalitionsvertrag ausgeschlossen hat die Bundesregierung die Einführung von Upload-Filtern zur Durchsetzung des Urheberrechts - trotzdem hat sie einem entsprechenden Vorhaben inzwischen im Rat der Europäischen Union zugestimmt.
Der Großteil der Vorhaben ist inzwischen mindestens in Arbeit. Nur bei etwa jedem fünften Projekt hat sich noch nichts Wesentliches getan. Dazu zählt die Einrichtung eines Atommüll-Endlagers im Schacht Konrad. Hier wird inzwischen erst mit einer Inbetriebnahme im Jahr 2027 gerechnet.
Wie weit die Vorhaben verfolgt wurden, unterscheidet sich deutlich von Ressort zu Ressort. Während in der Außen- und Entwicklungspolitik bereits zwei Drittel der Versprechen umgesetzt sind, ist es beispielsweise in den Bereichen "Heimat und Wohnen" und Justiz genau umgekehrt: Dort konnten wir bei drei Vierteln der Versprechen noch keine Aktivität ermitteln.
Doch die Regierung hat auch geliefert: 46 der insgesamt 142 Versprechen wurden komplett oder zumindest teilweise umgesetzt. Vorhaben wie ein Plan zum Kohleausstieg, die Einführung einer Musterfeststellungsklage, oder ein Sofortprogramm für mehr Pflege haben den Bundestag und, wenn nötig, den Bundesrat passiert und sind Gesetze geworden. Mehr als 50 weitere Projekte sind in Arbeit, das heißt die Bundesregierung hat schon ein Konzept oder einen Gesetzentwurf erarbeitet, dieser hat aber noch nicht alle Hürden des parlamentarischen Verfahrens genommen.
Die Bundesregierung hat Anfang November 2019 eine eigene Auflistung umgesetzter und ausstehender Projekte vorgelegt. Auf dieser Grundlage wollen die CDU, CSU und vor allem die SPD über eine Fortführung der Koalition entscheiden.
So ist der Koalitionstracker entstanden
Der Koalitionsvertrag ( den Sie hier im Volltext nachlesen können) enthält zahlreiche Sätze, in denen in vielen Worten wenig gesagt wird. Doch dazwischen stehen immer wieder sehr konkrete politische Ziele: Gesetze, die beschlossen, Investitionen, die getätigt werden sollen. In einem Team aus Datenjournalisten und Fachredakteuren für die verschiedenen Politikfelder haben wir diese Punkte systematisch erfasst und in 18 Themengebiete unterteilt. Mindestens drei Mal wurde jede Passage des Vertrags dabei von verschiedenen Kollegen gelesen. Wenn sich die Regierung zur Umsetzung eines Ziels eine Frist gesetzt hat, so ist diese genannt; andernfalls gilt als finaler Termin das Ende der Legislaturperiode im September 2021.
Einige Punkte, die in der ursprünglichen Auswahl nicht berücksichtigt waren, haben wir nachträglich ergänzt.
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Mitarbeit: Daniel Godeck, Alexander Kauschanski, Michaela Schwinn, Paul Munzinger
Ergänzung: Der SZ-Koalitionstracker ist von diversen US-amerikanischen Projekten inspiriert, unter anderem von der Washington Post, CNN und Viren Mohindra.