Bundespolitik:Bitte zu zweit nach vorne treten!

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Wer ist heute dran? Für Kanzler und Kabinett gibt es feste Regeln für die Teilnahme an der Regierungsbefragung. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Die Ampel hat das Prozedere bei den Regierungsbefragungen verfeinert, auch um Langeweile vorzubeugen. Dafür wurde das Verfahren des versetzten Reißverschlusses erfunden. 

Von Georg Ismar, Berlin

Demnächst wird Sarah Ryglewski aus ihrem Büro beobachten können, wie die neue Brücke über die Spree eingesetzt wird. Über diese Brücke sollen die Mitarbeiter des Kanzleramts künftig auf die andere Spreeseite rüber zum Erweiterungsbau laufen können. Der Apparat wächst und wächst, daher soll es den Neubau auf der anderen Spreeseite geben.

Ryglewski, die schon mit Kanzler Olaf Scholz im Finanzministerium zusammengearbeitet hat, ist im Kanzleramt so etwas wie die Maschinistin der Macht. Ein Überblick darüber, wer wann wohin läuft, kann da nicht schaden. Ryglewski koordiniert als Staatsministerin die Absprachen mit den Bundesländern und ist eine Art Frühwarnsystem für Scholz, wenn eine Blockade im Bundesrat drohen könnte. Die 41 Jahre alte SPD-Politikerin aus Bremen ist aber auch mit dafür verantwortlich, dass die Regierungsbank im Bundestag ausreichend besetzt ist - und dass die Regierung in möglichst abwechslungsreicher Form ihre Politik erklärt - im Rahmen der Regierungsbefragungen. An Erklärungsbedarf mangelt es bei der Ampelkoalition nicht.

Und so wird wahrscheinlich am 12. Juni ein kleiner Rekord erreicht, wenn alle Regierungsmitglieder bereits jeweils dreimal an einer Regierungsbefragung teilgenommen haben - so viele wie noch nie in so einem Zeitraum. Der Bundestag hat am 15. Dezember 2022 auf Antrag der Ampelfraktionen SPD, Grüne und FDP eine Änderung der Geschäftsordnung beschlossen, und nun sind seit Anfang 2023 immer zwei Mitglieder für eine Regierungsbefragung vorgesehen. An diesem Mittwoch sind Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) an der Reihe, die bei den Streitthemen Kindergrundsicherung und Rentenfinanzierung unter Druck stehen.

Die Dauer der Befragung wurde von 60 auf 90 Minuten verlängert, und ist der Kanzler an der Reihe, sind es bei ihm allein 60 Minuten. Die Bundesregierung bestimmt weiterhin selbst die Minister, die teilnehmen. Damit alle wissen, wann sie befragt werden, und nicht andere Termine für die Zeit einplanen, gibt es ein festes Verfahren.

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Die Minister müssen jetzt öfter ran als früher

Das erste Duo waren Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) - Habeck steht in der Kabinettsliste an zweiter Stelle nach dem Kanzler, Schmidt an deren Ende, als Nummer 17. Gemäß diesem Reißverschlussverfahren kam als Nächstes das Duo Finanzminister Christian Lindner (FDP) als Nummer 3 und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) als Nummer 16 des Kabinetts zum Zuge. Damit keine Langeweile aufkommt, weil immer die gleichen Paare auftreten, gibt es nun den "versetzten Reißverschluss", wie Ryglewski erklärt - nicht ganz ohne Stolz.

Nach dem ersten Durchlauf wurde der Reißverschluss "versetzt": Von oben herab blieb alles gleich, bei der zweiten Besetzung wurde ein Regierungsmitglied ausgelassen. So begann der zweite Durchlauf wieder mit Habeck, aber dieses Mal mit Geywitz; Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt trat mit Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) zur Befragung an. "Uns ist es wichtig, diese Befragungen so zu gestalten, dass möglichst viele Ministerinnen und Minister dort auftreten können", betont Ryglewski. Es sind jetzt doppelt so viele Teilnahmen im Vergleich zur Zeit der großen Koalition.

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