Bundesregierung als Unterstützer:So viel Geld steckt in der Sicherheitskonferenz

Als "unabhängiges Forum" sieht sich die Münchner Sicherheitskonferenz. Das ist nur ein Teil der Wahrheit. Tatsächlich wird sie mit viel Geld unterstützt. Von der Bundesregierung - und der Rüstungsindustrie.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Wenn an diesem Freitag die Münchner Sicherheitskonferenz beginnt, wird sich deren Chef Wolfgang Ischinger bei der Bundesregierung bedanken. Er hat dazu einigen Grund. Ohne die Regierung gäbe es nämlich die Konferenz nicht, die am Wochenende zum 50. Mal die bayerische Landeshauptstadt in Schach halten wird.

Die Konferenz stellt sich selbst als unabhängig dar. Aber das stimmt wohl nur zum Teil. Denn die Konferenz selbst, die als "Stiftung Münchner Sicherheitskonferenz (gemeinnützige) GmbH" fimiert, profitiert maßgeblich vom Geld der Bundesregierung.

Eine Million Euro etwa. Soviel lässt sich der Bund die Konferenz kosten, deren Chef Ischinger seit 2008 ist. 350.000 Euro werden vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung überwiesen - ein Drittel der Kosten der Veranstaltung (ohne Personal), die von der Regierung mit etwa 1,1 Millionen beziffert werden. Das sei Teil der Öffentlichkeitsarbeit, schreibt die Bundesregierung in der Antwort auf eine kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Ulla Jelpke. Die Antwort vom 28. Januar liegt SZ.de vor.

Ursprünglich aber kommt das Geld aus dem Verteidigungsministerium. Es stammt dort aus dem Etat "sicherheitspolitische Öffentlichkeitsarbeit". Es ist dem Presseamt zur "eigenwirtschaftlichen" Verwendung zur Verfügung gestellt worden. Weitere rund 650.000 Euro investiert der Bund in Personal- und Sachkosten der Konferenz.

Auch der Aufwand der Bundeswehr ist erheblich. Etwa 330 Bundeswehrsoldaten sind rund um die Sicherheitskonferenz im Einsatz. Das sind fünf Soldaten weniger als am Horn von Afrika im Rahmen der Atalanta-Mission. Etwa 50 zusätzliche Feldjäger sorgen für den Schutz der hochrangigen Gäste.

Soldaten für den reibungslosen Ablauf

Vor allem aber übernehmen die Bundeswehr-Angehörigen in München Aufgaben, die nicht gerade zum klassischen Auftragsspektrum deutscher Soldaten gehören. 20 Soldaten sind für "Aufbau, Betreuung und Betreiben der Medienzentren und der Onlineredaktion" abgestellt. 120 Soldaten werden für einen reibungslosen Ablauf der Konferenz sorgen. Ein "Arbeitskommando" kümmert sich um Auf-, Um- und Abbau. Telefonleitungen werden verlegt, Delegationen betreut, Abendveranstaltungen organisiert. Etwa nochmal so viele Soldaten bilden den Fahrdienst vor Ort. Weitere sind am Flughafen München stationiert.

Ein unkonventioneller Inlandseinsatz der Bundeswehr für alle, die Soldaten eher auf durchnässten Deichdämmen und in Kasernen vermuten.

Von staatlicher Seite kommt Geld übrigens nur von der Bundesregierung. Das Land Bayern und die Stadt München richten zwar jeweils Empfänge anlässlich der Konferenz aus. Aber Geld fließt keines, lassen Land und Stadt auf Nachfrage ausrichten. Dennoch ist die Konferenz für das Land Bayern nicht kostenlos: 3100 Polizisten sichern die Veranstaltung. Die Kosten dafür werden dem Veranstalter - wie auch bei Fußballspielen üblich - nicht in Rechnung gestellt.

Für die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke steht fest: "Ohne staatliches Sponsoring und damit ohne das Geld der Steuerzahler wäre diese Konferenz nicht möglich." Jelpke hält die Konferenz ohnehin für ein von der Regierung gesponsertes "Kriegertreffen", deren einziges Ziel die "Aufrechterhaltung ihrer globalen Vorherrschaft" sei.

Die Sicherheitskonferenz ist eine Veranstaltung von Weltrang. Verteidigungs- Außenminister, Politiker und Rüstungsunternehmer der wichtigsten Nationen der Welt kommen dort zum Plausch zusammen. Die Grünen haben durchaus Verständnis dafür, dass die Bundesregierung Geld zuschießt. Agnieszka Brugger, verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, findet es zwar "absolut berechtigt, die Finanzierung zu hinterfragen". Doch viel problematischer als die Zuschüsse der Bundesregierung sei aus ihrer Sicht "das Sponsoring durch die Rüstungsindustrie".

Seit´an Seit´ treten Bundesregierung und Rüstungsfirmen als Sponsoren und Unterstützer auf. Für den Düsseldorfer Rechtswissenschaftler Martin Morlok, der sich seit Jahren mit Sponsoring im politischen Raum beschäftigt, hat das "schon fast aufklärerischen Wert". Die Konferenz zeige, dass "Rüstungsindustrie und Politik miteinander eng verbandelt sind."

Wie viel Geld genau von welchem Unternehmen kommt, will die Sicherheitskonferenz auf Nachfrage nicht preisgeben. Allerdings sei die Einbindung der Wirtschaft durchaus gewollt, seit 2008 Ischinger den Chefposten der Konferenz übernahm. Übrigens auf dringenden Wunsch der Bundesregierung, die damit deutlich machte, dass die Konferenz so ganz unabhängig nicht ist. Ischinger war zu dem Zeitpunkt deutscher Botschafter in London und galt als Spitzenkraft der deutschen Diplomatie.

Öl-Konzern aus Aserbaidschan als Sponsor

Sein Vorgänger Horst Teltschik, in früheren Zeiten Kanzlerberater von Helmut Kohl, wollte die Rüstungsindustrie als Geldgeber immer raushalten. Die Bundesregierung drängte aber darauf, die immer größer werdende Konferenz auf eine andere als nur die steuerfinanzierte Grundlage zu stellen. Ischinger kümmerte sich darum. Heute dankt die Konferenz den Sponsoren für "großzügige Beiträge" ohne die "diese Konferenz nicht möglich wäre".

Haupt-Sponsor aus der freien Wirtschaft ist der Industrie- und Medizin-Gase-Abfüller Linde AG. Die Bundeswehr gehört zu ihren wichtigsten Kunden. Zu den Rüstungsunternehmen auf der Sponsorenliste sind die Panzerschmiede Krauss-Maffei Wegmann und der Flugzeugbauer Airbus zu zählen.

Außerdem dabei ist das Unternehmen ESG, das unter anderem die Ersatzeilversorgung der Luftwaffe sicherstellt, ansonsten aber Elektronik- und IT-Systeme für das Militär entwickelt.

Oder die iABG, die unter anderem Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr analysiert. Eine ihrer Dienstleistungen besteht darin, wie es die iAGB auf ihrer Webseite formuliert, den "durch Druck- und/oder Penetrationsvorgänge generierte Schaden im Ziel" zu ermitteln. Im Klartext: Die IAGB untersucht, wie schwer ein Mensch mit Waffen verletzt werden kann.

Interessant auch, dass der staatliche Öl-Konzern der Republik Aserbaidschan, Socar, als Sponsor auftritt. Aserbaidschan ist zwar Teil der sogenannten West-Ost-Achse mit den USA, der Türkei, Georgien. Es gilt aber als ähnlich lupenreine Demokratie wie Russland. Der Chef von Socar, Rovnag Abdullayev, ist übrigens auch Chef des nationalen Fußballverbandes.

Das Interesse der Unternehmen dürfte klar sein: die Bedürfnisse der Sicherheitspolitiker früh erkennen und entsprechend ihre Produktpalette justieren. Und vielleicht können sie ja auf der Konferenz das ein oder andere Geschäft anbahnen.

Obwohl der Bund als Hauptgeldgeber der Sicherheitskonferenz auftritt, ist er im Beirat des Unternehmens nicht vertreten. Die Bundesregierung hält die Konferenz zwar für "ein ganz zentrales Forum" für sicherheitspolitische Debatten, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert diese Woche. Sie sei überdies eine "für alle Teilnehmer und eben auch für die Bundesregierung sehr fruchtbare Veranstaltung", weshalb sie auch finanziell unterstützt werde. Andererseits aber hat sich die Bundesregierung organisatorisch meist rausgehalten. Sichtbar ist sie mit ihrem Logo auf der Sponsorenseite und durch die Tatsache, dass vier Bundesminister die Konferenz besuchen werden.

Den Vorsitz des Beirates hat der Chef des größten Sponsors aus der Wirtschaft, Wolfgang Reitzle von der Linde AG, inne. Aus der Politik sitzen Edmund Stoiber, ehemals Ministerpräsident von Bayern, und Javier Solana, ehemals Nato-Generalsekretär, im Beirat. Ansonsten sind in dem zwölfköpfigen Gremium Vorstandmitglieder, Aufsichtsräte und Geschäftsführer unter anderem der Deutschen Bank, der Munich Re, der Sberbank, von Krauss-Maffei Wegmann, des Rüstungskonzerns EADS, der Investment Bank Barclay Capital und der Allianz SE vertreten.

Dass die Allianz dabei ist, verwundert angesichts der anderen Beiratsmitglieder nicht. Allerdings ist Wolfgang Ischinger seit 2008 Generalbevollmächtigter für Regierungsbeziehungen der Allianz SE und Mitglied im Aufsichtsrat der Allianz Deutschland AG. Sein unbezahltes Ehrenamt als Chef der Sicherheitskonferenz ist da sicher nicht von Nachteil.

Die Beiräte der Sicherheitskonferenz sollen den Vorsitzenden Ischinger "in Fragen zur strategischen Ausrichtung, dem thematischen Fokus sowie dem Ausbau von Partnerschaften" beraten. Fragt sich nur, ob Banker und Rüstungsunternehmer darauf immer die besten Antworten haben.

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