Angela Merkel:Kabinett verabschiedet Merkel mit "Carpe Diem"-Bäumchen

Angela Merkel: Und Blumen gab's natürlich auch: Angela Merkel in ihrer letzten Kabinettssitzung am Mittwoch und ihr Noch-Stellvertreter Olaf Scholz.

Und Blumen gab's natürlich auch: Angela Merkel in ihrer letzten Kabinettssitzung am Mittwoch und ihr Noch-Stellvertreter Olaf Scholz.

(Foto: Markus Schreiber/AFP)

Bei der wohl letzten Sitzung der schwarz-roten Bundesregierung wird die Kanzlerin symbolträchtig beschenkt und von Stellvertreter Olaf Scholz sehr gelobt. Und gleich mehrere Geheimnisse werden gelüftet.

Von Nico Fried, Berlin

Der sehr wahrscheinliche Nachfolger hatte ein paar Worte vorbereitet: 16 Jahre und 2 Tage nach ihrer ersten Wahl zur Bundeskanzlerin wurde Angela Merkel am Mittwoch in ihrer letzten Kabinettssitzung von ihrem Noch-Stellvertreter und Finanzminister Olaf Scholz gewürdigt. Scholz erinnerte an den 22. November 2005, als Merkel von der großen Koalition erstmals gewählt wurde, wenn auch nicht mit der vollen Stimmzahl aller Abgeordneten aus Union und SPD. Scholz aber gestand in seiner Rede, er habe Merkel damals gewählt. In den drei anderen Legislaturperioden kam er nicht mehr in die Verlegenheit. 2009 koalierte Merkel mit der FDP, 2013 und 2017 saß Scholz nicht im Bundestag, sondern als Erster Bürgermeister in Hamburg.

Scholz dankte Merkel im Namen des ganzen Kabinetts für ihren "unermüdlichen Einsatz" und würdigte ihre Arbeit als Kanzlerin. Sie könne stolz sein auf diese 16 Jahre - auch wenn er wisse, dass Merkel als "Nord-Ost-Deutsche" selten dazu neige, in Kategorien wie Stolz zu denken. Vieles habe sich geändert in ihrer Amtszeit, aber sie selbst sei sich treu geblieben. Er wolle ihr Respekt bekunden, für ihre Arbeit und für ihre Leistung.

Regierungssprecher Steffen Seibert bilanzierte diese Arbeit anschließend mit Hilfe einiger Zahlen. Es sei die 161. Sitzung des Kabinetts in dieser Regierungskonstellation gewesen, die die Kanzlerin geleitet habe. In der vergangenen Legislaturperiode habe es 158 Sitzungen gegeben, nach der Bundestagswahl am 26. September nochmals 3. Insgesamt seien 1963 Kabinettsvorlagen behandelt worden, darunter 490 Gesetzentwürfe und 251 Verordnungen. Die Durchschnittsdauer einer Kabinettssitzung habe in der 19. Legislaturperiode bei 42 Minuten gelegen - die längste war 1:50 Stunden lang, die kürzeste nur 9 Minuten.

Der Bundestag habe 546 Gesetze verabschiedet, von der Bundesregierung habe es 488 Gesetzesinitiativen gegeben, sagte Seibert. Damit seien 89,4 Prozent der verabschiedeten Gesetze von der Bundesregierung gekommen. Der Bundesrat habe 98,5 Prozent der vom Bundestag beschlossenen Gesetze im zweiten Durchgang passieren lassen. Inklusive der Einigung nach einem Vermittlungsausschuss komme man auf eine Verabschiedungsrate von 99,8 Prozent.

"Etagen-Hartriegel Carpe Diem" heißt das robuste Bäumchen

Scholz nahm während der Sitzung auch Bezug auf die Präsentation des Koalitionsvertrags von SPD, Grünen und FDP, die für den Nachmittag vorgesehen war. Es könne so wirken, als ob man es sich genauso ausgemalt habe - erst die letzte Kabinettsitzung der scheidenden Regierung, dann die Vorstellung der neuen. Aber, räumte Scholz ein, das sei so nicht geplant gewesen - was Teilnehmer der Kabinettssitzung als Hinweis nahmen, die Verhandlungen der Ampel-Parteien hätten länger gedauert als anfangs gedacht.

Von Scholz erhielt Merkel einen Blumenstrauß, vom Kabinett insgesamt ein kleines Laubbäumchen namens "Etagen-Hartriegel Carpe Diem" (Nutze den Tag). Es wird als "bonsai-artiges, sehr edles Zwerggehölz für Gefäße" beschrieben, trage "überreiche, weiße Perlenblüten", habe eine "tiefrote Herbstfärbung mit blauen Beeren" und sei "robust, langlebig und reichblühend".

Die geschäftsführende Kanzlerin bedankte sich und erinnerte ebenfalls an den November 2005. Angesichts der großen Verantwortung habe sie damals "wackelige Beine" bekommen. Vizekanzler Franz Müntefering habe sie aber auf seine bekannt knappe Art aufgemuntert und gesagt: "Wird schon."

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