Bundesrat:Wohngelderhöhung gekippt, EU-Reformvertrag verabschiedet

Der Bundesrat hat die geplante Wohngelderhöhung vorerst gestoppt. Die Länderkammer billigte dagegen die Lockerung der Vorschriften für Stammzellenforschung, ein schärferes Vorgehen gegen Produktpiraterie sowie den EU-Reformvertrag.

Der Bundesrat hat die geplante Wohngelderhöhung vorerst gestoppt. Die Länder stimmten am Freitag dem Gesetzentwurf nicht zu, sondern überwiesen ihn zur Überarbeitung in den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag. Ihre Kritik richtete sich aber nicht gegen die Wohngelderhöhung selbst, sondern gegen die im Gesetz enthaltene Regelung zur Beteiligung des Bundes an den Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.

Bundesrat: EU-Reformvertrag, Wohngeld, Stammzellen: Drei der Themen auf der Agenda des Bundesrats

EU-Reformvertrag, Wohngeld, Stammzellen: Drei der Themen auf der Agenda des Bundesrats

(Foto: Foto: ddp)

Im Entwurf vorgesehen ist, dass sich der Bund mit einem jährlichen Festbetrag von 409 Millionen Euro an den Kosten für Unterkunft und Heizung beteiligt, die den Kommunen bei der Grundsicherung entstehen. Die Länder fordern, den Festbetrag durch eine prozentuale Beteiligung des Bundes an den Grundsicherungskosten in Höhe von 20 Prozent der Nettoausgaben zu ersetzen.

Die bedeute für das kommende Jahr einen Betrag von 627 Millionen Euro. Dies trage den in den vergangenen Jahren überproportional gestiegenen Kosten und Fallzahlen Rechnung und führe zu einer angemessenen Kostenteilung zwischen Bund und Ländern. Bei rascher Einigung darüber im Vermittlungsausschuss kann die Wohngelderhöhung wie geplant zum 1. Januar 2009 in Kraft treten.

Der EU-Reformvertrag hat seine letzte parlamentarische Hürde genommen. Nach dem Bundestag stimmte am Freitag auch der Bundesrat der umfangreichsten Reform in der Geschichte der Europäischen Union mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit zu. Von den 16 Ländern billigten 15 den Vertrag.

Nur Berlin enthielt sich der Stimme, weil sich SPD und Linke nicht auf ein Votum einigen konnten. Während die Sozialdemokraten der Reform zustimmen wollten, lehnte die Linke sie als sozial unausgewogen ab. Mit der Reform soll die auf 27 Mitgliedstaaten angewachsene EU nach innen und außen handlungsfähiger werden.

Damit sie am 1. Januar 2009 in Kraft treten kann, muss sie noch von rund der Hälfte der Mitgliedstaaten anerkannt werden. Deutschland ist das 14. Land, das den Vertrag von Lissabon ratifiziert. Nach Zustimmung des Bundesrats muss er noch von Bundespräsident Horst Köhler unterzeichnet werden.

Die Vorschriften für die ethisch umstrittene Forschung an embryonalen Stammzellen werden gelockert. Nach dem Bundestag befürwortete am Freitag auch der Bundesrat, den Stichtag zum Import solcher Zellen vom 1. Januar 2002 auf den 1. Mai 2007 zu verschieben. Damit haben deutsche Forscher nun Zugriff auf deutlich mehr und neuere Zelllinien. Bayern scheiterte mit seinem Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses, um die Lockerung doch noch zu verhindern.

Der Bundesrat hat außerdem ein schärferes Vorgehen gegen Produktpiraterie beschlossen. Zugleich wird horrenden Abmahngebühren bei Bagatelldelikten ein Riegel vorgeschoben. Dies sieht das am Freitag endgültig verabschiedete Gesetz zur Stärkung des geistigen Eigentum vor. Danach kann ein Urheber, der seine Rechte verletzt sieht, künftig unter bestimmten Voraussetzungen auch von Dritten Auskünfte verlangen. Dies können Internetprovider sein, über deren Dienste mit Plagiaten gehandelt wird, oder auch Spediteure, die in gutem Glauben gefälschte Markenware transportieren.

Bei einfachen, nichtkommerziellen Verstößen gegen Urheberrechte werden die Abmahngebühren auf 100 Euro begrenzt. Damit soll dem Unwesen mit Abmahnungen bei kleinen Delikten begegnet werden. Künftig können beispielsweise Jugendliche, die auf ihrer privaten Homepage ohne Genehmigung das Foto ihres Lieblingstars oder einen Stadtplan mit ihrer Adresse einstellen, nicht mehr mit einer Anwaltsrechnung von 1000 Euro und mehr überzogen werden.

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