Antrag im Bundesrat„Ein zweites Leben für Matratzen“

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Bisher enthalten viele Matratzenschäume bestimmte Flammschutzmittel, die hochwertige Recyclingverfahren unmöglich machen.
Bisher enthalten viele Matratzenschäume bestimmte Flammschutzmittel, die hochwertige Recyclingverfahren unmöglich machen. (Foto: Wolfgang Kumm/dpa)

In Deutschland kommen jedes Jahr mehr als acht Millionen Matratzen auf den Müll, fast alle werden verbrannt. Der Bundesrat will jetzt mehr Recycling ermöglichen.

Von Robert Roßmann, Berlin

An diesem Freitag kommt der Bundesrat zu seiner einzigen Sitzung im Juni zusammen. Und natürlich steht dabei zunächst einmal der sogenannte Investitionsbooster für die deutsche Wirtschaft im Mittelpunkt. Die Länder wollen den Booster, ein Herzensprojekt der Regierung Merz, nur dann billigen, wenn der Bund ihnen bei der Finanzierung weit entgegenkommt. Es geht um gewaltige Summen. Stand Donnerstagnachmittag haben bereits sechs Ministerpräsidenten kundgetan, dazu im Bundesrat reden zu wollen. Doch auf der Tagesordnung findet sich noch ein anderer Punkt, der aufhorchen lässt. „Ein zweites Leben für Matratzen“ steht über dem Antrag. Ein zweites Leben für Matratzen?

Das Thema klingt schräg. Wenn man im Bundesrat nachfragt, erntet man auch erst mal ein Lachen. Aber es wird in der Länderkammer ernsthaft behandelt. Man kann sich neue Matratzen problemlos nach Hause liefern lassen – aber wie wird man alte umweltgerecht wieder los? Dieses Problem hat die hessische Landesregierung umgetrieben, die den Antrag im Mai in den Bundesrat eingebracht hat.

Matratzen sollen getrennt gesammelt werden

„Wir haben, hoffe ich, heute alle schon Kontakt mit einer Matratze gehabt“, hatte Landesumweltminister Ingmar Jung (CDU) damals gesagt. Das Thema betreffe also jeden. Jung hatte darauf verwiesen, dass jedes Jahr zehn Prozent der Deutschen ihre Matratze austauschen. Es würden jährlich also mehr als acht Millionen Matratzen entsorgt – dadurch entstünden 300 000 Tonnen Abfall. Der größte Teil davon müsse verbrannt werden, wertvolle Rohstoffe gingen dadurch verloren. Außerdem entstehe Kohlendioxid.

Die hessische Landesregierung will das nicht länger hinnehmen. In ihrem Antrag fordert sie die Bundesregierung auf, „einen rechtlichen Rahmen für eine echte Kreislaufwirtschaft bei Matratzen zu schaffen“. Konkret haben die Hessen dabei vor allem zwei Anliegen. Bisher enthalten viele Matratzenschäume bestimmte Flammschutzmittel, die hochwertige Recyclingverfahren unmöglich machen – deshalb die Verbrennung. Die Hessen fordern nun den Umstieg auf umweltfreundlichere Flammschutzmittel, mit denen eine Wiederverwertung möglich ist. Sie verweisen dabei auf „neue innovative Verfahren“ wie die chemische Wiederverwertung, bei der „Schaumstoffmatratzen so recycelt werden, dass daraus neue Rohstoffe für Schäume entstehen, die wiederum etwa für die Herstellung neuer Matratzen eingesetzt werden könnten“.

Außerdem will die hessische Landesregierung die Logistik ändern. Bisher landen alte Matratzen üblicherweise auf dem Sperrmüll. Dort werden sie oft dermaßen dreckig und feucht, dass sie schon deshalb nicht wiederverwertet werden können. Künftig soll es eine „erweiterte Herstellerverantwortung“ sowie einen „digitalen Produktpass“ für Matratzen geben. Die Hessen verweisen dabei auf Frankreich, Belgien und die Niederlande. In diesen Staaten gebe es bereits klare Regeln für eine getrennte Sammlung alter Matratzen.

Inzwischen habe sich alle zuständigen Bundesratsausschüsse mit dem hessischen Antrag befasst. Seine Annahme in der Sitzung an diesem Freitag gilt als sicher. Dann liegt es an der Bundesregierung, ob das deutsche Matratzenwesen tatsächlich neu geordnet wird.

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