Bundesrat:Die neuen Ministerpräsidenten sind 89 Jahre jünger

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Der Bundesrat im Preußischen Herrenhaus in Berlin (Foto: dpa)

In sieben Bundesländern kamen im letzten Dreivierteljahr neue Landeschefs ins Amt. Doch der Generationswechsel im Bundesrat wird sich wohl erst mal nicht fortsetzen.

Von Robert Roßmann, Berlin

Der Bundesrat gilt nicht gerade als Ort schneller Veränderungen. Die Länderkammer residiert im ehemaligen Preußischen Herrenhaus, und dort geht es gemächlicher zu als im Bundestag. Zu klatschen ist im Bundesrat verpönt, Zwischenrufe gibt es erst recht nicht. Auf dem Räuchereichenparkett des Plenarsaals gehen die Mitglieder der Länderkammer distinguiert miteinander um. Doch jetzt zeigt sich ausgerechnet im Bundesrat am augenfälligsten, wie rasant sich der Politikbetrieb in Deutschland gerade verjüngt. Allein in den vergangenen neun Monaten sind in sieben Bundesländern neue Regierungschefs ins Amt gekommen.

Einen derart gewaltigen Umbruch hat es in der Nachkriegsgeschichte vermutlich noch nie gegeben. Im Bund residiert Angela Merkel zwar schon das 13. Jahr im Kanzleramt, aber auf Landesebene haben allein im vergangenen Dreivierteljahr mehr als 40 Millionen Bürger einen neuen Regierungschef bekommen. Der vorerst letzte in diesem Reigen ist der neue Erste Bürgermeister Hamburgs, Peter Tschentscher (SPD). Er wurde vor wenigen Tagen zum Nachfolger von Olaf Scholz gewählt.

Zuvor hatte es zwei Jahre lang keinen einzigen neuen Ministerpräsidenten gegeben

Mit den Wechseln in den Länder-Staatskanzleien ist auch eine erhebliche Verjüngung verbunden. Die sieben neuen Regierungschefs sind insgesamt 89 Jahre jünger als die bisherigen Amtsinhaber. Es gibt nur einen Ausreißer: Der neue nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) ist älter als seine Vorgängerin Hannelore Kraft (SPD) - allerdings nur knapp vier Monate.

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(Foto: imago)

Tobias Hans (40, CDU) löste Annegret Kramp-Karrenbauer im Saarland ab und ist nun der jüngste Regierungschef in den Bundesländern.

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(Foto: Gregor Fischer/dpa)

Daniel Günther (44, CDU) gewann in Schleswig-Holstein die Wahl gegen SPD-Mann Torsten Albig.

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Manuela Schwesig (43, SPD) sprang in Mecklenburg-Vorpommern für ihren erkrankten Genossen Erwin Sellering ein.

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Michael Kretschmer (42, CDU) folgte in Sachsen auf den nach der Bundestagswahl zurückgetretenen Stanislaw Tillich.

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Armin Laschet (57, CDU) löste Mitte 2017 die amtierende Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalens, Hannelore Kraft, ab.

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(Foto: Axel Heimken/dpa)

Peter Tschentscher (52, SPD) übernahm den Posten als Erster Bürgermeister Hamburgs von Olaf Scholz, der ins Bundeskabinett wechselte.

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(Foto: Lino Mirgeler/dpa)

Markus Söder (51, CSU) drängte in Bayern Horst Seehofer aus dem Amt.

Laschet war der erste der sieben neuen Regierungschefs, er wurde am 27. Juni 2017 gewählt. Bereits einen Tag später kam in Schleswig-Holstein Daniel Günther (CDU) ins Amt. Dann ging es Schlag auf Schlag weiter. Am 4. Juli wurde Manuela Schwesig (SPD) neue Ministerpräsidentin in Mecklenburg-Vorpommern, am 13. Dezember folgte Michael Kretschmer (CDU) in Sachsen. Und im März 2018 wurden Tobias Hans (CDU), Markus Söder (CSU) und eben Peter Tschentscher zu Regierungschefs im Saarland, in Bayern und in Hamburg gewählt.

Um zu ermessen, wie ungewöhnlich der Umbruch ist, genügt ein Blick auf die zwei Jahre vor Laschets Wahl. In ihnen gab es keinen einzigen Wechsel in einer Staatskanzlei. Die letzte Rochade hatte im Juli 2015 im kleinen Bremen stattgefunden.

Die Wechsel hatten unterschiedliche Ursachen

Die Gründe für die vielen Wechsel im vergangenen Dreivierteljahr waren vielfältig. Den beiden Christdemokraten Laschet und Günther war es gelungen, bei Landtagswahlen Sozialdemokraten aus dem Amt zu heben. Schwesig sprang für ihren erkrankten Genossen Erwin Sellering ein. Kretschmer ersetzte - ebenfalls in der laufenden Legislaturperiode - seinen zurückgetretenen Parteifreund Stanislaw Tillich. Der hatte die Konsequenz aus dem schlechten Abschneiden der CDU bei der Bundestagswahl gezogen, die AfD war in Sachsen stärkste Partei geworden.

Auch die drei Wechsel im März hatten unterschiedliche Ursachen. Hans ersetzte im Saarland Annegret Kramp-Karrenbauer, die als CDU-Generalsekretärin nach Berlin gewechselt ist. Söder hatte den Machtkampf gegen Horst Seehofer gewonnen, der CSU-Chef amtiert jetzt nicht mehr in der bayerischen Staatskanzlei, sondern im Bundesinnenministerium. Und Tschentscher rückte für Scholz nach, der nun als Finanzminister zusammen mit Seehofer in Merkels neuem Kabinett sitzt.

Tobias Hans (40), Michael Kretschmer (42), Manuela Schwesig (43) und Daniel Günther (44) sind jetzt nicht nur dienstjunge, sondern auch junge Ministerpräsidenten - vor allem, wenn man bedenkt, dass das Durchschnittsalter der Mitglieder ihrer Parteien bei 60 Jahren liegt. Vor diesem Hintergrund können sich auch Söder (51) und Tschentscher (52) noch jung fühlen. Senior unter den deutschen Ministerpräsidenten ist übrigens der Grüne Winfried Kretschmann - der Baden-Württemberger wird im Mai 70 Jahre alt.

Und wie geht es jetzt weiter? Im Oktober wird in Bayern und in Hessen gewählt. Falls die jüngsten Umfragen zu Wahlergebnissen werden, können Söder und sein hessischer Kollege Volker Bouffier (CDU) in ihren Ämtern bleiben. Den nächsten Wechsel in einer Staatskanzlei würde es dann frühestens im kommenden Jahr geben - da wird in Bremen, Sachsen, Thüringen und Brandenburg gewählt. Und so scheint die Zeit der schnellen Ministerpräsidenten-Wechsel - zumindest vorerst - schon wieder vorbei zu sein.

© SZ vom 03.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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