Bundespräsidentenwahl 2017:Steinmeier reagiert "gefasst" auf Nominierung - Schäuble spricht von "Niederlage"

  • Die Unionsparteien tragen Frank-Walter Steinmeier (SPD) als Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten mit.
  • Der derzeitige Außenminister war von SPD-Parteichef Sigmar Gabriel vorgeschlagen worden.
  • Die Bundesversammlung wählt am 12. Februar 2017 den Nachfolger von Joachim Gauck.

Sigmar Gabriel beharrt auf Frank-Walter Steinmeier, das war die einzige halbwegs harte Nachricht nach dem Spitzentreffen des SPD-Chefs mit Angela Merkel und Horst Seehofer am Sonntag. Die Vorsitzenden von CDU und CSU, da wurde es schon schwammig, schlössen eine Zustimmung nicht aus. Sie behielten sich aber vor, doch noch einen eigenen Kandidaten zu nominieren. Die quälende monatelange Suche nach einem Nachfolger des scheidenden Bundespräsidenten Joachim Gauck, so schien es, zieht sich weiter hin.

Am Montag dann ging es ganz schnell. Um halb neun Uhr morgens telefonierten Merkel und Seehofer mit den Spitzen ihrer Parteien, keine Dreiviertelstunde später stand fest: Auch die Unionsparteien, die in der Bundesversammlung die größte Gruppe stellen, tragen Steinmeier mit, den Kandidaten des SPD-Chefs. Gabriel hatte den beliebten Außenminister Ende Oktober im Alleingang zum Kandidaten erklärt. Den Unionsparteien ist es seitdem nicht gelungen, einen geeigneten eigenen Kandidaten dagegenzuhalten.

Finanzminister Wolfgang Schäuble sprach nach SZ-Informationen intern dann auch von einer "Niederlage" der Union, auch wenn er nichts gegen den Kandidaten Steinmeier hat. Merkel soll die Unterstützung Steinmeiers als "Entscheidung aus Vernunft" bezeichnet haben.

Von Steinmeier selbst war zunächst nur ein Wort zu hören. Er sei "gefasst", sagte er am Montag, nachdem er die Journalisten auf dem Außenminister-Treffen in Brüssel zuvor gemieden hatte. Seinen Aufenthalt in Brüssel brach er kurzfristig ab, um nach Berlin zu fliegen. Am Dienstag geht es schon weiter nach Ankara.

Gabriel: "Ich habe gar nichts geschafft. Die Person Frank-Walter Steinmeier hat überzeugt"

Statt Steinmeier sprach SPD-Chef Gabriel. In Berlin lobte er das hohe Ansehen, das Steinmeier bei den Bürgern in Deutschland genieße. In einer "Zeit der Brüche, Umbrüche und der Unsicherheit" sei Vertrauen in den höchsten Repräsentanten des Staates "unabdingbar". Es sei gut, dass sich die Parteien der Regierungskoalition auf Steinmeier verständigt hätten. Gefragt, wie er es geschafft habe, die Union vom Kandidaten Steinmeier zu überzeugen, antwortete Gabriel: "Ich habe gar nichts geschafft. Die Person Frank-Walter Steinmeier hat überzeugt." Am Mittwoch wollen die Koalitionsparteien gemeinsam mit dem Kandidaten vor die Öffentlichkeit treten. Bundeskanzlerin Merkel will sich am Nachmittag äußern.

Offen ließ Gabriel die Frage, die sich mit der Nominierung Steinmeiers ergibt: Wer wird Außenminister, wenn Steinmeier im März ins Schloss Bellevue einzieht? Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments, den viele jetzt als Favoriten ansehen? Oder Gabriel selbst? Die Frage, behauptete Gabriel, stelle sich derzeit nicht. Steinmeier ist zum zweiten Mal Außenminister, nach einer ersten Amtszeit von 2005 bis 2009. 2009 war er Kanzlerkandidat der SPD, verlor die Wahl mit 23 Prozent jedoch klar.

Die Linke will einen eigenen Kandidaten aufstellen

Die Spitzengremien der Grünen beraten derzeit darüber, ob sie Steinmeier zum neuen Bundespräsidenten wählen wollen. Der SPD-Politiker sei eine respektable Persönlichkeit, sagte Grünen-Chefin Simone Peter der Nachrichtenagentur Reuters. Er sei aber nicht der von den Grünen gewünschte parteiübergreifende Kandidat. Sie sei jedoch froh, dass die große Koalition offenbar endlich eine Entscheidung getroffen habe.

Der Fraktionschef der Partei Die Linke im Bundestag, Dietmar Bartsch, hatte kurz zuvor die Ankündigung von Parteichefin Katja Kipping bestärkt, dass seine Partei im Falle einer Kandidatur Steinmeiers einen eigenen Kandidaten aufstellen werde.

Die Bundesversammlung wählt am 12. Februar 2017 einen Nachfolger für Joachim Gauck, der das Amt seit 2012 innehat. Der 76-Jährige will aus Altersgründen nicht wieder kandidieren. Gauck war gemeinsamer Kandidat von Union, FDP, SPD und Grünen und hatte im ersten Wahlgang eine überragende Mehrheit erhalten.

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