Bundespräsidentenwahl:Schwierige Suche nach dem "GroKoPräKa"

Bürgerfest des Bundespräsidenten Joachim Gauck

Gauck will nicht mehr als Bundespräsident antreten. Wer wird ihm nachfolgen?

(Foto: dpa)

Vier Monate haben die Parteien Zeit, nach dem Rücktritt von Bundespräsident Gauck einen Nachfolger zu finden. Ein Favorit hat bereits abgesagt. Wird es am Ende eine CSU-Politikerin?

Kommentar von Heribert Prantl

Ein Rundgang auf dem Oktoberfest ist nicht nur vergnüglich, sondern auch politisch lehrreich. Die Fahrgeschäfte dort sind nicht einfach nur Fahrgeschäfte. Sie geben auch einen guten Überblick über die Möglichkeiten des politischen Entscheidens, von gemütlich bis wahnsinnig. Da gibt es, in der Abteilung Wahnsinn, den Power Tower, einen 60 Meter hohen Fallturm, von dem man mit 14 Metern pro Sekunde in die Tiefe rast. Das war der Entscheidungsmodus, in dem nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima von der Kanzlerin die Energiewende verkündet wurde. Knall auf Fall. Ähnlich bei der Abschaffung der Wehrpflicht.

Der Entscheidungsmodus, in dem der neue Bundespräsident gesucht wird, bildet den größtmöglichen Kontrast dazu; es handelt sich um den Krinolinen-Modus. Die Krinoline, seit 92 Jahren auf dem Oktoberfest vertreten, ist ein sehr langsames Karussell, das sich mit leicht schaukelnden Bewegungen um die eigene Achse dreht; dazu spielt eine Blaskapelle. Das sieht langweilig aus, hat es aber, zumal nach viel Bierkonsum, in sich.

Bei der Bundespräsidentenkür, die es auch in sich hat, drehen sich die Dinge noch langsamer. Fast vier Monate nachdem der amtierende Bundespräsident Joachim Gauck erklärt hat, dass er für eine zweite Amtszeit nicht zur Verfügung stehe, gibt es keinen einzigen Namen, der sich aufdrängt, auch keinen, der heiß gehandelt wird. Nur zwei Dinge sind seit Kurzem geklärt: Andreas Voßkuhle, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, will nicht Staatsoberhaupt werden; SPD-Chef Gabriel hat ihn angerufen und erhielt ablehnende Antwort, die vor Jahren schon Angela Merkel erhalten hatte.

Will Merkel der SPD Gerda Hasselfeldt schmackhaft machen?

Aber das Procedere der Kür scheint festzustehen: Es soll einen "GroKoPräKa" geben, einen Kandidaten der großen Koalition; und am 6. Oktober treffen sich Merkel, Seehofer und Gabriel zu Sondierungsgesprächen. Es gibt also guten Willen, aber bisher noch keinen guten Kandidaten.

Die Namen, die bisher genannt wurden - sie gehören noch zur Phase "die Blaskapelle stimmt ihre Instrumente". Das klingt manchmal gut, manchmal schräg: Der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann wurde genannt; auch Volker Bouffier, der in Hessen eine schwarz-grüne Koalition führt. Als schwarz-grünes Signal galt so etwas bisher; das wäre anders, wenn auch die SPD für Kretschmann stimmte, dann könnte man das auch als rot-rot-grünes Locken verstehen. Aber das ist Unsinn, weil Kretschmann davon so weit weg ist wie der Schwabe vom Lotterleben.

Wahrscheinlicher ist da schon, dass Angela Merkel der SPD eine CSU-Kandidatin schmackhaft machen will: Gerda Hasselfeldt, CSU-Landesgruppenchefin, geschätzt als Vermittlerin zwischen Merkel und Seehofer. Sie wird auch von der SPD respektiert, gilt als handfest und integer, hat fast dreißig Jahre Bundestagserfahrung - und tritt für den nächsten Bundestag nicht mehr an. Mit diesem Namen beginnt die Musik auf der Krinoline; sie dreht sich. Hasselfeldt ist gebürtige Niederbayerin. Oktoberfesterfahrung hat sie natürlich.

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