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Bundespräsidentenwahl in Österreich:Rechtspopulist gewinnt erste Runde der Bundespräsidentenwahl in Österreich

Es ist ein Sensationssieg: Der FPÖ-Kandidat Hofer triumphiert. Sozialdemokraten und Konservative schaffen es nicht einmal in die Stichwahl..

Von Cathrin Kahlweit, Wien

Die Bundespräsidentenwahl in Österreich hat einen Sensationssieger hervorgebracht: FPÖ-Politiker Norbert Hofer. Der Rechtspopulist hat es laut vorläufigem Endergebnis mit 36,4 Prozent der Stimmen in die Stichwahl geschafft. Umfragen hatten den bisherigen dritten Nationalratspräsidenten nur etwa gleichauf mit dem als unabhängiger Kandidat antretenden Grünen Alexander van der Bellen gesehen.

Van der Bellen kam aber nur auf 20,4 Prozentpunkte und setzte sich damit lediglich knapp gegen die Juristin und ehemalige Höchstrichterin Irmgard Griss durch, die mit 18,5 Prozentpunkten auf dem dritten Platz landete. Auch das gute Ergebnis der parteiunabhängigen Kandidatin ist eine Überraschung bei dieser Direktwahl um das höchste Amt im Staat.

Da noch nicht alle Briefwahlstimmen ausgezählt waren, wird das definitive Endergebnis erst am Montag erwartet. Sicher ist aber, dass der grüne Politiker van der Bellen den Rechtspopulisten Hofer in der Stichwahl am 22. Mai herausfordern wird. In jedem Fall gelang dem Rechtspopulisten ein weit größerer Abstand zum Zweitplatzierten, als Anhänger und Experten für möglich gehalten hatten. Die Republik rückt damit deutlich nach rechts.

Die Kandidaten der Regierungsparteien, Rudolf Hundstorfer (SPÖ) und Andreas Khol (ÖVP), denen ohnehin ein schlechtes Abschneiden prognostiziert worden war, landeten tatsächlich abgeschlagen jeweils bei elf beziehungsweise 11,2 Punkten. In ihren Ergebnissen spiegelt sich die zunehmende Aversion gegen die etablierten Koalitionsparteien, die fast die ganze zweite Republik über in enger Umklammerung gemeinsam regierten. Über Rücktritte an den Parteispitzen und Neuwahlen wird nun spekuliert.

Die FPÖ, die auch bei Umfragen zur politischen Stimmung im Land zuletzt regelmäßig klar vorn lag, profitiert offenbar von der Ablehnung einer wachsenden Zahl von Österreichern gegenüber der europäischen beziehungsweise deutschen Flüchtlingspolitik. Die rigide Asylpolitik der ÖVP und der Kurswechsel der SPÖ, die sich im Winter hinter die Abschottungspolitik des Koalitionspartners stellte, trug wohl eher noch dazu bei, dass viele Wähler sich für den "Schmied" anstelle des "Schmiedls" entschieden, wie Politikwissenschaftler das auch prognostiziert hatten.

Norbert Hofer, ein 45 Jahre alter Ingenieur, hatte sich eigentlich zu jung für das Amt des Bundespräsidenten gefühlt, war aber von der Partei zur Kandidatur gedrängt worden. Eine taktisch kluge Entscheidung, wie sich jetzt erweist, denn Hofer gilt als sympathisch und tritt in der Öffentlichkeit meist nicht konfrontativ auf. Allerdings hatte er im Wahlkampf unter anderem gesagt, er hätte die aktuelle Bundesregierung wegen ihrer Flüchtlingspolitik entlassen. Als er bei einer TV-Diskussion darauf angesprochen wurde, welche Befugnisse eines Bundespräsidenten - der in Österreich laut Verfassung eine stärkere Stellung hat als etwa in Deutschland - er nutzen würde, sagte Hofer: "Sie werden sich wundern, was alles gehen wird."

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SZ vom 25.04.2016/pamu
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