Bundespräsidentenwahl:Der Wahlkampf, der keiner sein will

Ein Wahlkampf um das Amt des Präsidenten. Das gehört sich nicht. Um dennoch Sympathiepunkte in der Bevölkerung zu sammeln, muss die eigene Person eben subtiler angepriesen werden.

Hanna Ziegler und Dana Hoffmann

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Angela Merkel und Guido Westerwelle stellen am 3. Mai ihren Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten vor. Ihre Wahl ist auf den niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff gefallen. Mit der Nominierung von Joachim Gauck für das höchste Staatsamt durch SPD und Grüne bekommt er kurz darauf einen starken Konkurrenten.

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Nich nur in der Opposition ist der Rückhalt von Joachim Gauck groß. Auch auf Seiten von CDU und FDP genießt der DDR-Bürgerrechtler ein hohes Ansehen. Nicht zuletzt kann er auch bei den Bürgern punkten.  

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Gauck besucht die Grünen während ihrer Vorstandssitzung, um sich persönlich für die Nominierung zu bedanken. Eine Geste der Höflichkeit. Denn Gauck lege "größten Wert" darauf, dass er keinen Wahlkampf machen will, so SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles.

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Am 30. Juni wird die Bundesversammlung den künftigen Bundespräsidenten wählen. Um die Gunst der Abstimmenden zu gewinnen, bleibt den Kandidaten nur höfliche Zurückhaltung. Wahlkampf ist tabu. Das entspräche nicht der Würde des Amtes. Aber sich der Neutralität wegen gleich komplett zurückziehen?

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Nein. Aber so ganz nebenbei läuft die Wahl nicht. Auch Christian Wulff beteuert: "Einen Wahlkampf schließe ich aus." Vor einer Riege von Journalisten mit Mikros und Kameras werden zunächst öffentlichkeitswirksam Gratulationen entgegengenommen, wie hier einen Tag nach der Nominierung in Hannover.

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Und wer will schon ständig mit diesen unsäglichen Schnappschüssen abgebildet werden? Zu einem würdevollen Amt gehören schließlich auch repräsentative Porträts. So ist der Fototermin in den Herrenhäuser Gärten vier Tage nach der Nominierung wohl eher kein Zufall.

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Das gibt Sympathiepunkte: Hier posiert Wulff am 8. Juni mit Schülern am Rande der Präsentation eines neuen Schulprojekts. Solche Termine gehören zum Pflichtprogramm eines Ministerpräsidenten, kommen gerade aber vermutlich ganz gelegen.

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Solche Repräsentationspflichten hat Gauck nicht. Er muss da hinkommen, wo die Kameras stehen. Zum Beispiel zur SPD-Präsidiumssitzung am 7. Juni. Hier darf er zwischen den Spitzenpolitikern Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier Platz nehmen. Am Tag darauf nimmt er an den Fraktionssitzungen von SPD und Grünen teil.

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Von Konfrontationskurs ist auf beiden Seiten keine Spur. Gauck sagt, dass er keinen Wahlkampf mache und der sein werde, der er ist. Anstatt seinen Gegner zu diskreditieren, vertraut Wulff auf die rechnerische Stimmenmehrheit von CDU/CSU und FDP in der Bundesversammlung: "Ich bin zuversichtlich, eine breite Mehrheit zu erreichen."

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Ganz anders hält es die von der Linken nominierte Präsidentschaftskandidatin Luc Jochimsen. Sie ist faktisch chancenlos, wenn es um den Einzug ins Schloss Bellevue geht und schießt deshalb um so stärker gegen ihren 70-jährigen Kontrahenten: Gauck sei ein Aufklärer, "aber ein Bundespräsident muss auch Versöhner sein, und das ist er nicht".

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Geduldig und ausführlich werden die Fragen von Journalisten beantwortet. Dabei bloß nicht zu sehr mit der eigenen Meinung hervor preschen und geschickt um brenzlige Themen herumlavieren. Im 15-minütigen ARD-Interview "Farbe bekennen" hat das recht gut geklappt.

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Auch an Joachim Gauck ist das Medieninteresse hoch. Er musste sich zwei Tage nach Wulff den Fragen der ARD-Journalisten stellen.

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Beide Kandidaten touren durch die Landtage: Hier stellt sich Wulff den hessischen Wahlleuten vor. Eingerahmt wird er vom Landesvorsitzenden der CDU, Volker Bouffier (l.), und dem hessischen FDP-Landesvorsitzenden Uwe Hahn (r.). Joachim Gauck wurde unter anderem in Düsseldorf vorstellig: Am 18. Juni stellte er sich bei den Wahlleuten der Landtagsfraktionen vor.

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(Foto: ag.ddp)

Am 11. Juni erklärt Wulff in Hannover seinen Verzicht auf sein niedersächsisches Landtagsmandat. Er wolle damit Schaden vom Amt des Bundespräsidenten fernhalten. Ministerpräsident will er aber zunächst bleiben - aus Respekt vor den Wahlleuten.

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Mitte Juni beantwortet Christian Wulff in einem Video-Chat Fragen. Mitglieder von Plattformen wie Facebook und Studi VZ konnten in den vorangegangenen Tagen Fragen für den Präsidentschaftskandidaten der Regierungskoalition einschicken. Wulff flüchtet sich in Beschwörungen der interparteilichen Einheit. Ansonsten ist seine Internetpräsenz eher mäßig.

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(Foto: ag.ddp)

Auch Wulffs Gattin Bettina zeigt sich in der Öffentlichkeit:  Am 10. Juni gibt sie am Maschsee in Hannover den Startschuss für den Volkslauf "B2RUN". Ein paar Tage später sinniert sie in der "Bild" über ein Spielzimmer in Schloss Bellevue.

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Auf Stippvisite in Berlin: Joachim Gauck besucht den Senat der Hauptstadt. Weit hatte er es nicht: Er lebt an der Spree.

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(Foto: ag.ddp)

Den Wahlkampf übernehmen andere: Nur Joachim Gaucks Konterfei ist dabei, als am 17. Juni Sympathisanten des Kandidaten wie hier in München auf die Straße gehen. Mehr als 35.000 Anhänger hat Gauck zwar bei Facebook, zu den Demonstrationen in Berlin, München und anderswo kommen allerdings nur etwa je 50 Leute. Der Kandidat besucht an diesem Tag die Gedenkfeier für die Opfer des 17. Juni 1953 in Leipzig. Seine Reden sind stets geprägt von literarisch anmutenden Bandwurmsätzen und untermalt von pastoralen Gesten. Das Volk liebt sie.

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Unterstützung kommt auch von der Gegenseite: Bei einem Treffen mit dem Landesvorsitzenden der sächsischen FDP, Holger Zastrow, machte dieser noch einmal seine Unterstützung für den Gegenkandidaten deutlich. Gauck war auf Einladung der Grünen und SPD im Landtag. Die dortige FDP-Spitze hat ihren Wahlmännern und Wahlfrauen für die Präsidentenwahl am 30. Juni keine Empfehlung ausgesprochen, Zastrow hat sich öffentlich für Gauck ausgesprochen.

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(Foto: getty)

Auch Gaucks Lebensgefährtin Daniela Schadt zeigt sich nun häufiger vor den Kameras. Die Beziehung der beiden ist Thema in den Medien, seit Joachim Gauck öffentlich über eine Hochzeit mit der 20 Jahre jüngeren Journalistin sinnierte - zuvor muss er allerdings von seiner Ehefrau geschieden werden.

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"Der Schlüssel zur Bekämpfung von Armut sind bessere und mehr Bildungschancen", sagte Christian Wulff in der ZDF-Sendung "Was nun?" Passend dazu unterzeichnet er am Folgetag den "Zukunftsvertrag II". Er bringt den Hochschulen Planungssicherheit bis zum Jahr 2015 - und Wulff ein weiteres öffentlichkeitswirksames Bild.

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Eine Kulisse, wie sie ihm beliebt: Joachim Gauck spricht im Deutschen Theater in Berlin. Titel seines Vortrags: "Freiheit - Verantwortung - Gemeinsinn. Wir in unserem Staat".

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(Foto: ag.ddp)

Kurt Biedenkopf und Joachim Gauck sitzen Seite an Seite im Deutschen Theater in Berlin. Der ehemalige sächsischen Ministerpräsident hatte sich dafür ausgesprochen, den Wahlleuten freizustellen, für wen sie ihr Kreuz machen - unabhängig  von den Empfehlungen der Parteien.

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