Fiktive Bundespräsidentenrede:"Entschuldigen Sie den Zettel"

Christian Wulff ist kein Mann der großen Worte. Nach der misslungenen Kür hat es der neue Bundespräsident nun besonders schwer, wenn er heute seine erste Rede hält. Einige sueddeutsche.de-Leser haben ihm ein Manuskript geschrieben.

Dana Hoffmann

Ein Finanzmarkt in der Krise und ein unpopulärer Bundeswehreinsatz, ein beschädigtes Amt und eine zerstrittene Regierung - die Rahmenbedingungen für den neuen Bundespräsidenten könnten einfacher sein. Mit seiner ersten großen Rede soll Christian Wulff nun das Land wieder einen. Doch der Niedersachse gilt nicht als großer Redner. Einige Leser von sueddeutsche.de haben daher schon einmal an der Rede mitgeschrieben:

Wahl des Bundespräsidenten

Bei Wortfindungsschwierigkeiten helfen einige Leser von sueddeutsche.de: Sätze, die sie in der Rede des Bundespräsidenten lesen wollen, hat die Redaktion zu einem Manuskript zusammengebastelt. Bisher sind mehr als 1350 Vorschläge eingegangen.

(Foto: dpa)

Liebes Volk,

ich bin der letzte durch die Bundesversammlung gewählte Präsident dieses Landes. Mein Nachfolger wird durch Versteigerung des Präsidentenamtes auf Ebay ermittelt. So werden Parteienzank und -klüngelei vermieden und Geld in die Staatskasse gespült. Ich wollte ja gar nicht, aber Angie hat Druck gemacht, ich hatte keine Wahl.

Entschuldigen Sie den Zettel, aber ich konnte mir die Rede nicht merkeln. Ich war noch nie ein besonders guter Redner.

Ich möchte Politiker und Vertreter unseres Landes mit Leib und Seele sein. Ich möchte jeden daran teilhaben lassen. Ich werde nicht zusehen, wie unser Land in Resignation versinkt. Als Erstes werde ich dafür sorgen, dass Bildung wieder zugänglich wird und die Studiengebühren abschaffen. Ich will mich einsetzen für eine ökologisch-soziale Wende in Deutschland, für mehr Demokratie und das Verständnis dafür. Und für die nächste große deutsche Einheit, die allen Menschen, egal welcher Herkunft, Hautfarbe und Religion sie sind, ein liebenswertes Deutschland und Europa bietet. Wann, wenn nicht jetzt?

Als Präsident bin ich aber dem ganzen Volk verpflichtet, nicht nur denen, die mich gewählt haben, sondern auch denen, die mich nicht wählen konnten oder wollten. Ich bin nicht nur der Präsident der Manager und Wirtschaftsführer, der Politiker und Prominenten. Ich bin auch der Präsident der Kinder und der alten Leute, der Kranken und Behinderten, der Arbeitslosen und der Obdachlosen, der Einwanderer und der Asylanten. Ich bin der Präsident des gesamten Volkes. Ich bin ein Bürger unter Bürgern. Ich stehe für soziale Gerechtigkeit. Ich sehe mich als Wächter der Demokratie.

So viel Freiheit wie möglich, so viel Staat wie nötig: In einer globalisierten Welt braucht Deutschland den Mut zur Freiheit ebenso wie einen Sozialstaat, der die Bedürftigen unterstützt, ohne Eigeninitiative und Unternehmergeist zu lähmen. Unser Bild vom Menschen und von unserer Gesellschaft sollte sich wieder an etwas Besserem orientieren als an Geld und Gewinnen. Der Kapitalismus hat fertig.

Wer selber den nötigen Verzicht von anderen fordert, muss genauso bereit sein, auch selbst den Gürtel enger zu schnallen. Es geht darum, das Volk aus der Krise zu führen und nicht um parteipolitischen Firlefanz. Unsere Regierung muss wieder regieren! Erst mal trete ich morgen dem Kabinett in den Hintern!

Ich habe großen Respekt vor Joachim Gauck. Ich bin stolz in einem Land zu leben, in dem er fast Bundespräsident geworden wäre.

Ich danke für euer Vertrauen! Deutschland kann mehr! Aber ich hätte mir schon ein bisschen mehr Akzeptanz im zweiten Wahlgang gewünscht.

Ihr Bundespräsident Christian Wulff

In den letzten Tagen sind mehr als 1350 Vorschläge von sueddeutsche.de-Lesern für die Antrittsrede des neuen Bundespräsidenten eingegangen. In unserem Flüstertool können Sie alle Beiträge nachlesen und auch selbst mitmachen.

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