Süddeutsche Zeitung

Bundespräsident:Merkel gegen Direktwahl des Staatsoberhaupts

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Bundespräsident Horst Köhler hat eine Direktwahl des Staatsoberhaupts angeregt. Doch die Kanzlerin widerspricht vehement.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich entschieden gegen die von Bundespräsident Horst Köhler ins Gespräch gebrachte Direktwahl des Staatsoberhauptes gewandt. Dies würde die "gesamte Statik des Staatsaufbaus verändern", sagte Merkel. Auch die SPD erteilte einer direkten Wahl des Bundespräsidenten durch die Bürger eine klare Absage.

Eine Direktwahl des Bundespräsidenten würde "alles verschieben", hob Merkel mit Blick auf den Föderalismus in der Bundesrepublik hervor. Auch CSU-Chef Horst Seehofer sagte, das derzeitige Wahlverfahren durch die Bundesversammlung habe sich bewährt. "Ein Föderalist kann sich keine Änderung wünschen", fügte der bayerische Ministerpräsident hinzu. Die Bundesversammlung, die alle fünf Jahre den Bundespräsidenten neu wählt, setzt sich je zur Hälfte aus Ländervertretern sowie den Mitgliedern des Bundestags zusammmen.

Auch SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte, eine Direktwahl des Präsidenten würde das "Kräfteverhältnis in dieser Republik verschieben". Die SPD sei aber dafür, in inhaltlichen Fragen mehr Demokratie zu wagen. Dazu gehörten Volksentscheide auch auf Bundesebene.

Allerdings solle dies nur für einen begrenzten Bereich gelten, etwa nicht für außen- oder sicherheitspolitische Fragen. Auch die Grundrechte dürften nicht in ihrem Wesensgehalt angetastet werden.

Köhler hatte nach seiner Wiederwahl vom Samstag angeregt, den Bürgern mehr Mitwirkungsrechte einzuräumen. Er nannte dabei neben der Direktwahl des Bundespräsidenten auch die Möglichkeit, die Bevölkerung über Verfassungsänderungen abstimmen zu lassen.

Heil kritisierte das indirekte vorzeitige Bekanntwerden des Ergebnisses der Präsidenten-Wahl am Samstag. "Man sollte Wahlergebnisse nicht über Blechbläser oder Twitter verbreiten." Bei der Bundesversammlung hatten am Samstagmittag Musiker und Saaldiener mit Blumensträußen verfrüht das Plenum betreten, nämlich zehn Minuten bevor Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) das Wahlergebnis bekannt gab. Dieser Vorgang deutete die Wiederwahl Köhlers an.

"Kritik an Schwan"

Lammert hatte den Vorgang damit erklärt, dass wegen des knappen Wahlausgangs die Stimmen ein zweites Mal gezählt werden mussten. In Teilen des Parlaments habe sich das Resultat aber bereits unmittelbar nach der ersten Zählung herumgesprochen. Die SPD will den Vorgang im Ältestenrat des Bundestages zur Sprache bringen. Das Gremium tagt am Donnerstag.

Unterdessen gab es Kritik an der am Samstag gescheiterten SPD-Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan aus den eigenen Reihen. "Das Anbiedern bei den Linken hat Frau Schwan nichts gebracht und die Grünen verprellt", sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Gunter Weißgerber der Leipziger Volkszeitung.

Weißgerber nahm dabei auf Schwans Äußerung Bezug, die DDR sei kein Unrechtsstaat gewesen. Das Abschneiden der Kandidatin habe seinen Erwartungen entsprochen.

SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann machte die Grünen für die fehlenden Stimmen für Schwan verantwortlich. "Die SPD hat geschlossen abgestimmt", sagte er der H annoverschen Allgemeinen Zeitung. "Die Enthaltungen gehen offenkundig auf das Konto der Grünen. Vermutlich hat die Debatte über den Unrechtsstaat bei den Ost-Grünen geschadet."

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