Bundespräsident in Nahost:Steinmeier: Nächster Einigungsversuch muss gelingen

Mahmoud Abbas, Frank-Walter Steinmeier

Frank-Walter Steinmeier (links) mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Ramallah.

(Foto: AP)

In Ramallah legt Bundespräsident Steinmeier als erster hochrangiger deutscher Politiker am Grab Arafats einen Kranz nieder. Politisch zeigt er sich wenig zuversichtlich, aber dennoch hochzufrieden mit seiner Reise.

Von Constanze von Bullion, Ramallah

Es ist eine Reise über ruppiges Gelände, durch Checkpoints, halbfertige Ortschaften, vorbei an meterhohen Betonmauern und Wachtürmen fast wie in der DDR. Auf der anderen Seite des Sperrwerks aber, das Israel vom Westjordanland trennt, wird eine angehende palästinensische Krankenschwester sagen, dass sie hierbleiben will, trotz allem, "um die Dinge besser zu machen".

Auch wenn sie um vier Uhr früh im Westjordanland aufstehen muss, um zum Beispiel zum Krankenhaus nach Ost-Jerusalem zu fahren. Oder manchmal auch gar nicht durchkommt, weil ein Tunnel unter einer jüdischen Siedlung gesperrt oder ein Grenzposten schlecht gelaunt ist.

Durch all die hochgesicherten Kontrollstellen fährt am Dienstag auch Frank-Walter Steinmeier mit seiner Frau Elke Büdenbender. Es ist Tag drei der Nahostreise des Bundespräsidenten. Ramallah ist die letzte Station von Steinmeiers Antrittsbesuch in Israel und Palästina. Sie führt ihn in ein Mausoleum aus Glas.

Gleich beim Amtssitz von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und neben einem einladend himmelblauen Swimmingpool ist Jassir Arafat beigesetzt. Der Mann, der es vom PLO-Führer bis zum Friedensnobelpreisträger brachte, liegt in einer Art Sarkophag. Als erster hochrangiger deutscher Politiker zupft Steinmeier hier am Dienstag an der Schleife eines Kranzes und verneigt sich.

Jitzchak Rabin, Schimon Peres und Jassir Arafat - wenn man so will, dann ist Steinmeier bei seinem Antrittsbesuch in Israel und Palästina der Spur der großen Friedenssucher gefolgt, auch verspäteter Friedenssucher wie Arafat. Zwei Wochen vor dem Besuch des US-Präsidenten Im Nahen Osten lässt der Bundespräsident aber auch erkennen, dass seine Zuversicht, in absehbarer Zeit in der Region zu einer Friedenslösung zu kommen, schon mal größer war.

Steinmeier: Ein nächster Versuch muss gelingen

Trommelwirbel ist zu hören, dann spielt ein palästinensisches Blasorchester das Deutschlandlied in interessanter Intonierung und Steinmeier schreitet eine Ehrenformation ab. Er sei ja nicht zum ersten Mal hier, habe schon viele Einigungsversuche erlebt und viel Hoffnung wieder zuschanden gehen sehen, sagt der Bundespräsident später, nach einem Gespräch mit Palästinenserpräsident Abbas. Mit dem Status quo aber könne sich niemand abfinden.

"Die Dringlichkeit, die fortgeschrittene Zeit und die Veränderungen on the ground bringen es mit sich, dass ein nächster Versuch tatsächlich gelingen muss." Aus deutscher Sicht gebe es "keine andere verhandelbare Lösung" als die Zwei-Staaten-Lösung. Die Bundesrepublik unterstütze auch weiter den Aufbau eines eigenständigen Palästinenserstaates.

Wenig Hoffnung auf Zwei-Staaten-Lösung

Abbas bedankt sich bei "Freund Steinmeier" für die finanzielle Unterstützung aus Deutschland. Ansonsten, so lassen Gast und Gastgeber wissen, habe man vor allem über den bevorstehenden Besuch von US-Präsident Donald Trump in der Region gesprochen.

Abbas, der kürzlich in Washington war, meint bei Trump neue Unterstützung für die Sache der Palästinenser gefunden zu haben. Er will Trump in zwei Wochen in Bethlehem in Empfang nehmen. Ob der neue US-Präsident der Richtige ist, um die Verhärtung zwischen Israelis und Palästinensern aufzubrechen, wurde in Steinmeiers Umfeld eher zurückhaltend beurteilt.

Israelischer Siedlungsbau, innerpalästinensische Differenzen

Überhaupt wird auf dieser Reise deutlich, dass kaum noch jemand an eine Zwei-Staaten-Lösung zu glauben scheint, jedenfalls in näherer Zukunft. Nicht nur der Bundespräsident lässt das erkennen. Auch langgediente Friedensaktivisten und kritische Intellektuelle, die Steinmeier bei seiner Reise trifft, wirken wenig optimistisch.

Da sind nicht nur die jüdischen Siedlungen, die sich auf den Hügeln Palästinas ausbreiten wie weiße Streusel. Als Friedenshindernis gilt auch Palästinenserpräsident Abbas, ein Mann mit bröckelnder Autorität. Nach einer Umfrage der Konrad-Adenauer-Stiftung wünschen sich zwei Drittel der Palästinenser seinen Rücktritt, 80 Prozent halten ihn für korrupt.

Die letzten Wahlen fanden vor mehr als zehn Jahren statt. Und der Streit zwischen Abbas´ gemäßigter Fatah und der radikal-islamischen Hamas in Gaza machen es schwer, auf palästinensischer Seite Gesprächspartner zu finden, die beim eigenen Volk noch Respekt genießen.Die Hoffnung auf Wandel also hält sich in Grenzen beim Treffen der Präsidenten in Ramallah.

Als der Bundespräsident sich am Dienstagmittag auf den Heimweg macht, da wirkt er politisch also zwar wenig zuversichtlich, aber hochzufrieden mit sich und seiner Reise. Nach dem Eklat um Außenminister Gabriel in Israel, nach Ärger um die regierungskritische NGO Breaking the Silence und der Absage eines Treffens durch Ministerpräsident Benjamin Netanjahu haben die Dinge sich wieder etwas zurechtgerückt. So ähnlich jedenfalls sieht Steinmeier das.

Wen kümmert da schon, dass die nächsten Staatsgäste aus Deutschland wieder vor dem Dilemma stehe werden, ob sie Breaking the Silence treffen oder Netanjahu. Und wer hat schon bemerkt, dass der Bundespräsident auf seiner Reise den Wams des Staatsoberhaupts gleich wieder gegen den des Chefdiplomaten getauscht hat. Der Neue, er war im Nahen Osten ganz der Alte.

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