Süddeutsche Zeitung

Bundespräsident Gauck in Griechenland:Gekommen, um Mut zu machen

Bundespräsident Gauck kommt mit vielen guten Worten nach Griechenland. Er will dem krisengeplagten Volk Mut machen, und er will Verantwortung für Naziverbrechen anerkennen. Das reicht den Gastgebern aber nicht. Sie wollen finanzielle Entschädigung.

Von Constanze von Bullion

Es sollte kein ganz einfacher Besuch werden, das war dem Gast schon vor der Anreise klar. Ganz ohne kritische Worte, das wussten auch die Gastgeber, würde es nicht abgehen, wenn ein deutscher Präsident einen griechischen trifft.

Donnerstag in Athen, vor dem Palast des griechischen Präsidenten ist die Ehrengarde aufmarschiert. Lange Kerle in puschelbewehrten Schuhen und traditionellen Gewändern griechischer Freiheitskämpfer haben die Gewehre geschultert. Auf dem roten Teppich stapft Griechenlands Präsident Karolos Papoulias an ihnen vorbei, ein kleiner Herr mit entschlossenem Schritt. Ähnlich entschlossen - entschlossen freundlich - wirkt der Gast an seiner Seite. Bundespräsident Joachim Gauck ist für drei Tage nach Griechenland gereist, zum ersten Mal im Leben und in schwieriger Mission.

Mitten in der schwersten Krise der griechischen Nachkriegsgeschichte will Gauck dem überschuldeten Land Mut machen, den Reformprozess durchzuhalten. Die Emissäre der EU-Troika sind im Land, bald werden sie ihren Bericht vorlegen, ob Griechenlands Wirtschaft auf dem Weg der Besserung ist. Anzeichen gibt es, doch die Folgen des Sparkurses bleiben dramatisch.

Tausende wurden entlassen, wer mit einer Gehaltskürzung um ein Drittel davonkommt, betrachtet sich als Glückspilz. Mehr als die Hälfte der jungen Leute ist ohne Arbeit. Und während Gauck im Präsidentenpalast sitzt, werfen sich draußen 500 Gewerkschafts-Aktivisten gegen Polizeiketten. Es wird gerangelt, der Schlagstock saust nieder. Die Deutschen waren schon beliebter in Griechenland.

Widerspruch in der Frage deutscher Reparationen

Gauck und Papoulias hält das nicht ab, einander Verbundenheit zu versichern. Das wirkt etwas steif, aber irgendwie echt. Papoulias erzählt von den 2,5 Millionen deutschen Touristen im Land. Das könne ja kein Zeichen von Feindseligkeit sein. Gauck spricht von der "Solidarität" der Deutschen, später auch von der "Solidität" griechischer Finanzen - und wie das eine mit dem anderen zusammenhängt. Im Gespräch unter vier Augen kommen aber auch Dinge zur Sprache, bei denen so gar nichts vorangeht.

Papoulias, der im Krieg als Partisan gegen die NS-Invasoren gekämpft hat, will wissen, wo die Reparationen bleiben für die Verwüstungen der Wehrmacht. Gauck, der eben diese Verwüstungen zu einem Leitthema seines Besuches gemacht hat, würde vermutlich gern ein paar Milliarden auf den Tisch legen, mit schönen Grüßen von der Bundesregierung. Die aber hält alle Ansprüche für abgegolten. Und ein Bundespräsident hat da keine Einwände zu haben.

Als die Präsidenten ans Mikrofon treten, hört sich das so an: "Griechenland hat diese Forderungen nie aufgegeben, und es ist wichtig, dass diese Frage gelöst wird mit der Aufnahme von Verhandlungen. So schnell es geht", sagt Papoulias über die Reparationen. Gauck hat die sorgsam vorbereitete Antwort: "Sie wissen, dass ich nicht Teil der Regierung bin und dass ich mich dazu nur so äußern kann: Der Rechtsweg dazu ist abgeschlossen." Er werde da, schiebt er noch nach, "gewiss nicht" vom Kurs der Bundesregierung abweichen.

Am Abend dann wird Gauck im Akropolis-Museum eine Verbeugung vor den Reformbemühungen der Griechen machen, die den Menschen "enorme Opfer" abverlangten. "Viele spüren, dass die Maßnahmen hart sind, viele spüren aber auch, dass sie nötig sind." Nun komme es darauf an, nicht die Geduld zu verlieren. "Ich weiß, dass es nicht wenige Griechen gibt, die sich ungerecht von Europa und von Deutschland behandelt fühlen", sagt Gauck. Die Regeln, die aus der Krise führten, seien aber weder Willkür noch Diktat von außen. Vielmehr erinnerten sie alle Mitgliedsländer an ihre "Selbstverpflichtungen". Europa sei solidarisch - und verbesserbar.

"Es war ein schwerwiegender Fehler, ohne ausreichende Gemeinsamkeit bei der Finanzpolitik einen Währungsverbund zu gründen", sagt Gauck. Es gebe eine "unsinnige Tendenz" in Brüssel, Dinge zu regeln, die besser lokal oder national geregelt würden. Auch existierten "berechtigte Forderungen, dass in der EU legitimer, demokratischer und effizienter vorgegangen wird". Statt nun aber in "Freund-Feind-Denken" zu verfallen, müssten sich alle für ein starkes Gemeinwesen einsetzen.

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SZ vom 07.03.2014/resi
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