Bundespräsident:Aufregung über Steinmeier-Satz zu Gudrun Ensslin

Bundespräsident: Gudrun Ensslin neben Andreas Baader während der Urteilsverkündung im Kaufhausbrandprozess in Frankfurt im Oktober 1968.

Gudrun Ensslin neben Andreas Baader während der Urteilsverkündung im Kaufhausbrandprozess in Frankfurt im Oktober 1968.

(Foto: AP)

Der Bundespräsident nennt die RAF-Terroristin in einer Reihe "großer Frauen der Weltgeschichte". Das Präsidialamt entschuldigt sich.

Von Robert Roßmann, Berlin

Eigentlich sind derlei Glückwünsche Bundespräsidenten-Routine. Frank-Walter Steinmeier hat in den vergangenen Wochen Alexander Kluge, Gerhard Richter und Rita Süssmuth zum Geburtstag gratuliert. Kluge pries er als "großartigen Schriftsteller und Filmemacher", Richter als einen "der bedeutendsten Maler der Gegenwart" und Süssmuth als "Vordenkerin, Vorkämpferin und Vorbild, insbesondere auch für viele Frauen".

All das war richtig - und all das erregte nicht sonderlich viel Aufsehen. Routine eben. Das vierte Glückwunschreiben dieser Tage hat jetzt aber einen kleinen Proteststurm ausgelöst. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer kritisiert das Schreiben, sein ehemaliger Kollege Sebastian Steinecke nennt es "unglaublich". Und mehrere AfD-Bundestagsabgeordnete fordern sogar den Rücktritt Steinmeiers.

Was ist da passiert? Steinmeier hat der Regisseurin und Schauspielerin Margarethe von Trotta zum 80. Geburtstag gratuliert. In dem Schreiben heißt es: "Mit der Ihnen eigenen Handschrift ermöglichen Sie neue Sichtweisen, insbesondere auf große Frauen der Weltgeschichte, die sich den Brüchen und Zumutungen ihrer jeweiligen Zeit mit großer Intelligenz, persönlicher Stärke und einem ausgeprägten Willen zur Veränderung der gesellschaftlichen als auch der politischen Verhältnisse stellen. Sei es das Leben von Gudrun Ensslin, Rosa Luxemburg, Hildegard von Bingen oder Hannah Arendt - allen diesen Frauen und vielen anderen haben sie unvergessliche filmische Porträts gewidmet."

Steinmeier hat also auch die RAF-Terroristin Ensslin in einer Reihe "großer Frauen der Weltgeschichte" genannt. Der Kontext ist zwar offenkundig. In ihrem Film "Die bleierne Zeit" erzählt Trotta - inspiriert von den Biografien Gudrun Ensslins und deren Schwester Christiane - die fiktive Geschichte zweier Schwestern. Zweifelsohne ist es aber eine gewaltige redaktionelle Schludrigkeit des Präsidialamts, dass in der Aufzählung der großen Frauen auch die Mörderin Ensslin auftaucht.

"In dem Glückwunschschreiben ging es darum, das Werk von Margarethe von Trotta zu würdigen - und dafür wurde eine falsche Formulierung genommen", heißt es jetzt zähneknirschend aus dem Präsidialamt. Und Steinmeiers Sprecherin sagt der Süddeutschen Zeitung: "Die Erwähnung von Gudrun Ensslin ist ganz klar ein Fehler. Eine verurteilte Mörderin gehört nicht in diese Reihe. Wir bitten um Entschuldigung. Wir haben das Glückwunschschreiben an Margarethe von Trotta von unserer Internetseite genommen und korrigieren es."

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