Bundespolizei:Gegen den Korpsgeist

Eine interne Sonderbeschwerdestelle ist lang überfällig - und wichtiger als Imagepflege.

Von Thomas Hahn

Die Bundespolizei bekommt eine interne Sonderbeschwerdestelle, bei der Kollegen ihre Kollegen außerhalb des Dienstweges anzeigen können. Das hat Präsident Dieter Romann verkündet, nachdem der Verdacht, in der Dienststelle am Hauptbahnhof von Hannover seien Flüchtlinge misshandelt worden, bundesweite Empörung nach sich gezogen hat. Das ist ein kluger Entschluss. Polizisten brauchen eine Anlaufstelle, der sie sich anvertrauen können, wenn ein Kollege seine Position missbraucht.

Allerdings fragt man sich auch, warum es eine solche Stelle nicht schon längst gibt. Außerdem fragt man sich, warum Romann dem Verdacht, dem die Staatsanwaltschaft nachgeht, gleich mit dem nächsten Verdacht begegnet. Zwei Polizisten haben einen anderen angezeigt, weil der vor Monaten Flüchtlinge gequält haben soll. Man darf annehmen, dass sie das getan haben, weil sie ein Schweigen brechen wollten, das einen allgemeinen Missstand in der Bundespolizei deckt.

Romann aber spricht davon, dass die Anzeige auch ein Racheakt sein könnte. Damit lenkt er von einem Grundsatzproblem ab, das erfahrene Kriminologen benennen und das jetzt eine möglicherweise heilsame Aufmerksamkeit erfährt: Viele Fälle von Polizeigewalt gehen unter in einem falsch verstandenen Korpsgeist. Damit sollte sich die Polizei nachhaltig befassen, statt den Eindruck zu erwecken, als sorge sie sich vor allem um ihr Image.

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