Süddeutsche Zeitung

Bundespolitik:SPD offen für Koalition mit Linken

Die Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans streben ein "progressives Bündnis" jenseits der Union an.

Von Mike Szymanski, Berlin

Die SPD-Doppelspitze hat sich am Wochenende offen gezeigt für eine Koalition mit der Linkspartei auf Bundesebene. Saskia Esken, Co-Vorsitzende der Partei neben Norbert Walter-Borjans, erklärte im Kurznachrichtendienst Twitter, an der Spitze sei man sich einig, die SPD strebe für die nächste Legislatur "ein progressives Bündnis an, um - im tiefen Respekt für jeden Einzelnen - eine mutige und gerechte Politik für die Vielen zu gestalten". Sie bezog sich damit auf Äußerungen Walter-Borjans, der zuvor eine Koalition mit der Linkspartei nicht grundsätzlich ausschließen wollte.

Walter-Borjans sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Die SPD wolle die führende Kraft in einem Regierungsbündnis werden, das den gesellschaftlichen Zusammenhalt in den Mittelpunkt stellt. "Die große Koalition ist dafür keine Grundlage. Wenn wir eine Bündnisoption mit der Linken ausschlössen, hätten die Verteidiger des ,Weiter so' und damit der weitergehenden Spaltung der Gesellschaft schon gewonnen". Dies sähen auch Vizekanzler Olaf Scholz, Fraktionschef Rolf Mützenich und Saskia Esken so. "Klärungsbedarf gäbe es dann aber sicher noch genug. Wie mit den Grünen auch", wie Walter-Borjans weiter ausführte.

Zuvor hatte Linken-Chefin Katja Kipping erklärt: "Um die notwendigen sozialökologischen Veränderungen umsetzen, sind wir bereit, in eine Bundesregierung zu gehen. Dazu brauchen wir soziale Mehrheiten links der Union." Allerdings hätte ein mögliches Bündnis aus SPD, Grünen und Linke momentan laut Umfragen keine politische Mehrheit. Die SPD liegt zudem hinter den Grünen, und würde eine solches gar nicht anführen.

Für Esken stellt das weniger ein Problem dar. Es gehe nicht "um Eitelkeiten", sagte sie im ARD-Sommerinterview.

Esken und Walter-Borjans waren im Dezember maßgeblich mit Unterstützung der Parteilinken an die Spitze der Partei gewählt worden. Im Wettstreit um den Parteivorsitz hatten sie sich unzufrieden mit der großen Koalition gezeigt und immerhin einen vorzeitigen Ausstieg aus der großen Koalition in Aussicht gestellt. Darin sei kaum mehr glaubwürdige SPD-Politik zu machen, argumentierten sie. Nach ihrer Wahl war der Ausstieg allerdings schnell vom Tisch, auch weil sich die SPD-Bundestagsfraktion gegen solche Pläne zur Wehr gesetzt hatte. Mit Ausbruch der Corona-Pandemie waren Union und SPD wieder ein Stück weit enger zusammengerückt, um die Krise zu managen.

Nun sagt Esken, die SPD wolle "mehr". Auch vehemente Verteidiger der Regierungsarbeit wie Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz haben unlängst erklärt, dass es keine weitere Fortsetzung der großen Koalition mehr geben solle. Was jedoch ein mögliches Bündnis mit der Linkspartei auf Bundesebene angeht, fielen die Reaktionen bislang eher verhalten aus. Etwa in Fragen der Außenpolitik, besonders was die Auslandseinsätze der Bundeswehr angeht, die die Linke ablehnt, liegen die Parteien weit auseinander.

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SZ vom 10.08.2020
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