Bundespolitik„Mit Polemik werden wir nicht verteidigungsfähig“

CDU-Verteidigungspolitiker Röttgen verteidigt das gescheiterte Lotterie-Modell für den Wehrdienst – und greift die Grünen für ihre scharfe Kritik an der Idee an.

Alle Entwicklungen im Liveblog

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Wichtige Updates
SPD will im Kern an Heizungsgesetz festhalten - CDU-Politiker plädieren für Abschaffung
Röwekamp: Drei Punkte beim neuen Wehrdienst noch ungelöst 
Bauministerin will gegen Mietwucher vorgehen
Wagenknecht gibt Vorsitz des BSW ab
Reiche will mit Rohstoff-Fonds auch Projekte in Kanada und Australien fördern
Linus Freymark
Linus Freymark

Wagenknecht kritisiert Abweichler in Brandenburg

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht kritisiert die vier Abgeordneten in Brandenburg, die im Streit aus ihrer Partei ausgetreten sind. Die vier Personen hätten im Wissen um die Positionen der Partei kandidiert und den Menschen versprochen, diese Positionen zu vertreten, sagte Wagenknecht in der ARD-Sendung "Maischberger".

"Ich finde es wirklich problematisch, wenn einzelne Abgeordnete hier in einer wichtigen Position - und unsere Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist eine wichtige Position - meinen, das müssten sie einfach anders machen, weil sie es vielleicht besser wissen", sagte Wagenknecht. Doch betonte sie, man werde "mit ihnen im Gespräch bleiben, und ich hoffe, dass wir das auch lösen können".

Zuvor hatten vier BSW-Landtagsabgeordnete in Brandenburg ihren Austritt aus dem BSW erklärt und die Partei kritisiert. "Autoritäre Tendenzen prägen zunehmend mehr das innerparteiliche Klima, der Druck auf Abgeordnete wächst, während offene Diskussionen und die Einbindung unterschiedlicher Stimmen in den Hintergrund treten", schrieben sie. Die vier Abweichler wollen als parteilose Abgeordnete Teil der Fraktion bleiben. 

In den vergangenen Tagen war in der Koalition von SPD und BSW in Potsdam der Streit über zwei Medienstaatsverträge eskaliert. Anders als die SPD will eine Mehrzahl der BSW-Abgeordneten die Verträge nicht mittragen. Ob die Koalition von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) weiterhin bestehen bleibt, ist unklar.
Nadja Lissok
Nadja Lissok

SPD will im Kern an Heizungsgesetz festhalten - CDU-Politiker plädieren für Abschaffung

Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD steht: „Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen.“ Gemeint ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG) der Ampel-Koalition, das im Kern vorsieht, dass jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) und Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) arbeiten federführend an einer Reform. Offen ist, wann Pläne dazu vorgelegt werden. 

Die Koalitionspartner scheinen sich aber erneut nicht einig zu sein, wie ein mögliches neues Gesetz denn aussehen soll: Hubertz warnte in den Zeitungen der „Funke Mediengruppe“ vor Rückschritten beim Klimaschutz. Der Gebäudesektor hänge besonders hinterher. In seiner jetzigen Form sei das Gesetz aber nicht praktikabel. Auch SPD-Bundesumweltminister Carsten Schneider strebt eine Novelle an, im Grundsatz würde er das Gesetz aber gerne behalten. Klimafreundliche Heizungen wie Wärmepumpen sollen weiterhin gefördert werden.

Ganz anders sehen es viele Unionspolitiker. CSU-Chef Markus Söder sagte am Sonntag im ZDF, der Heizungstausch sei „überdimensioniert finanziert und subventioniert“. Der Druck müsse von den Bürgern genommen werden, jetzt anders zu heizen. Das Heizungsgesetz habe keine Zukunft. Bisher ist beim Umstieg auf eine klimafreundliche Heizung eine staatliche Förderung von maximal 70 Prozent möglich.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Steffen Bilger, mahnt am Dienstagmorgen im Deutschlandfunk, dass die Abschaffung des Heizungsgesetzes vereinbart sei und deshalb auch umgesetzt werden müsse. Das bisherige Gesetz fixiere sich zu stark auf eine Technologie. Um das Klima effektiv schützen zu können, müsse eine Modifikation des Gesetzes offener gestaltet werden, erklärt Bilger. 
Michelle Ostwald

Röwekamp: Drei Punkte beim neuen Wehrdienst noch ungelöst 

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Thomas Röwekamp, sieht vor einer Einigung der Koalition auf die Eckpfeiler des neuen Wehrdienstes noch mehrere ungelöste Fragen. Diese könnten aber noch vor dem am Donnerstag geplanten Koalitionsausschuss gelöst werden, wie er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin sagte.

Röwekamp machte deutlich, dass die Union nicht mehr auf einem Losverfahren zur Auswahl junger Männer für eine Musterung bestehe, aber darauf warte, wie das Verteidigungsministerium auswählen wolle. "Wir nehmen an, dass aus einer Gruppe von 240 000 bis 260 000 gemusterten jungen Männern 30 000 oder 40 000 den Dienst antreten sollen. Wenn es nicht genug Freiwillige gibt, muss es ein Auswahlverfahren geben", sagte er. "Wir haben ein Losverfahren – oder wir sagen Zufallsverfahren – vorgeschlagen. Andere sprechen sich für den Weg über Tauglichkeit oder Befähigung aus. Das Ministerium hat noch keinen konkreten Vorschlag für ein Auswahlverfahren vorgelegt."

Die Union poche zudem schon im Gesetz auf einen Aufwuchspfad für die aktive Truppe. "Denn ein verbindlicher Plan ist nötig, wenn man rechnerisch 10 000 Männer und Frauen mehr pro Jahr benötigt", sagte Röwekamp. Der Bedarf an Soldaten für die stehende Truppe sei dabei auch ein Parameter für die nötige Zahl der künftig Wehrdienstleistenden. "Die Annahme ist dabei, dass ein Drittel der Wehrdienstleistenden zu einer Weiterverpflichtung bereit ist", sagte er.

Er verwies auch auf die strittige Frage, welchen Status die Wehrdienstleistenden haben sollen und ob alle Wehrdienstleistenden gleich Soldaten auf Zeit sein sollen, wie Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) es will. Die Entscheidung sei komplex, aber lösbar, sagte Röwekamp. "Auch in der Truppe gibt es Stimmen für die weniger aufwendige Form des freiwillig Wehrdienstleistenden. Davon unabhängig zu regeln ist, dass es eine höhere Bezahlung und zusätzliche Schritte zur Steigerung der Attraktivität geben soll." Er plädierte dafür, die Auseinandersetzung mit konkreten Lösungswegen beizulegen. "Ich bin dafür, alle strittigen Punkte jetzt zu lösen. Sonst vertagt man sie", forderte Röwekamp.

Das Gesetz über einen neuen Wehrdienst war nach langem Streit in der Koalition Mitte Oktober zunächst in der vom Kabinett beschlossenen Fassung in den Bundestag eingebracht worden. Inhaltlich ist dieser Entwurf zwischen Union und SPD aber umstritten und wird sich im parlamentarischen Verfahren noch ändern.
Michelle Ostwald

Wadephul bietet Bolivien engere Partnerschaft an

Nach dem Regierungswechsel in Bolivien dringt Bundesaußenminister Johann Wadephul auf eine intensivere Partnerschaft des südamerikanischen Landes mit Deutschland und der EU. "Die Europäische Union wartet darauf, dass Bolivien zu einer Zusammenarbeit bereit ist", sagte der CDU-Politiker bei seinem Besuch in dem rohstoffreichen Land. Bolivien könne ein neues Kapitel aufschlagen, "weil ich Hoffnung habe und weil wir in Europa Hoffnung haben, dass hier ein Neuanfang gemacht wird mit Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Reformen und einem wirtschaftlichen Aufbruch".

Bolivien verfügt über die weltgrößten Reserven an Lithium, einem Schlüsselrohstoff für Batterien und Elektroautos. Die Bundesregierung will in diesem Zusammenhang enger mit dem südamerikanischen Land zusammenarbeiten und dadurch die Abhängigkeit von China reduzieren. Wadephul hatte sich dafür unter anderem mit Vertretern der neugewählten Regierung, darunter dem als moderaten Reformer geltenden Präsidenten Rodrigo Paz Pereira und dem Außenminister Fernando Hugo Aramayo, in Santa Cruz getroffen.
Michelle Ostwald

Bauministerin will gegen Mietwucher vorgehen

Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) will stärker gegen sogenannten Mietwucher vorgehen und Indexmieten und möblierte Wohnungen stärker regulieren. Den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte sie: "Natürlich braucht es mehr Angebot durch den Wohnungsbau, aber es braucht auch gerechte Spielregeln". Deshalb reiche auch die im Sommer beschlossene Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2029 nicht.

Von der Mietpreisbremse ausgenommen sind etwa möblierte Wohnungen. Hier kritisierte Hubertz, dass das ausgenutzt werde. "Wenn jemand eine olle Couch in die Ecke stellt und dann statt 8 Euro pro Quadratmeter 35 Euro pro Quadratmeter verlangt, und das kommt vor in den Metropolen, dann hat das nichts mehr mit angemessenen Zuschlägen zu tun", so die Ministerin.

Bei Indexmietverträgen können die Mieten jährlich nach dem Wert des Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes erhöht werden. Dafür gibt es bei dieser Variante keine Anpassung der Miete an die ortsübliche Vergleichsmiete. Darin sieht Hubertz ein Problem. "In der Energiepreiskrise hat man gesehen, wie problematisch es ist, wenn es in kurzer Zeit schnell zweistellige Mietpreissteigerungen gibt." Es gebe deshalb eine Expertenkommission zum Mietrecht, die sich mit diesen Fragen beschäftigen und Lösungen vorschlagen solle, erklärte die Bauministerin.
Nadja Lissok
Nadja Lissok

Pistorius beharrt auf allgemeiner Musterung junger Männer – und hofft auf Einigung noch diese Woche

Verteidigungsminister Boris Pistorius zeigt sich optimistisch, dass die Koalition im Streit um den neuen Wehrdienst in dieser Woche zu Ergebnissen kommt. Er selbst pocht bei der Einführung auf die flächendeckende Musterung aller jungen Männer eines Jahrgangs. Es gehe darum, „im Verteidigungsfall wirklich handlungsfähig sein zu können und wirklich zu wissen, wer ist denn überhaupt in der Lage, eingezogen zu werden“, sagte der SPD-Politiker beim Besuch des Heimatschutzregiments in Münster. Zudem solle es „Pflichtelemente“ geben, falls sich nicht genügend Freiwillige für die Bundeswehr fänden. Pistorius will, dass das Wehrdienstgesetz Anfang 2026 in Kraft tritt. 

Das Gesetz über einen neuen Wehrdienst war nach langem Streit in der Koalition Mitte Oktober zunächst in der vom Kabinett beschlossenen Fassung in den Bundestag eingebracht worden. Inhaltlich ist dieser Entwurf zwischen Union und SPD aber umstritten und wird sich im parlamentarischen Verfahren noch ändern. Auch der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Thomas Röwekamp (CDU), geht von einer Einigung in dieser Woche aus. Er sagte im ZDF-„Morgenmagazin“: „Wir haben schon viele Gemeinsamkeiten miteinander definiert. Jetzt geht’s noch um Detailfragen.“
Nadja Lissok
Nadja Lissok

Wagenknecht gibt Vorsitz des BSW ab

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht will den Bundesvorsitz ihrer Partei abgeben. Dies teilte die 56-Jährige in Berlin mit. Sie will sich aber nach eigenen Angaben weiter in führender Position für das BSW engagieren. So wolle sie eine Grundwertekommission in der Partei aufbauen und leiten, sagte Wagenknecht. Für den Fall, dass das BSW doch noch in den Bundestag einziehen sollte, wolle sie Fraktionschefin werden.

Die Parteispitze sollen künftig die bisherige Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali und der Europaabgeordnete Fabio De Masi bilden. Sie wolle den Kopf wieder frei haben für das, was dem BSW wirklich helfen könne, sagte Wagenknecht.

Wagenknecht ist nicht nur Gründerin, sondern auch das bekannteste Gesicht des BSW. Angekündigt ist aber bereits, dass sich die Partei auch vom Namen der Gründerin trennt. Zwar soll es bei dem Kürzel BSW bleiben, es soll aber nicht mehr für Bündnis Sahra Wagenknecht stehen. Der offizielle Vorschlag der Parteiführung für die Langform lautet „Bündnis Soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftliche Vernunft“. Der Landesverband Rheinland-Pfalz hält das für zu wenig griffig und will stattdessen: „Bürger schaffen Wandel – Vernunft und Gerechtigkeit“. Die Entscheidung liegt beim Parteitag in Magdeburg am 6. und 7. Dezember.
Michelle Ostwald

Reiche will mit Rohstoff-Fonds auch Projekte in Kanada und Australien fördern

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche will mit dem Rohstoff-Fonds der Regierung unter anderem Projekte in Deutschland, Kanada und Australien fördern. Damit soll die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von Rohstoffen aus China verringert werden.

Reiche sagte der Bild laut Vorab-Bericht, der Fonds solle sich noch in diesem Jahr zunächst mit 50 Millionen Euro und insgesamt mit bis zu 150 Millionen Euro an der Lithium-Gewinnung im Oberrheingraben beteiligen. Private Investoren stellten dafür zusätzlich 1,9 Milliarden Euro bereit. Ein weiteres Projekt sei die Kupfer-Gold-Förderung mit Kanada mit bis zu 150 Millionen Euro. Das Projekt habe ein Gesamtvolumen von mehr als 500 Millionen Euro. Zudem werde sich der Fonds an der Förderung von Seltenen Erden in Australien mit bis zu 100 Millionen Euro beteiligen. "Wir stellen uns der schwierigen Situation mit China und investieren selbst", sagte die CDU-Politikerin.

Das Wirtschaftsministerium hatte bereits zuvor erklärt, der Fonds solle dazu beitragen, die Rohstoffversorgung zu diversifizieren und so Versorgungssicherheit und Lieferketten stärken. Ziel sei, durch eine frühe Beteiligung des Bundes an konkreten Projekten das Rohstoffangebot zeitnah zu erhöhen und Unternehmen in Deutschland den Zugriff darauf zu ermöglichen. In der Summe solle die Beteiligung der Förderbank KfW im Zeitraum 2025 bis 2028 insgesamt etwa eine Milliarde Euro betragen.
Nadja Lissok
Nadja Lissok

Linnemann: Einigung bei Bürgergeld und Wehrdienst bis Donnerstag

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann will noch vor dem Koalitionsausschuss am Donnerstag eine Einigung bei den Themen Bürgergeld und Wehrdienst. In der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ zeigte er sich mit Blick auf das Bürgergeld zuversichtlich: „Da wird es eine Einigung vorher geben, bin ich mir ziemlich sicher.“ Die Gespräche mit dem Koalitionspartner SPD liefen sehr erfolgreich und man sei sich im Kern einig. „Wir wollen Menschen unterstützen, die es dringend brauchen“, sagte Linnemann. „Und auf der anderen Seite darf der Sozialstaat nicht ausgenutzt oder gar missbraucht werden.“

Eine in der SPD angestoßene Mitgliederbefragung zum Erhalt des bisherigen Bürgergeldes gefährde das Vorhaben nicht. Er verwies auf den Koalitionsvertrag. „Die SPD und wir, wir sind uns klar einig, dass dieses Bürgergeld abgeschafft gehört.“ Es brauche eine neue Grundsicherung. „Das Bürgergeld ist nicht gerecht, wir brauchen wieder ein gerechtes Sozialsystem in Deutschland.“ Die geplante Reform sieht mehr Pflichten für Hilfe-Empfänger und härtere Sanktionen bei Verstößen vor. 
Linus Freymark
Linus Freymark

Weber zu Syrien-Debatte: "Wenn der Krieg beendet wird, musst du zurück"

EVP-Chef Manfred Weber plädiert grundsätzlich für eine Rückkehr von Syrern in ihre Heimat. "Diejenigen, die fähig sind, nach Syrien zurückzugehen und das Land wieder aufzubauen, müssen Deutschland und Europa verlassen und zurückgehen nach Syrien", sagte Weber, der auch Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP) ist, der Bild am Sonntag.

Die Rechtslage für Flüchtlinge aus Syrien sei eindeutig: "Wir helfen in Not, aber wenn der Krieg beendet wird, musst du wieder zurück in dein Heimatland gehen." Weber sprach sich aber gegen übermäßigen Zeitdruck aus: "Wenn Abschiebungen im ersten Monat nicht direkt gelingen, weil wirklich Teile Syriens komplett zerstört sind, dann wird es vielleicht im nächsten Monat gelingen", sagte er. "Aber das Prinzip muss am Ende umgesetzt werden."

Weber hält zugleich Ausnahmen für Syrer, die in einem geregelten Arbeitsverhältnis stehen, für sinnvoll: "Es gibt in Deutschland viele Syrer, die hier einen wichtigen Beitrag leisten. Wollen wir die jetzt alle wieder nach Syrien zurückführen?", fragte er. Menschen mit Migrationshintergrund leisteten einen wesentlichen Beitrag für die Gesellschaft - etwa in Krankenhäusern.

Aussagen von Außenminister Johann Wadephul (CDU), der auf die Zerstörungen in Syrien hinwies, hatten eine Kontroverse in der Union ausgelöst. Beim Besuch einer schwer verwüsteten Vorstadt von Damaskus zweifelte der Außenminister an, dass angesichts der massiven Zerstörung kurzfristig eine große Zahl syrischer Flüchtlinge freiwillig dorthin zurückkehren werde. "Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben", sagte er.

Einige in seiner Partei verstanden das als Distanzierung vom Kurs der Union, dass syrische Straftäter so schnell wie möglich abgeschoben und eine freiwillige Rückkehr syrischer Flüchtlinge in ihr Heimatland gefördert werden soll. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) stellte dann aber klar: "Der Bürgerkrieg in Syrien ist beendet. Es gibt jetzt keinerlei Gründe mehr für Asyl in Deutschland, und deswegen können wir auch mit Rückführungen beginnen."
Dimitri Taube

CSU wirft AfD wegen Russlandreise Landesverrat vor – AfD weist Kritik zurück

Die geplante Russlandreise mehrerer AfD-Politiker stößt auf scharfe Kritik. CSU-Generalsekretär Martin Huber wirft der Partei Landesverrat vor. „AfD-Abgeordnete fahren nach Russland, um mit dem Kreml über die Durchsetzung russischer Interessen zu sprechen. Das ist Landesverrat“, sagte er dem Handelsblatt. Die AfD sei längst das „Sprachrohr Moskaus“, so Huber.
Wer sich von Putins Schergen seine Politik diktieren lässt, ist kein Patriot, sondern eine Marionette und Risiko für unser Land.
CSU-Generalsekretär Martin Huber
Auch CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter reagierte empört. Russland sei ein „Terrorstaat“; die AfD-Politiker machten sich mit ihrer Reise bewusst zum Instrument im hybriden Krieg gegen Deutschland und Europa. Russland unterstütze gezielt den „Aufbau von Kreml-Parteien wie der AfD“, um die deutsche Demokratie zu schwächen, sagte er dem Handelsblatt.

Konkret geht es um eine geplante Reise der Bundestagsabgeordneten Steffen Kotré und Rainer Rothfuß, Sachsens AfD-Landeschefs Jörg Urban und des Europaabgeordneten Hans Neuhoff zur Konferenz der sogenannten Brics-Staaten im russischen Schwarzmeerort Sotschi. Die AfD-Bundestagsfraktion steht hinter der Reise und übernimmt laut einem Sprecher auch die Kosten. Ziel sei es, Gesprächskanäle nach Russland offenzuhalten – analog zu den bestehenden Kontakten zu US-Republikanern und dem Umfeld von US-Präsident Donald Trump.

Kiesewetter hält es für besonders problematisch, dass Parteispitze und Fraktionsführung die Reise offenbar mittrügen. Er forderte ein Überprüfungsverfahren als Vorstufe zu einem möglichen Parteiverbotsverfahren. „Genügend Anhaltspunkte dafür sehe ich jedoch ganz klar“, so Kiesewetter. Über ein konkretes Verbot könne nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, Bernd Baumann, wies die Kritik der Union zurück. „Wären jetzt Kontakte nach Moskau Landesverrat, hätte schon CSU-Chef Franz Josef Strauß Landesverrat begangen, als er 1987 mit eigenhändig gesteuertem Flugzeug zu Gesprächen nach Moskau flog, mitten in dessen völkerrechtswidrigem Angriffskrieg gegen Afghanistan“, sagte Baumann dem Handelsblatt. Er betonte zudem, die AfD-Bundestagsfraktion habe in einer einstimmigen Resolution den russischen Angriff auf die Ukraine „unmissverständlich als völkerrechtswidrigen Angriffskrieg brandmarkt“. 
Saimah Jiwa

Pistorius fordert neue Führungs- und Fehlerkultur in der Truppe 

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat einen Bürokratieabbau in der Bundeswehr angekündigt und zu einer neuen Führungs- und Fehlerkultur in der Truppe aufgerufen. Bis Ostern solle eine Modernisierungsagenda vorgelegt werden, sagte der SPD-Politiker zum Abschluss der diesjährigen Bundeswehrtagung in Berlin. Vorgesetzte in der Bundeswehr dürften nicht verwalten, sie müssten führen. Führung bedeute, auch Fehler zuzulassen. „Wenn niemand mehr wagt, falsch zu liegen, dann wagt auch niemand mehr, richtig zu handeln.“

Pistorius vergab nach eigener Aussage neben der Modernisierungsagenda weitere Aufträge in seinem Ministerium und der Bundeswehr. Dazu sollen in den kommenden Monaten Ergebnisse vorgelegt werden. Dazu zählen eine Evaluierung der Ausbildung von Wehrdienstleistenden, eine Strategie für die Reserve, ein „Aufwuchsplan“ mit konkreten Maßnahmen und Zahlen für die aktive Truppe sowie Reformvorschläge für eine Neustrukturierung des Beschaffungsamts der Bundeswehr in Koblenz.
Dimitri Taube

Deutschlandticket: Bundestag sichert Finanzierung bis 2030

Die weitere Finanzierung des Deutschlandtickets für Busse und Bahnen bis Ende 2030 mit dem Anteil des Bundes steht. Der Bundestag beschloss eine Gesetzesänderung, wonach bis dahin jährlich 1,5 Milliarden Euro zum Ausgleich von Einnahmeausfällen bei Verkehrsanbietern bereitstehen. Bisher war dies nur bis Jahresende geregelt und sollte zunächst auch nur für 2026 neu festgelegt werden. Bund und Länder vereinbarten dann aber eine längere Absicherung. Auch die Länder geben demnach bis 2030 jährlich 1,5 Milliarden Euro dazu.

Dem Gesetz ist nun abschließend noch zustimmungsbedürftig im Bundesrat. Hintergrund der Zuschüsse ist, dass das D-Ticket für den bundesweiten Nahverkehr günstiger ist als übliche regionale Pendler-Abos. Derzeit nutzen es 14 Millionen Kundinnen und Kunden. Vereinbart wurde zugleich eine erneute Preiserhöhung: Ab 1. Januar 2026 kostet das Ticket 63 statt 58 Euro im Monat. Gestartet war es 2023 mit 49 Euro.

Für die regionalen Verkehrsverbünde ist das Deutschlandticket ein Verlustgeschäft. Denn viele Abos für Pendler waren zuvor deutlich teurer. Die Mindereinnahmen sollen durch die jeweils 1,5 Milliarden Euro von Bund und Ländern weitgehend ausgeglichen werden.

Die beschlossene Preiserhöhung hatte zuletzt für Kritik gesorgt. Denn im Koalitionsvertrag der Bundesregierung haben Union und SPD vereinbart, das Deutschlandticket über 2025 hinaus fortzusetzen: „Dabei wird der Anteil der Nutzerfinanzierung ab 2029 schrittweise und sozialverträglich erhöht.“ Von einer Preiserhöhung ab 2026 ist dort keine Rede gewesen. 
Dimitri Taube

Justizministerin Hubig: „Klare Stoppschilder“ bei voyeuristischen Aufnahmen

Bundesjustizministerin Stefanie Hubig will bis Anfang 2026 einen Vorschlag für ein Gesetz vorlegen, das voyeuristische Aufnahmen unter Strafe stellt. „Wir tüfteln an der Norm, weil es nicht einfach ist, soziales Verhalten von strafwürdigem Verhalten abzugrenzen“, sagte die SPD-Politikerin vor der Justizministerkonferenz in Leipzig dem Deutschlandfunk.

Konkret gehe es um Aufnahmen, bei denen zielgerichtet etwa der bekleidete Po einer Frau gefilmt oder fotografiert werde, um sich daran gegebenenfalls sexuell zu erregen. Bei ihrer Herbsttagung wollen die Justizministerinnen und -minister der Länder unter anderem darüber beraten, ob solche voyeuristischen Aufnahmen strafbar werden sollen. Einen entsprechenden Antrag brachten Nordrhein-Westfalen und Hamburg ein.

Es gehe um Verhalten, durch das Frauen erheblich beeinträchtigt würden, Angst hätten und ihr Verhalten änderten, sagte Hubig. Die Gesellschaft müsse „klare Stoppschilder“ aufstellen und sagen: „Bestimmte Dinge sind nicht einfach doof, sondern sie sind strafbar“. Klar sei aus ihrer Sicht aber: Landschaftsfotos, auf denen zufällig eine Joggerin mit abgelichtet worden sei, sollten nicht strafbar werden. „Wir wollen nicht die Sittenpolizei sein.“

Als Beispiel nannte Hubig den Fall der Kölnerin Yanni Gentsch. Während sie im Februar joggte, hatte ein radfahrender Mann ihren Po gefilmt. Gentsch stellte den Mann zur Rede und filmte den Schlagabtausch, der seitdem tausendfach in sozialen Medien geklickt, geteilt und kommentiert wurde. Die Polizei habe ihr jedoch mitgeteilt, dass das Verhalten des Mannes nicht strafbar sei, berichtete die Frau.

„Wir sehen einfach, dass die sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum zunimmt und für viele Frauen und zum Teil für Männer ein echtes Problem geworden ist“, sagte Hubig. Frauen sollten sich frei bewegen können. „Dass sie nicht überlegen: Kann ich abends da noch langgehen? Oder ist das unangenehm, muss ich mich anders anziehen?“
Katja Guttmann
Katja Guttmann

Linke erneut nicht ins Geheimdienst-Gremium gewählt

Die Linke hat es auch im zweiten Anlauf nicht geschafft, einen Sitz im Geheimdienst-Ausschuss des Bundestags zu bekommen. Die Abgeordnete Clara Bünger erreichte bei einer Abstimmung im Plenum nicht die nötige Mehrheit von 316 Stimmen.

Im Juni war bereits die Linken-Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek als Kandidatin für das Parlamentarische Kontrollgremium durchgefallen. Auch die damals nominierten AfD-Kandidaten Martin Hess und Gerold Otten verfehlten die nötige Mehrheit. So sitzt neben drei Unions-Abgeordneten und zwei SPD-Vertretern nur ein Vertreter der Opposition in dem Gremium, der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz.

Das Parlamentarische Kontrollgremium überwacht die Geheimdienste, bekommt Zugang zu sensiblen Informationen und tagt deshalb unter strenger Geheimhaltung in einem abhörsicheren Raum. Die Mitglieder werden von ihren Fraktionen nominiert, müssen aber auch im Bundestag gewählt werden. Die AfD war schon in den vergangenen Jahren nicht im Kontrollgremium dabei, die Linke hingegen schon.
© SZ/Reuters/dpa/epd/KNA/Bloomberg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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