Bundesparteitag der CDU:Merkels neue Stellvertreter

In der CDU ist Bildungsministerin Annette Schavan als Parteivizin umstritten. Schon bei den letzten beiden Stellvertreter-Wahlen erzielte sie das schlechteste Ergebnis. Nun wird über eine Kandidatur von Julia Klöckner oder Thomas Strobl spekuliert. Als sicher gilt bereits, dass Norbert Röttgen sein Amt verliert.

Robert Roßmann, Berlin

Auf dem Bundesparteitag der CDU in Hannover Anfang Dezember wird es voraussichtlich zu Veränderungen an der Parteispitze kommen. An der Wiederwahl Angela Merkels als CDU-Chefin besteht kein Zweifel, zwei ihrer vier Stellvertreter könnten aber aus dem Amt scheiden.

Julia Klöckner

Stimmenkönigin: Die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner.

(Foto: dpa)

Als sicher gilt, dass Norbert Röttgen von seinem Landesverband Nordrhein-Westfalen wegen der katastrophalen Wahlniederlage im Mai nicht mehr vorgeschlagen wird. Sein Nachfolger wird voraussichtlich der neue Landesvorsitzende Armin Laschet. Außerdem gibt es in der Partei Diskussionen über die Zukunft Annette Schavans.

Die Bundesbildungsministerin ist bereits seit 1998 Partei-Vizin, damals war Merkel noch Generalsekretärin. Röttgen und die beiden anderen stellvertretenden Parteichefs Ursula von der Leyen und Volker Bouffier sind dagegen erst seit dem letzten Wahlparteitag 2010 im Amt.

Parteifreunde werfen Schavan unangebrachte Parteinahme vor

Schavan ist in ihrem Heimatverband Baden-Württemberg bereits seit Längerem umstritten. Viele werfen ihr vor, sich zu wenig um die Landespartei und ihren Wahlkreis zu kümmern. Die Plagiatsvorwürfe gegen ihre Doktorarbeit haben den Unmut verschärft. Der Landesvorsitzende der Jungen Union, Nikolaus Löbel, sagte deshalb bereits im Mai: "In der Südwest-CDU brodelt es."

Löbel erinnerte daran, dass Schavan dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg mit ihrer Kritik an dessen Plagiaten den "Todeskuss" gegeben habe. Auch die Vorwürfe gegen Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus in der EnBW-Affäre treffen Schavan. Die Bildungsministerin galt als Unterstützerin von Mappus. Auch auf ihren Rat hin lobte die Kanzlerin den damaligen Ministerpräsidenten Günther Oettinger 2010 in die EU-Kommission, um den Weg für Mappus in die Staatskanzlei frei zu machen.

Umso mehr stieß einigen in der Landespartei das Verhalten Schavans nach dem Bekanntwerden der Ermittlungen gegen Mappus auf. Sie rief ihre Partei sofort zur Geschlossenheit auf und forderte: "Es ist jetzt wichtig, dass wir zusammenhalten, uns nicht gegenseitig Vorwürfe machen."

Mancher Christdemokrat empfand das angesichts der Schwere der möglichen Verfehlungen von Mappus als unangebrachte Parteinahme für den Ex-Ministerpräsidenten. Der Landesvorsitzende Thomas Strobl konterte die Aufforderung von Schavan denn auch mit dem trockenen Hinweis, die Probleme seien "wahrlich nicht dadurch entstanden, dass die CDU Stefan Mappus nicht geschlossen genug gefolgt" sei.

Schon bei den letzten beiden Stellvertreter-Wahlen hatte Schavan das jeweils schlechteste Ergebnis erzielt. 2008 erhielt sie 74 Prozent der Stimmen, 2010 stürzte sie sogar auf 64 Prozent ab. Röttgen, Bouffier und von der Leyen kamen damals auf mehr als 85 Prozent. Am Wochenende meldete nun der Spiegel, Schavan erwäge trotz des Zuspruchs der Kanzlerin, von sich aus auf eine weitere Kandidatur im Dezember zu verzichten. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es am Montag nicht. Im Konrad-Adenauer-Haus hieß es lediglich, dies sei "reine Spekulation".

Die Ministerin selbst war nicht zu erreichen - sie ist derzeit im Urlaub. Wegen der Probleme Schavans klingen die angeblichen Rückzugsgelüste aber plausibel. Dazu trägt auch bei, dass die Ministerin ihrer am Boden liegenden Partei bei der schwierigen Landtagswahl 2016 keine große Hilfe mehr sein wird.

Eigentlich müssten die Baden-Württemberger jetzt ihren Vorsitzenden Strobl ins Rennen schicken. Der Schwiegersohn Wolfgang Schäubles ist fünf Jahre jünger als Schavan. Er gilt als unverbraucht - und hatte auf dem Krisen-Landesparteitag vor einer Woche einen respektablen Auftritt. Doch damit würde in der Stellvertreterriege eine Frau durch einen Mann ersetzt, in Zeiten der Quoten-Debatte ist dies kaum hinnehmbar. Die beiden anderen Männer gelten als sakrosant: Laschet steht für das mächtige Nordrhein-Westfalen, Bouffier kann man ein Jahr vor der Landtagswahl in Hessen schlecht abwählen.

Deshalb wird jetzt über eine Kandidatur Julia Klöckners spekuliert. Die umtriebige Frau ist erst 39, aber schon Landes- und Fraktionsvorsitzende in Rheinland-Pfalz. Beim CDU-Bundesparteitag 2010 war sie Stimmenkönigin, bei der Landtagswahl 2011 hebelte sie beinahe Kurt Beck aus dem Amt. Unter Klöckners Führung landete die CDU nur einen halben Prozentpunkt hinter der SPD des Dauerregenten.

Um Klöckner wählen zu können, müssten die Delegierten aber den traditionellen Länder-Proporz ignorieren. Bisher kommen die vier stellvertretenden Parteichefs aus den vier stärksten Landesverbänden: Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hessen. Rheinland-Pfalz liegt bei der Zahl der Delegierten nur auf Platz fünf.

Eine Wahl Klöckners würde also das starke Baden-Württemberg brüskieren. Normalerweise kungeln die CDU-Landesverbände die Zusammensetzung der Stellvertreter-Riege bereits vor dem Parteitag aus. Die Gespräche dürften in diesem Jahr besonders spannend werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: