Gaspipeline:Netzagentur stoppt Genehmigung für Nord Stream 2

Nord Stream 2

Die Bundesnetzagentur setzt ihr Verfahren zur Freigabe des Gastransports durch die Gaspipeline Nord Stream 2 vorläufig aus.

(Foto: dpa)

Die Bundesbehörde setzt das Verfahren auf unbestimmte Zeit aus, weil die Betreibergesellschaft nicht unabhängig genug sei.

Von Michael Bauchmüller und Paul-Anton Krüger, Berlin

Der Konflikt um die umstrittene Ostseepipeline Nord Stream 2 geht in eine neue Runde: Die zuständige Bundesnetzagentur hat die Zertifizierung des Betreibers am Dienstag auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Diese ist Voraussetzung dafür, dass die Leitung in Betrieb gehen darf. Die Betreibergesellschaft erfülle wichtige Bedingungen für einen unabhängigen Netzbetrieb nicht, teilte die Bonner Behörde mit. Damit bekommt der politische Streit um die Röhre neue Nahrung - ausgerechnet während der Koalitionsgespräche in Berlin; die Ampel ist gespalten in ihrer Haltung zu dem Projekt.

Im Zentrum stehen 54 der insgesamt 1240 Kilometer der Pipeline - jener Teil, der durch deutsche Hoheitsgewässer geht. Für ihn gelten die strengen deutschen und europäischen Regeln für die Trennung von Netz und Betrieb: Danach sollen Leitungen, egal ob für Strom oder Gas, nicht unter dem Einfluss derer stehen, die das transportierte Gut erzeugen. Das deutsche Recht verlangt dafür einen "unabhängigen Transportnetzbetreiber" und buchstabiert die Bedingungen dafür ziemlich konkret aus.

Dieser Betreiber muss mehr sein als eine Briefkastenfirma, er muss eigenes Personal haben, eine unabhängige Geschäftsführung und einen Aufsichtsrat. Nur dann kann er "zertifiziert" werden. Die Betreiberfirma, die Nord Stream 2 AG, sitzt derzeit im schweizerischen Zug; sie steht in direktem Eigentum des Gazprom-Konzerns. Die Bundesnetzagentur will nun aber den Betreiber nur dann zertifizieren, "wenn er in einer Rechtsform nach deutschem Recht organisiert ist".

Für die Inbetriebnahme der Pipeline bedeutet das einen Rückschlag. Das Betreiberkonsortium muss nun nicht nur die geforderte Firma in Deutschland aufbauen. Das Konstrukt muss auch von Anfang an wasserdicht sein, denn viel Zeit für die Prüfung bleibt nicht mehr. Insgesamt vier Monate darf das Genehmigungsverfahren dauern, zwei Monate sind verstrichen - bleiben noch zwei. Theoretisch könnten die Betreiber die Röhre illegal in Betrieb nehmen. In diesem Fall behalte man sich vor, "ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einzuleiten und gegebenenfalls Bußgelder zu verhängen", teilt die Behörde mit.

Doch auch so heizt die Unterbrechung den Streit um das Projekt weiter an. Sie sei ein "richtiger Schritt", sagte die FDP-Außenpolitikern Renata Alt. "Aber sie wird nicht reichen." Nötig sei "eine politische Lösung, die Nord Stream 2 zu einem europäischen Projekt macht und die Risiken einer Abhängigkeit von Russland reduziert". Auch die Grünen begrüßten die Entscheidung. Die Entflechtung von Netz und Betrieb der Leitung dürfe nicht durch Scheinfirmen umgangen werden, sagte der Grünen-Europaabgeordnete Sergey Lagodinsky. Die SPD hat bislang an dem Projekt festgehalten.

Die USA hatten jüngst wegen des russischen Truppenaufmarschs in Gebieten nahe der Ostukraine die geschäftsführende Bundesregierung daran erinnert, dass Kanzlerin Angela Merkel versichert hat, auf nationaler und europäischer Ebene Maßnahmen zu ergreifen, sollte Russland seine Aggression gegen die Ukraine ausweiten oder Gas als Druckmittel einsetzen.

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