Süddeutsche Zeitung

Bundesländer:Kleinlich

Polizeikontrollen an der Grenze zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg helfen wohl kaum gegen eine Pandemie.

Von Peter Burghardt

Seltsame Dinge ereignen sich im deutschen Norden, wo vor den Zeiten von Corona so gute Nachbarn zu Hause gewesen waren. Mancherorts kontrollierte Schleswig-Holsteins Polizei zuletzt sogar nahe der Landesgrenze und wies Hamburger ab, die mit dem Auto, dem Fahrrad oder zu Fuß grenznahe Bereiche aufsuchen wollten, oft nur ein paar Kilometer weit. Ergibt das Sinn im Kampf gegen das Virus?

Die Inseln und Strände an Nord- und Ostsee sind ohnehin für Fremde geschlossen, Mecklenburg-Vorpommern sperrt Seen und Meer über Ostern selbst für Einheimische. Fremde Zweitwohnungsbesitzer dürfen ihre Domizile bis auf Weiteres gar nicht mehr betreten oder wie in Schleswig-Holstein nur bleiben, wenn sie schon dort sind. Manche Landkreise erlassen eigene Regeln. Teilweise wird mit Bußgeld und sogar Haft gedroht, Hamburger berichten von Drohungen und Denunziationen. Das geht teilweise entschieden zu weit.

Viele Einschränkungen muss jeder verstehen, dem an einer Eindämmung der Seuche gelegen ist. Auch sind dies natürlich nicht die Tage für Tourismus, obwohl gerade die Küstenregionen von Urlaubern leben. Aber ein regionaler Wettstreit über die schärfsten Verordnungen hilft kaum weiter - Hamburg und auch Niedersachsen gehen mit der Krise souveräner um als Kiel und Schwerin. Kleinstaaterei dürfte mehr schaden als helfen, gerade in Grenzgebieten. Innerdeutsche Mauern sind bestimmt keine Lösung gegen diese grenzenlose Pandemie.

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Quelle:
SZ vom 09.04.2020
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