Merkel und eine erneute Kanzlerkandidatur
Wie zu erwarten, sagt sie dazu so gut wie nichts. Diese Frage werde sie zu einem geeigneten Zeitpunkt beantworten. "Dieser Zeitpunkt ist nicht heute." Wer nach Zeichen von Amtsmüdigkeit sucht, der wird sie nur schwerlich gefunden haben. Merkel war in allen angesprochenen Themen auf der Höhe. Erschöpft vom Zustand der Dauerkrise? "Erschöpfung würde ich nicht sagen. Aber ich bin nicht unterausgelastet." Klingt nicht danach, als würde sie 2017 nicht noch einmal antreten wollen.
Merkel und die Türkei
Das ist ein schwieriges Thema. Einerseits kann es ihr nicht egal sein, wie der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan nach dem Putschversuch das Land umpflügt, Tausende Beamten, Wissenschaftler und Journalisten festnehmen und Zeitungen wie Fernsehsender schließen lässt. Andererseits braucht sie Erdoğan als Partner, wenn es um den Kampf gegen den IS oder um die Flüchtlingsfrage geht.
Merkel hält sich mit offener Kritik zurück. Nur so viel: Sie habe Sorge, dass das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit "nicht immer im Vordergrund steht". Das habe sie dem türkischen Präsidenten auch mitgeteilt. Was den Beitrittsprozess der Türkei zur EU angeht, drückt Merkel das Bremspedal. Die Eröffnung neuer Verhandlungskapitel stehe jetzt "nicht auf der Tagesordnung".
Angleichung der Ost- und Westrenten
Gestritten wird in Berlin gerade über die Angleichung der Ost- an die Westrenten. Merkel will Ost- und Westrentner gleichbehandeln. Aber: Erst werde es noch "intensive Diskussionen" geben, sagt sie. Sie will verhindern, dass höhere Renten für Ostrentner zu einem Abschlag für die heute Arbeitenden führen. Finanzminister Wolfgang Schäuble sieht da erhebliche Finanzierungsschwierigkeiten. Merkels Botschaft: schwierig, aber machbar.
Freihandelsabkommen mit den USA, TTIP
Aus der SPD wurde TTIP schon für tot erklärt, das Freihandelsabkommen mit den USA habe keine Chance mehr. Merkel sieht das nicht so. Auf dem letzten EU-Rat habe die EU-Kommission die Staats- und Regierungschefs gefragt, ob die Verhandlungen weitergeführt werden sollen. Da sei das Votum klar gewesen: Ja, weitermachen.
"Entschieden wird am Ende", sagt Merkel. Sie jedenfalls beunruhige in keiner Weise, dass noch keine zufriedenstellenden Kompromisse öffentlich geworden seien. Sie kenne keine Verhandlung, in der "Kompromisse drei Monate vor Ende der Verhandlungen erkennbar wurden." Merkel steht zu TTIP. "Ich halte dieses Abkommen für absolut wichtig und richtig. Und in absolutem Interesse der EU. Ich kann nicht einsehen, warum die beiden größten volkswirtschaftlichen Regionen der Erde nicht die Standards setzen sollten."