Bundeshaushalt:Scholz warnt vor Lücke

Der Finanzminister rechnet wegen des langsameren Wirtschaftswachstums mit einem Defizit von 25 Milliarden Euro bis 2023. Das könnte auch die von der SPD geplante Grundrente erschweren.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat die Koalitionspartner zum Sparen aufgefordert. Die "wichtigen und richtigen Dinge" sollten weiter finanziert werden, "aber vielleicht nicht mehr alles", sagte seine Sprecherin am Montag in Berlin. In einer Präsentationsunterlage des Ministeriums heißt es dazu, dass neue Vorhaben nur noch begonnen werden könnten, wenn andere Projekte dafür zurückgestellt werden. Von 2020 an würden die Steuereinnahmen geringer ausfallen als erwartet; bis 2023 summiere sich dies auf eine Haushaltslücke von 25 Milliarden Euro.

Anlass der Warnung ist, dass das Ministerium begonnen hat, den Haushalt für 2020 und die folgenden Jahre zu planen. Scholz muss die bisherigen Kalkulationen korrigieren, weil die Wirtschaft langsamer wächst als angenommen. Zuletzt hatte die Bundesregierung die Prognose für 2020 von 1,8 auf ein Prozent senken müssen. Das bedeutet, die Steuereinnahmen werden weniger stark steigen als erwartet.

Die Sprecherin des Ministers bekräftigte, dass die Koalition daran festhalte, das Regierungsprogramm ohne zusätzliche Schulden abzuarbeiten. "Ein ausgeglichener Haushalt bleibt das Ziel." Wie das trotz der Ausfälle gelingen soll, "das muss man im Gespräch mit den Ressorts klären". Es bleibe wichtig, Prioritäten zu setzen.

Damit ist Streit in der Koalition praktisch programmiert. Union und SPD haben mit Blick auf kommende Wahlkämpfe deutlich gemacht, dass sie zusätzliche Vorhaben durchsetzen wollen, um ihre parteipolitischen Profile zu schärfen. Die Union dringt etwa auf die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags; vereinbart ist im Koalitionsvertrag nur, die Abgabe lediglich für Gering- und Mittelverdiener abzuschaffen. Zudem will die Union Unternehmen finanziell fördern.

Ob die von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nun vorgeschlagene Grundrente zu den vorrangigen Vorhaben zählt, blieb am Montag offen. Man könne "keine Finanzierungszusage" geben, sagte seine Sprecherin. Zuerst müsse die Koalition sich abstimmen. Zur Sommerpause soll es einen Gesetzentwurf geben. Dann werde die Finanzierung geklärt. Es sei jedoch "ganz klar, dass der Finanzminister hinter dem Konzept steht".

Heil will Geringverdienern, die mindestens 35 Jahre lang Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt haben, ohne weitere Prüfung eine Grundrente zahlen, die aus Steuermitteln auf maximal etwa 1000 Euro monatlich aufgestockt wird. Damit will er der Lebensleistung Respekt zollen. Das Konzept geht über die Absprache im Koalitionsvertrag hinaus. Die Union reagierte gespalten. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnte, die vereinbarte Bedürftigkeitsprüfung einzuhalten. Die Finanzierung müsse geklärt werden. Der Arbeitnehmerflügel der CDU nannte den Plan eine "vernünftige Diskussionsgrundlage". Zugleich warnte die Union vor einer "Rentenpolitik mit der Gießkanne".

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