Bundeshaushalt:Schäubles "Wir schaffen das"

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Der Finanzminister bekennt sich mit seinem Haushaltsentwurf zu einer kraftvollen Flüchtlingspolitik. Er ruft zum Gestalten auf, wo andere Politiker vor allem Gefahren wittern.

Kommentar von Cerstin Gammelin

Wolfgang Schäuble hat seinen Auftritt im Bundestag am Dienstag zu einer formidablen Regierungserklärung genutzt. Zwei Tage nach der Niederlage der CDU bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und gerade zurückgekehrt von einem internationalen Gipfeltreffen in China, präsentierte sich der Bundesfinanzminister als bundespolitischer Grandseigneur, der in Zeiten rasanter innerer und äußerer Umwälzungen politische Handlungsfähigkeit erhalten und freiheitliche Werte verteidigen will.

Dass er in den Chor derer einstimmt, die angesichts stetig steigender Steuereinnahmen fordern, die Steuerzahler zu entlasten, ist aus parteipolitischen Gründen nachvollziehbar. Wesentlich wichtiger ist, wie klar Schäuble sein Bekenntnis für eine kraftvolle Flüchtlingspolitik in Zahlen übersetzt. Allein 19 Milliarden Euro gibt es 2017, um die Integration in Deutschland zu unterstützen. Mit vielen Milliarden Euros sollen zudem Fluchtursachen bekämpft sowie Bevölkerung und Außengrenzen besser geschützt werden. Es gibt mehr Geld für internationale Organisationen, aber auch für mehr Polizisten im Inland.

Schäuble präsentierte daher einen Bundeshaushalt, der ihm probates Mittel zum Zweck ist. Es geht ihm nicht ums Sparen, das sowieso schon lange nicht mehr. Und auch nicht vordergründig um die schwarze Null, also ausgeglichene Einnahmen und Ausgaben. Schäuble hat den Haushalt bemerkenswert stringent auf die politischen Handlungsfelder ausrichten lassen, in denen jetzt viel getan werden muss, um politische Stabilität in einem gesellschaftlichen Wandel zu gewährleisten, der vielen Bürgern große Sorge bereitet.

Die schwarze Null ist ihm nur Mittel zum Zweck

Schäuble weiß, dass Millionen Menschen in Afrika aus ihren Heimatstaaten migrieren wollen. Er weiß, dass es unmöglich ist, Flüchtlinge und Migranten durch einen Zaun aufzuhalten. Er weiß zugleich, dass der CDU in Deutschland die Wähler weglaufen, weil sie die Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin, die er loyal unterstützt, für falsch halten. Schäubles Haushalt liest sich nun wie ein Angebot, in dieser Ungewissheit einen Weg zu finden, auf dem es Deutschland gelingen könnte, auch künftig so gut zu leben wie bisher.

Sein Verdienst ist es, dass er zum Gestalten aufruft, wo andere Politiker, auch aus der Union, vor allem den Gefahren das Wort reden. Sicher, man mag berechtigte Einwände am Reformwillen des Ministers hegen oder daran, dass er tatsächlich bereit ist, Steuervorteile für heimische Konzerne aufgeben zu wollen. Zu konstatieren ist aber auch, dass es Schäuble gelungen ist, den Bundeshaushalt so aufzustellen, dass er in den großen Linien sowohl heimische Begehren befriedet als auch internationalen Interessen dient.

Noch steht nicht fest, ob und in welcher Funktion der dienstälteste Abgeordnete nach der nächsten Bundestagswahl in Berlin mitmischen wird. Sein Auftritt im Bundestag legt jedenfalls die Vermutung nahe, dass der CDU-Politiker noch längst nicht den Augenblick für gekommen hält, die Verantwortung abzugeben.

© SZ vom 07.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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