Bundeshaushalt:Schäuble, Hartz IV und das nächste Milliardenloch

Neue Sorgen für Finanzminister Schäuble: Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung befürchtet die Koalition Mehrausgaben für Hartz IV.

Claus Hulverscheidt

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) muss mit einem weiteren Milliardenloch im Bundeshaushalt rechnen. Nach Angaben aus Koalitionskreisen erwarten Experten von Union und FDP, dass das Bundesverfassungsgericht die Regierung zwingen wird, die Hartz-IV-Sätze für Kinder spätestens zum 1. Januar 2011 zu erhöhen.

Bundeshaushalt: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) muss sich auf ein weiteres Milliardenloch im Haushalt einstellen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) muss sich auf ein weiteres Milliardenloch im Haushalt einstellen.

(Foto: Foto: ddp)

Eine Anhebung um 50 Euro pro Monat würde den Staat eine Milliarde Euro kosten. Müsste er auch Alleinerziehenden mehr zahlen, wie dies die Richter angedeutet haben, fiele der Betrag noch höher aus.

Schäubles Haushaltsprobleme werden damit immer größer. Allein die Schuldenbremse im Grundgesetz und der Europäische Stabilitätspakt werden den Finanzminister dazu zwingen, die Neuverschuldung 2011 von knapp 86 Milliarden im nächsten Jahr auf dann 70 bis 75 Milliarden Euro zu verringern.

Etatlücke bis zu 30 Milliarden Euro

Hinzu kommen Mindereinnahmen aus der für 2011 geplanten großen Steuerreform, die nach derzeitigem Stand noch einmal mindestens zehn Milliarden Euro betragen werden. Einschließlich der zu erwartenden Mehrausgaben für Langzeitarbeitslose und ihre Angehörigen sowie eine Reihe kleinerer Posten droht damit eine Etatlücke von bis zu 30 Milliarden Euro.

Wann das Bundesverfassungsgericht sein Urteil über die Höhe der Hartz-IV-Sätze für insgesamt 1,7 Millionen Kinder bekanntgeben wird, ist noch unklar. In der Koalition rechnet man aber mit einer Entscheidung in der ersten Jahreshälfte 2010. Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier hatte bereits in der mündlichen Verhandlung im Oktober angedeutet, dass er das Verfahren zur Festlegung der Regelleistungen für zweifelhaft hält.

Momentan erhält ein Erwachsener 359 Euro ArbeitslosengeldII, ein Kind je nach Alter zwischen 215 und 287 Euro. Dabei wird nicht etwa der tatsächliche Bedarf des Kindes zugrunde gelegt, sondern ein Prozentwert des Erwachsenensatzes. Papier deutete zudem an, dass sich das Gericht auch mit der Situation der etwa 650000 alleinerziehenden Hartz-IV-Empfänger befassen wird.

Um die Haushaltslöcher zu stopfen, wird in der Koalition nach Informationen der Süddeutschen Zeitung erwogen, den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung Anfang 2011 von derzeit 2,8 Prozent des Bruttolohns auf vier bis viereinhalb Prozent anzuheben. Das brächte pro Jahr zwischen acht und zwölf Milliarden Euro ein.

Widerstand in den eigenen Reihen

Zwar betonten am Dienstag gleich mehrere Regierungssprecher, dass es noch keine konkreten Pläne für eine solche Anhebung gebe und man "erst im Lichte der konjunkturellen Entwicklung" im nächsten Jahr über das weitere Vorgehen entscheiden werde. Der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Norbert Barthle, bestätigte jedoch, dass die Koalition "mit Sicherheit irgendwann den Arbeitslosenversicherungsbeitrag anheben" muss. Auf welche Größenordnung, sei heute noch nicht endgültig absehbar.

Gegen eine Erhöhung der Sozialabgaben gibt es allerdings auch in den eigenen Reihen Widerstand. "Höhere Beitragssätze bedeuten eine Verteuerung der Arbeitskosten und schwächen die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen", sagte der CSU-Mittelstandspolitiker Hans Michelbach. Die Opposition zeigt sich empört über die Finanzpolitik der Koalition. Steuererleichterungen bei gleichzeitig höheren Sozialabgaben bedeuteten "weniger Netto vom Brutto", erklärte Grünen-Chefin Claudia Roth.

Der SPD-Haushaltsexperte Joachim Poß kritisierte, dass für die geplanten Steuererleichterungen Geringverdiener "bluten" sollten. Die Linke sprach von einem "Haushalts-Lügengebäude", das spätestens nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai nächsten Jahres einstürzen werde.

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