Süddeutsche Zeitung

Bundeshaushalt:Auf Sicherheit

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Schäuble gibt im nächsten Jahr 1,5 Milliarden Euro für fast 2000 neue Jobs bei den Sicherheitsbehörden aus - die schwarze Null steht.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Stetig steigende Steuereinnahmen bei zugleich sinkenden Kreditzinsen machen es möglich: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wird dem Bundeskabinett am kommenden Mittwoch einen Entwurf des Bundeshaushalts für das Jahr 2017 nebst weiterer Finanzplanung bis 2020 präsentieren, bei dem unterm Strich trotz milliardenschwerer Zusatzausgaben eine schwarze Null steht. Der Bundesfinanzminister plant, bis 2020 keine zusätzlichen Schulden zu machen. In Zeiten großer Unsicherheit in Europa, Stichwort Brexit, setze Schäuble ein Zeichen von Verlässlichkeit, verlautete am Freitag aus der Bundesregierung.

Nicht nur jenseits der Staatsgrenzen, auch in der Koalitionsspitze dürfte die Haushaltsplanung stabilisierend wirken. Schäubles Beamte hatten in den vergangenen Wochen diverse zusätzliche Forderungen verschiedener Minister mit großzügigen Nachschlägen befrieden können. Für einigen Ärger hatte etwa die Ankündigung des Bundesfinanzministers gesorgt, die Ministerien sollten die Tarif- und Besoldungserhöhungen für die ihnen zugeordneten Angestellten und Beamten aus der eigenen Tasche bezahlen. Das hätte dazu geführt, dass das zusätzlich versprochene Geld für Zoll, Bundespolizei oder Bundeswehr weitgehend in Gehaltszahlungen und eben nicht in technische Ausstattungen oder Personal geflossen wäre.

Das Bundesfinanzministerium lenkte schließlich ein und sagte zu, die Tarifabschlüsse vorerst zur Hälfte zu finanzieren. Dies ist dem erklärten Ziel der Bundesregierung geschuldet, innere und äußere Sicherheit deutlich zu stärken. Der Innenminister wird im kommenden Jahr 1,5 Milliarden Euro mehr erhalten, verglichen mit dem geltenden Finanzplan. Das Geld fließt unter anderem in mehr als 1950 zusätzliche Stellen bei Bundespolizei und Bundeskriminalamt. Der Verteidigungsetat wird 2017 um 1,7 Milliarden Euro auf dann 36,6 Milliarden Euro erhöht. Die anspruchsvollen internationalen Aufgaben erforderten deutlich mehr Geld, verlautete aus der Bundesregierung.

Unklar ist, ob der Brexit die Haushaltsplanung noch durcheinanderwirbeln könnte

Mit sehr viel Geld sollen auch bestätigte Flüchtlinge integriert, die Zuwanderung gebremst und Fluchtursachen bekämpft werden. Schäuble plant für 2017 mit 19 Milliarden Euro, bis 2020 könnten es mehr als 77 Milliarden Euro werden, mit denen der Staat die Aufnahme und Abwicklung von Asylverfahren, Integrations- und Sprachkurse sowie die Eingliederung der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt finanzieren will. In diesen Planungen sind noch nicht die Forderungen der Bundesländer etwa nach einer Integrationspauschale enthalten. Dazu findet kommende Woche im Kanzleramt ein Integrationsgipfel statt. Mehr Geld gibt es auch für Entwicklungshilfe, das zuständige Ministerium hat im kommenden Jahr erstmals einen Etat von mehr als acht Milliarden Euro zur Verfügung. Rund 2,8 Milliarden Euro sollen davon direkt verwendet werden, um Fluchtursachen zu bekämpfen.

Neben dem Flüchtlingsprogramm, das Beamte teilweise als Investitionspaket werten, will die Bundesregierung direkt Investitionen fördern. Mit vier Milliarden Euro soll der Ausbau von Breitbandnetzen in abgelegenen Gebieten finanziert werden, deutlich mehr Geld gibt es auch für klassische Verkehrsinvestitionen, Elektrofahrzeuge und Mikroelektronik. Insgesamt hätte der Staat damit in der laufenden Legislaturperiode, 2017 eingeschlossen, seine Investitionen um ein Drittel auf 33 Milliarden Euro erhöht. Verglichen mit den Sozialleistungen nimmt sich diese Summe aber bescheiden aus. Der Anteil der Sozialausgaben an den Gesamtausgaben des Bundeshaushalts beträgt 2017 rund 52 Prozent - etwa jeder zweite vom Bund ausgegebene Euro fließt in den Sozialbereich, trotz Beschäftigungsrekorden.

Warum das so ist, war an Freitag in Berlin nicht zu klären. Auch nicht, ob die Folgen des möglichen Ausscheidens Großbritanniens aus der Europäischen Union die deutsche Haushaltsplanung durcheinanderwirbeln könnte. Ebenso unbeantwortet blieb die Frage, ob es nicht an der Zeit sei, die Steuern zu senken und die wegen niedriger Zinsen leidenden Bürger zu entlasten. Spätestens im Wahlkampf dürfte sich das ändern.

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Quelle:
SZ vom 02.07.2016
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