Süddeutsche Zeitung

Bundeshaushalt 2013:Sparen geht anders

Die Koalition beschließt in dieser Woche den Bundeshaushalt 2013 und lehnt sich zufrieden zurück. Die Schuldenbremse ist eingehalten, die Neuverschuldung moderat. Und doch bleibt dieses komische Gefühl, dass mehr drin gewesen wäre.

Thorsten Denkler, Berlin

Die wichtigsten Daten gleich zu Beginn. Der Bundeshauhalt 2013 hat ein Volumen von 302 Milliarden Euro. Dem stehen Steuereinnahmen in Höhe von 260,6 Milliarden Euro und sonstige Einnahmen in Höhe von 24,3 Milliarden Euro gegenüber. Macht eine Lücke von 17,1 Milliarden Euro, die über neue Kredite finanziert wird.

So weit, so klar. Doch während die Regierung darin einen Riesenerfolg sieht, findet die Opposition den Haushalt Murks. Da wäre mehr drin gewesen. Stimmt das? Wir schauen uns das mal genauer an.

Der Bundeshaushalt schrumpft um mehr als zehn Milliarden Euro. Die sparen wirklich, oder?

Auf den ersten Blick erscheint es wie ein gewaltiger Kraftakt. Gegenüber 2012 will Bundesfinanzminister Schäuble im kommenden Jahr 10,7 Milliarden Euro weniger ausgeben, nämlich 302 Milliarden Euro statt 312,7 Milliarden Euro. Doch das Bild trügt. 2012 war ein Jahr der Sonderausgaben, vor allem für die Euro-Rettung. Besser passt der Vergleich mit dem Jahr 2011. Da hat der Bund 305,8 Milliarden Euro ausgegeben. Das sind 3,8 Milliarden Euro mehr als für 2013 geplant. Allerdings sind im gleichen Zeitraum die Steuereinnahmen in die Höhe geschossen, von 248 Milliarden Euro 2011 auf für 2013 erwartete 260,6 Milliarden Euro. Unterm Strich gibt der Bund gegenüber 2011 zwar 3,8 Milliarden Euro weniger aus. Er nimmt aber auch 12,6 Milliarden Euro mehr ein. Der Bund profitiert vor allem von der guten konjunkturellen Entwicklung. Nach echtem Sparen sieht das nicht aus.

Die Steuereinnahmen sprudeln. Dennoch nimmt der Bund neue Schulden auf. Wie passt das zusammen?

Die Steuereinnahmen liegen zwar mit 260,6 Milliarden Euro auf Rekordniveau. Aber das reicht immer noch nicht, um die Ausgaben zu decken. Plus der Sondereinnahmen in Höhe von 24,3 Milliarden Euro hat der Bund 284,9 Milliarden Euro auf dem Konto. Dem gegenüber stehen geplante Ausgaben von 302,2 Milliarden Euro. Die Lücke von 17,1 Milliarden Euro wird über neue Kredite finanziert.

Zwei Probleme gibt es: Das strukturelle Defizit, also der langfristige Unterschied zwischen den Einnahmen und Ausgeben, verringert sich nur langsam. Wer den Prozess beschleunigen will, muss massiv und für die Menschen spürbar in den Haushalt eingreifen. Das ist politisch nicht gewollt, schon gar nicht im Wahljahr. Stattdessen hat die Koalition sogar noch Geschenke in Milliardenhöhe beschlossen, etwa in Form des Betreuungsgeldes oder den 750 Millionen Euro jährlich mehr für den Etat von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU).

Im Grunde hat es die Bundesregierung in den vergangenen Jahren lediglich geschafft, den Anstieg der Ausgaben zu verringern, während gleichzeitig die Einnahmen überdurchschnittlich stiegen. Wirklich gespart, also weniger ausgegeben wurde bisher nur punktuell in einzelnen Haushaltstiteln, wie jetzt im Entwicklungsetat.

Schäuble hat die Nettoneuverschuldung von geplanten 18,8 auf 17,1 Milliarden Euro gedrückt. Ein Erfolg?

Nur auf den ersten Blick. Zum einen erwartet der Bund Steuermehreinnahmen von 800 Millionen Euro. Zum anderen sollen die sonstigen Einnahmen etwa aus Privatisierungen um weitere 700 Millionen Euro ansteigen. Ein Effekt, der sich vor allem daraus ergibt, dass Erlöse, die für 2012 vorgesehen waren, ins Jahr 2013 umgebucht wurden. Macht zusammen 1,5 Milliarden Euro. Bleiben noch 200 Millionen Euro, die sich vor allem aus der späteren Einführung des Betreuungsgeldes herleiten lassen.

Wann erreicht Deutschland denn die "schwarze Null"?

Wer ein Konto hat, stellt sich die "schwarze Null" so vor: Am Ende des Monates ist genau so viel vom Konto abgebucht worden wie am Anfang des Monates dazugekommen ist. Unterm Strich bleibt: null.

Der Bundeshaushalt ist da etwas komplizierter. Wenn Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble von einer "schwarzen Null" spricht, dann meint er das strukturelle Defizit des Bundes. Das umfasst die langfristigen Unterschiede zwischen Einnahmen und Ausgaben. Sondereffekte wie die Euro-Krise werden nicht mit eingerechnet. Schäuble könnte also von einer schwarzen Null auch dann sprechen, wenn die reale Neuverschuldung wegen Hilfen für Griechenland einmalig um ein paar Milliarden Euro klettert.

Diesen Zustand will Schäuble spätestens 2014 annähernd erreichen. Annähernd, weil die gesetzliche Schuldenbremse ihm immer noch erlaubt, neue Schulden in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufzunehmen, das wären knapp zehn Milliarden Euro.

Übersetzt heißt das: Wenn das eigene Konto immer mit null abschließt, dann ist das strukturelle Defizit null. Wenn dann aber die Waschmaschine kaputt geht, dann geht es zwar tief in den Dispo, aber das ist nur ein Sondereffekt. Das strukturelle Defizit bleibt bei null.

Das müssen Sie jetzt nur noch Ihrer Bank erklären.

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