Bundesbank:Sarrazins Schlamp-Faktor

Manch einer mag die Kritik Thilo Sarrazins an Berlin für treffend halten. Doch als Mitglied des Vorstandes der Bundesbank darf er sich solche Entgleisungen dennoch nicht leisten.

Ulrich Schäfer

Thilo Sarrazin hat über Berlin ein paar Dinge gesagt, die manche als beleidigend empfinden und andere als absolut treffend. Er hat der Hauptstadt einen gewissen "Schlamp-Faktor" unterstellt und sich darüber lustig gemacht, dass die Berliner eher "plebejisch und kleinbürgerlich" seien. Man mag dies als eine treffende Beschreibung einer Stadt empfinden, die fraglos eine Weltmetropole ist, aber auch viele trübe Seiten besitzt. Doch Thilo Sarrazin, der Bundesbanker, hätte so etwas nicht sagen dürfen. Nicht in seiner Position.

Denn es gibt öffentliche Ämter, die jeden, der sie innehat, zu einer gewissen Selbstbeschränkung zwingen. Das Amt des Bundesverfassungsrichters gehört dazu oder auch das Amt des Bundesbankers. Wer solch eine staatliche Funktion übernimmt, der darf nicht einfach drauflosplappern; der darf nicht gegen ganze Gruppen der Bevölkerung holzen. Sarrazin hat das getan und etwa beklagt, dass eine große Zahl der Araber und Türken in Berlin keine produktive Funktion ausübten. 40 Prozent der Geburten fänden zudem in der Unterschicht statt.

Gewiss: Man war von Sarrazin, als er noch Berliner Finanzsenator war, nichts anderes gewohnt, aber für einen Bundesbanker gelten andere Regeln. Denn die Währungshüter legen Wert darauf, dass sie unabhängig sind und die Regierung ihnen bei Entscheidungen nicht hineinredet. Zu dieser Unabhängigkeit gehört aber auch, dass Bundesbanker sich aus Debatten heraushalten, die sie nichts angehen. Andernfalls könnte die Politik Sarrazins Satz beherzigen, dass 20 Prozent der Berliner ökonomisch nicht gebraucht werden. Schließlich werden auch 20 Prozent der Bundesbank-Vorstände eigentlich nicht gebraucht.

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