Süddeutsche Zeitung

Bund-Länder-Treffen:Zähes Ringen um Milliarden

Auch nach der Ministerpräsidentenkonferenz fordern die Länder weitere finanzielle Zugeständnisse des Bundes. Kanzler Scholz aber verweist auf den bereits großen Beitrag des Bundes.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Der Konflikt zwischen Bund und Ländern über die finanzielle Lastenteilung in der Krise droht zu einer längeren Auseinandersetzung zu werden. Auch ein mehrstündiges Treffen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstagabend brachte keine Einigung.

Scholz sprach danach zwar von einer "sehr konstruktiven Beratung". Auch der neue Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, der niedersächsische Regierungschef Stephan Weil (SPD), nannte die Beratungen eine "wesentliche Zwischenetappe". Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) dagegen kritisierte, der Bund habe "kaum Kompromissbereitschaft erkennen lassen". Man sei nur wenige Schritte vorangekommen, aus Sicht vieler Länder sei das "zu wenig".

Der Konflikt kreist um das dritte, 65 Milliarden Euro teure Entlastungspaket, das die Bundesregierung Anfang September geschnürt hat - und zu dem die Länder 19 Milliarden Euro beisteuern sollen. Ungeachtet der Tatsache, dass der Bund inzwischen auch noch einen 200 Milliarden Euro schweren "Abwehrschirm" zur Finanzierung einer Energiepreisbremse beschlossen hat, verlangen die Länder für ihre Zustimmung zum Entlastungspaket weiterhin erhebliche finanzielle Hilfen des Bundes auf anderen Gebieten.

Im Zentrum stehen die Kosten für die Integration der Ukraine-Flüchtlinge, Hilfen für die Krankenhäuser, mehr Bundesgeld für den Nahverkehr und die vollständige Übernahme der Wohngeldkosten durch den Bund. Scholz sagte aber lediglich zu, dass bis Ende des Jahres darüber geredet werden solle, wie der Bund die Länder bei den Flüchtlingskosten unterstützen könne. Im Abschlusspapier heißt es, man werde "die vereinbarten Gespräche zur Flüchtlingsfinanzierung zeitnah zum Abschluss bringen".

Er machte zudem deutlich, dass er die finanziellen Leistungen des Bundes bereits für "eine ordentliche Summe" halte. Die drei Entlastungspakete und die 200 Milliarden Euro neue Schulden für die Gas- und Strompreisbremse summierten sich bereits auf 295 Milliarden Euro, von denen der Bund 240 bis 250 Milliarden Euro trage. Auch die Länder hätten gesehen, "wie groß" der Beitrag des Bundes sei.

Im Vorfeld des Treffens hatte bereits Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) an die Ministerpräsidenten appelliert, ihren Anteil an den finanziellen Lasten in der Energiekrise zu tragen. Die Auseinandersetzungen rund um das dritte Entlastungspaket nannte er im ZDF eine "vergleichsweise normale Diskussion über die Aufgaben und die Kostenverantwortung". Man müsse aber immer wieder daran erinnern, dass das Grundgesetz den verschiedenen staatlichen Ebenen Aufgaben zuweise. Zudem verwies Lindner auf die Haushaltsüberschüsse der Länder, während der Bund "in den tiefen roten Zahlen" sei.

Weil hatte schon vor dem Beginn der Verhandlungen die Erwartungen gedämpft - unter anderem, weil noch keine konkreten Konzepte für die Ausgestaltung der geplanten Gaspreisbremse vorlägen. Scholz verwies am Dienstagabend auf die Beratungen der Expertenkommission, die Vorschläge für die Gaspreisbremse erarbeiten soll. Er rechne nächste Woche mit Ergebnissen. Bund und Länder vereinbarten, sich "zeitnah" wieder zu treffen.

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