Digitale Verwaltung:Bund-ID: Nutzerzahlen schnellen in die Höhe

Lesezeit: 3 Min.

Viele Menschen, insbesondere aus Nicht-Akademikerfamilien, sind auf Bafög angewiesen, um ihr Studium zu finanzieren - die Einsparungspläne der Ampelkoalition machen ihnen Sorgen. (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Laptop und Sofa statt Wartesaal in der Behörde: Mit der Bund-ID lassen sich Anträge online stellen. Wegen der Energiepauschale machen plötzlich viel mehr Menschen davon Gebrauch - allerdings nicht freiwillig.

Von Nadja Tausche

In den vergangenen Monaten ist die Zahl der Menschen mit einer Bund-ID in die Höhe geschnellt. Gut 2,8 Millionen Menschen sind aktuell für eine Bund-ID zur Identifizierung von Online-Anträgen registriert - im Januar waren es laut Bundesinnenministerium erst rund 250 000. Der Grund für den rasanten Anstieg ist die Einmalzahlung an Studierende, mit denen die Bundesregierung die Kosten für die gestiegenen Energiepreise abzufedern versucht. Um an die 200 Euro zu kommen, mussten sich Studierende eine Bund-ID freischalten.

(Foto: SZ-Grafik; Quelle: Bundesministerium des Innern und für Heimat)

Die Einmalzahlung haben seit Mitte März mehr als 2,3 Millionen Studierende sowie Schülerinnen und Schüler beantragt. Auch die Zahl derer, die die Bund-ID in Verbindung mit dem Online-Ausweis nutzen, ist in der Konsequenz deutlich gestiegen: Bisher haben sich im aktuellen Jahr bereits 840 000 Menschen für die Funktion angemeldet. Im gesamten Jahr 2022 waren es nur 500 000, sagte Markus Richter, Staatssekretär im Bundesinnenministerium, vergangene Woche in Berlin. Der Online-Ausweis ist eine von mehreren Optionen, um die Bund-ID freizuschalten. Auch über das Elster-Zertifikat oder über das Einrichten eines Nutzerkontos ist die Registrierung möglich.

Bund-ID erspart bei vielen Anträgen den Gang in die Behörde

Bereitgestellt hat das Bundesinnenministerium die Bund-ID schon im Jahr 2019, bekannt ist sie auch unter dem Namen Nutzerkonto Bund. Die Resonanz hielt sich bis zuletzt aber in Grenzen: Nicht genug Menschen nutzen das Angebot oder wissen überhaupt davon. Dabei sei die Bund-ID das sicherste und modernste Identifizierungstool im Netz, sagt Staatssekretär Richter: Es sei "das zentrale Element für die digitale Verwaltung".

Der wichtigste Vorteil: Menschen müssen nicht mehr in der Behörde erscheinen, dort auf ihren Termin warten und seitenweise Papieranträge ausfüllen. So ist es mit der Bund-ID zum Beispiel möglich, Elterngeld und Bafög online zu beantragen. Seit Ende April organisieren manche Universitäten das Einschreiben in ihre Kurse über die Bund-ID.

Bis Ende August will das Bundesinnenministerium weitere Leistungen freischalten, unter anderem für Steuerberaterinnen und -berater sowie für ausländische Arbeitnehmer, die dann ihre Berufsqualifikation über die Bund-ID anerkennen lassen können. Bis Ende des Jahres will die Bundesagentur für Arbeit die Bund-ID einbinden.

Die Bund-ID müsse sich niemand runterladen, betont Richter, das Angebot bleibe freiwillig. Genau dieser Punkt hatte bei der Energiepauschale für Kritik gesorgt. Wenn nur jene an ihr Geld kommen, die der Verarbeitung ihrer Daten zustimmen, sei das nicht rechtens, kritisierten Experten. Eine Zustimmung zur Datenverarbeitung müsse immer ohne Zwang erfolgen. Auch dass es mehrere Monate gedauert hat, bis Studierende an ihr Geld kamen, löste bei Studienausschüssen in mehreren Städten Empörung aus.

Monatelang warten - und dann bricht das System zusammen

Nach dem Start war das System dann erst einmal überlastet. Die Startschwierigkeiten bestätigt auch Staatssekretär Richter. Nach drei Tagen habe sich die Lage aber stabilisiert, trotz weiter hoher Antragszahlen. Seit Einrichten der Bund-ID hätten nun nur 27 000 Menschen und damit sehr wenige die Bund-ID nach dem Antrag auf Einmalzahlung wieder gelöscht.

Was noch fehlt, damit die Bund-ID überall eingesetzt werden kann: Die Bundesländer müssen sie für die eigene Verwaltung übernehmen, sonst droht ein Flickenteppich. Mehrere Länder haben das Richter zufolge schon zugesagt oder nutzen die Bund-ID bereits. Mit den anderen, darunter Bayern und Baden-Württemberg, sei man in Gesprächen. Welche Leistungen Bürgerinnen und Bürger mit der Bund-ID in Anspruch nehmen können, variiert deshalb von Bundesland zu Bundesland. Möglich ist außerdem, dass sich der Name der Bund-ID noch einmal ändert. Das fordern mehrere Bundesländer, darunter Bayern. Bis zum Herbst will man die Namensfrage klären.

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Nach den Plänen des Bundesinnenministeriums soll es zudem bald möglich sein, den Personalausweis auf dem Handy abzuspeichern. Schon heute können viele Smartphones entsprechend ausgestattete Personalausweise mithilfe einer offiziellen Ausweis-App erkennen. Zusätzlich soll es möglich sein, dass Bürgerinnen und Bürger den Ausweis einmal mit dem Handy verknüpfen und ihn dann jederzeit mobil vorzeigen können, wenn sie sich ausweisen wollen. Den Grundstein dafür legt das Smart-eID-Gesetz. Die Funktion hätte eigentlich bereits im Herbst 2021 an den Start gehen sollen. Die Einführung hatte sich aber verzögert, und noch sind nicht alle Geräte technisch dafür ausgestattet. Derzeit arbeitet man im Bundesinnenministerium gemeinsam mit einem Gerätehersteller an der Funktion.

Das Wichtigste dabei, so Richter: die Sicherheit. Die Zwei-Faktor-Identifizierung müsse auch dann weiter gewährleistet sein, wenn man den Ausweis in Kartenform nicht mehr benötige. Das sei in Zukunft unbedenklich möglich.

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