Parteistiftungen:Üppiger Geldregen

Anstecker von CDU/CSU, SPD, Die Grünen, FDP und Die Linke

Die parteinahen Stiftungen arbeiten offiziell unabhängig von den Parteien, es gibt aber enge Kontakte.

(Foto: Imago; Bearbeitung SZ/Imago)

Im europäischen Vergleich werden die parteinahen Stiftungen in Deutschland sehr großzügig finanziert. Der Bund der Steuerzahler kritisiert die bisherige Praxis als "undurchsichtige Konstruktion".

Von Henrike Roßbach und Robert Roßmann, Berlin

Sie gehören zur politischen Landschaft wie die Parteien selbst: die parteinahen Stiftungen. Jahr für Jahr erhalten sie für ihre Arbeit im In- und Ausland staatliche Zuschüsse in gewaltiger Höhe. Doch auch, wenn kaum jemand die Bedeutung der Stiftungen für die politische Bildung grundsätzlich in Frage stellt - an ihrer Finanzierung gibt es erhebliche Kritik. Zum Beispiel jetzt vom Bund der Steuerzahler.

Dessen Institut kommt in einer noch unveröffentlichten Auswertung zu dem Schluss, dass die parteinahen Stiftungen offiziell zwar unabhängig von den Parteien seien, "strukturell, personell und indirekt auch finanziell" aber trotzdem eng mit ihnen verflochten. In dem Papier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, wird außerdem beklagt, dass die Finanzierung der deutschen Stiftungen im europäischen Vergleich "konkurrenzlos" gut sei.

Laut Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die rechtliche und tatsächliche Unabhängigkeit der Stiftungen von den Parteien Voraussetzung dafür, dass sie staatlich finanziert werden können. Deshalb darf zum Beispiel das Spitzenpersonal einer Partei nicht auch die Geschicke der parteinahen Stiftung verantworten. Allerdings werden ehemalige Spitzenpolitiker hierzulande gerne mit Stiftungsposten versorgt. Norbert Lammert (CDU) etwa wechselte vom Amt des Bundestagspräsidenten an die Spitze der Konrad-Adenauer-Stiftung. Und bei der SPD landete der gescheiterte Kanzlerkandidat und Ex-Parteichef Martin Schulz weich als Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Die beiden wichtigsten Geldgeber der Stiftungen sind das Bundesinnenministerium mit "Globalzuschüssen" für die politische Bildungsarbeit im Inland sowie das Entwicklungsministerium mit seinem Geld für die politische Bildungsarbeit im Ausland. Verteilt wird das Geld vom Haushaltsausschuss des Bundestags. "Es verteilen also die Parteien die Mittel an ihre parteinahen Stiftungen selbst - wobei offensichtlich ist, dass hier ein potenzieller Interessenkonflikt eingeschrieben ist", kritisiert der Steuerzahlerbund. Außerdem blieben "die Prinzipien, um die Höhe der Mittel festzustellen, weitgehend im Dunkeln".

Die Stiftungsmittel sind über mehrere Etatpläne verteilt

Im Gegensatz zur Stiftungsfinanzierung gibt es bei der Parteienfinanzierung klare und strikte Regeln. Die Höhe des staatlichen Zuschusses für alle Parteien ist zum Beispiel in diesem Jahr auf exakt 205 050 704 Euro gedeckelt. Und auch der Weg vom Stimmenergebnis einer Partei zur Höhe ihres staatlichen Zuschusses lässt sich exakt nachvollziehen.

Die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung sieht sich trotzdem nicht in der Pflicht, an der aktuellen Lage etwas zu ändern. "Die Ausgestaltung der Finanzierung der politischen Stiftungen ist Sache des Parlaments; die Stiftungen als Betroffene sind da unseres Erachtens nicht zuerst gefragt", teilt die Adenauer-Stiftung mit. Die Mittelvergabe an die Stiftungen sei Aufgabe des Gesetzgebers, heißt es auch bei der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Außerdem seien die Grundsätze der Stiftungsfinanzierung mehrfach vom Bundesverfassungsgericht überprüft und für verfassungskonform befunden worden.

"Uns ist wichtig zu betonen: Jeder Euro, den politische Stiftungen vom Staat für ihre Arbeit erhalten, ist in den Haushaltsgesetzen des Bundes oder der Länder ersichtlich", ergänzt die Adenauer-Stiftung. Die Haushaltsansätze würden "je nach Sachbezug in unterschiedlichen Einzelplänen etatisiert, was dem Transparenzgedanken Rechnung trägt". So würden Mittel, die die Stiftungen "zum Beispiel im Bereich der Begabtenförderung einsetzen, nachvollziehbarerweise im Einzelplan des für Bildung zuständigen Ressorts ausgewiesen".

Aber genau das beklagt jetzt der Steuerzahlerbund. Dass die Mittel "auf eine Fülle von Einzelplänen" verteilt seien, hält er für eine "undurchsichtige Konstruktion". Bürger könnten deshalb nur schwer nachvollziehen, in welcher Höhe konkret Geld an die Stiftungen verteilt wird.

Die Zuschüsse für die Stiftungen sind weit stärker gestiegen als der Gesamtetat

Die staatlichen Zuwendungen an die Stiftungen sind laut Steuerzahlerbund zwischen 1999 und 2021 kontinuierlich gestiegen, auf mittlerweile rund 590 Millionen Euro im Jahr - wobei die Zuschüsse des Bildungsministeriums an die Begabtenförderungswerke der Stiftungen noch nicht mitgezählt seien. Zwischen 1999 und 2019 seien die Zuwendungen um 110 Prozent gestiegen - und damit deutlich stärker als der Gesamtetat des Bundes. Die Jahre 2020 und 2021 wurden bei diesem Vergleich nicht berücksichtigt, weil die Corona-Haushalte das Bild verzerren würden.

Eigentlich soll die Höhe der Zuwendungen an die Stiftungen am Wahlerfolg der nahestehenden Partei hängen. Doch obwohl beispielsweise die SPD bei der Bundestagswahl 1998 noch 40,9 Prozent der Zweitstimmen holte, 2017 dagegen lediglich 20,5 Prozent, sanken die relativen Bundeszuschüsse an die Ebert-Stiftung in dem Zeitraum lediglich um fünf Prozentpunkte. Die absoluten Zuschüsse an die Ebert-Stiftung stiegen sogar, weil die Zuwendungen insgesamt stiegen.

Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern geht auf die deutschen parteinahen Stiftungen laut Steuerzahlerbund ein ziemlich üppiger Geldregen nieder. Während hierzulande 2019 je Einwohner 7,96 Euro Steuergeld an die Stiftungen geflossen seien, sollen es in Österreich nur 1,19 Euro und in Schweden nur 89 Cent gewesen sein.

Der Steuerzahlerbund fordert ein eigenes Stiftungsgesetz - die Politik mauert

Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es bereits: "Die Arbeit und Finanzierung der politischen Stiftungen wollen wir rechtlich besser absichern." Der Steuerzahlerbund fordert jetzt eine "explizite gesetzliche Grundlage nach dem Vorbild des bereits existierenden Parteiengesetzes". Außerdem müsse das Budget der Stiftungen vor allem für Auslandsprojekte gekürzt und gedeckelt werden.

Die Ebert-Stiftung verweist jedoch auf das Haushaltsgesetz - in ihm sei "im Einzelnen präzise festgelegt, für welche Zwecke die politischen Stiftungen öffentliche Mittel erhalten". Außerdem gebe es zahlreiche Vorgaben und Prüfungen durch "Zuwendungsgeber, Finanzamt und Wirtschaftsprüfer". Ob ein eigenes Stiftungsgesetz einen "zusätzlichen Nutzen" verspreche, müsse der Gesetzgeber klären.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sebastian Hartmann, sagt, er habe bezüglich der derzeitigen Praxis "keine Bedenken". Trotzdem werde sich die Ampelkoalition die Regelungen "auch hinsichtlich weiterer Verbesserungsmöglichkeiten anschauen".

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