Bulgarien:Bojko Borissow gewinnt die Wahl

Bulgarien: Bojko Borissow wurde im Wahlkampf von Manfred Weber, Fraktionsvorsitzender der Europäischen Volkspartei und stellvertretender Parteivorsitzender der CSU, unterstützt.

Bojko Borissow wurde im Wahlkampf von Manfred Weber, Fraktionsvorsitzender der Europäischen Volkspartei und stellvertretender Parteivorsitzender der CSU, unterstützt.

(Foto: Visar Kryeziu/dpa)

Der bereits dreimalige Ministerpräsident steht seit Jahren unter Korruptionsverdacht. Es ist bereits die vierte Abstimmung seit April 2021. Die Verhandlungen zur Bildung einer Regierungskoalition dürften kompliziert werden.

Bei der vorgezogenen Parlamentswahl in Bulgarien ist die konservative Partei GERB des ehemaligen Ministerpräsidenten Bojko Borissow mit 25,4 Prozent der Stimmen stärkste Kraft geworden. Die drei Parteien der zuletzt regierenden Koalition verloren ihre Mehrheit. Damit blieb zunächst unklar, welche Parteien gemeinsam eine neue Regierung bilden könnten. Die liberale Bewegung "Wir setzen den Wandel fort" (PP) des im Juni gestürzten Regierungschefs Kiril Petkow kam auf 20,2 Prozent. Die Koalitionsverhandlungen dürften schwierig werden.

Borissow war bereits dreimal Ministerpräsident Bulgariens, nach der Wahl im April 2021 gelang es ihm jedoch nicht, eine Regierung zu bilden. Immer wieder wurden Wahlen angesetzt, die Abstimmung am Sonntag war die vierte in nicht einmal zwei Jahren. Die Koalition des zuletzt regierenden Kiril Petkow war im Juni nach nur sechs Monaten im Amt zerbrochen. Eine der vier Parteien hatte die Koalition verlassen, die Unterstützung für eine Minderheitsregierung blieb aus. Ex-Regierungschef Petkow sah Moskau hinter dem Scheitern seines Kabinetts. Vorhaben zur Bekämpfung der Korruption blieben auf der Strecke.

Kiril Petkow gestand die Niederlage seiner Partei ein. Als führende politische Kraft müsse GERB nun Verantwortung übernehmen und eine Regierungskoalition aufstellen, forderte er vor Journalisten. Seine Partei PP hatte vor der Wahl ein Bündnis mit der GERB ausgeschlossen. Die drei Parteien in Petkows früherer Koalitionsregierung aus PP, Sozialisten und dem konservativ-liberal-grünen Bündnis DB kämen zusammen auf rund 38 Prozent.

Vorerst sieben Parteien haben die Vier-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament überwunden. Unter ihnen ist wieder die prorussische und nationalistische Wasraschdane (Wiedergeburt). Die im letzten Parlament kleinste Partei dürfte jetzt mit 10,17 Prozent auf Platz vier aufsteigen - noch vor den zuvor mitregierenden Sozialisten (9,32 Prozent). Das ebenso bisher mitregierende konservativ-liberal-grüne Bündnis Demokratisches Bulgarien (DB) kommt den Angaben zufolge auf 7,46 Prozent. Ins Parlament in Sofia zieht mit 4,64 Prozent auch die neue Partei Bulgarischer Aufschwung (BW) von Ex-Verteidigungsminister Stefan Janew ein.

Bis eine neue Regierung steht, wird ein Übergangskabinett die Geschäfte führen

Petkows Partei wirft Borissow und seiner Partei Korruption vor. Unter dem Motto "Lasst uns unsere Arbeit abschließen" will die PP den Kampf gegen die Korruption weiter fortsetzen. Die im EU-Parlament zur Europäischen Volkspartei (EVP) gehörende GERB versprach unter dem Wahlslogan "Stärker als das Chaos" die Inflation zu zügeln, einem Nato- und EU-Kurs zu folgen und 2024 den Euro einzuführen.

Bulgarien: Harvard-Absolvent Kiril Petkow war angetreten, mit seiner Partei die Korruption in Bulgarien zu bekämpfen.

Harvard-Absolvent Kiril Petkow war angetreten, mit seiner Partei die Korruption in Bulgarien zu bekämpfen.

(Foto: Valentina Petrova/AP)

Bis eine neue Regierung steht, wird ein von Staatschef Rumen Radew eingesetztes Übergangskabinett die Amtsgeschäfte weiter führen. Die Sorgen der rund sieben Millionen Bulgarinnen und Bulgaren drehten sich im Wahlkampf vor allem um die Auswirkungen von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und steigende Preise. Die Inflation lag im August im Vergleich zum Vorjahresmonat bei 17,7 Prozent. Hohe Energiepreise lassen ärmere Menschen einen kalten Winter befürchten. Das Problem der Korruption blieb eher im Hintergrund. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf war Bulgarien im vergangenen Jahr der ärmste Staat der Europäischen Union. Es zeichnete sich eine niedrige Wahlbeteiligung ab. Die amtlichen Ergebnisse wurden erst in den kommenden Tagen erwartet.

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