Süddeutsche Zeitung

EU:Bulgarien macht Schluss mit "goldenen Pässen"

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Das EU-Land vergibt Staatsbürgerschaften an ausländische Investoren. Jetzt will die neue Regierung die umstrittene Praxis abschaffen.

Von Tobias Zick, München

Die bulgarische Regierung macht sich daran, einen wesentlichen Konfliktpunkt in ihrer Beziehung zur Europäischen Union auszuräumen. Künftig sollen in Bulgarien, das seit 2007 EU-Mitglied ist, keine "goldenen Pässe" mehr ausgestellt werden. Dazu hat das Kabinett soeben einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, über den das Parlament noch abstimmen muss.

Das Programm der goldenen Pässe war 2013 von der damaligen Regierung in Sofia geschaffen worden. Es ermöglicht Ausländern, die mindestens 1,05 Millionen Euro ins Land bringen, die bulgarische Staatsbürgerschaft zu erwerben - und damit auch einen EU-Pass. Um die Kriterien zu erfüllen, genügt es, etwa Staatsanleihen zu kaufen oder ein Bankdepot anzulegen. Einer umfassenden offiziellen Erhebung zufolge hat das Programm dem Land tatsächlich keine "echten Investitionen" gebracht.

Die aktuelle Regierung um Ministerpräsident Kiril Petkow ist im Dezember mit dem Versprechen angetreten, Korruption zu bekämpfen. Justizministerin Nadeschda Jordanowa erklärte am vergangenen Samstag, die Behörden hätten zuletzt in mindestens fünf Fällen grobe Regelverletzungen bei den Verfahren zum Erwerb der, wie sie es nennt, "Investitionsbürgerschaften" festgestellt. Bereits im Sommer habe ihr kommissarischer Vorgänger darauf hingewiesen, dass zu dem Zeitpunkt in 47 Fällen der Verdacht auf Regelbrüche bestanden habe - das sind mehr als die Hälfte aller Verfahren seit 2013, die in die Ausstellung eines "goldenen Passes" mündeten.

"Europäische Werte stehen nicht zum Verkauf"

Die Europäische Kommission hat Bulgarien im Juni 2021 aufgefordert, das Programm zu beenden und gedroht, andernfalls ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten - wie im Oktober 2020 bereits gegen die Mitgliedstaaten Zypern und Malta geschehen. "Europäische Werte stehen nicht zum Verkauf", wetterte damals Justizkommissar Didier Reynders mit Blick auf die dortige Praxis der Passvergabe gegen Geld. Kurz zuvor hatten Recherchen des Fernsehsenders Al Jazeera den Vorwurf erhärtet, dass die zyprische Regierung Staatsbürgerschaften an Investoren aus dem Ausland vergab, ohne deren Hintergrund sorgfältig zu prüfen. So hatten etwa mindestens 30 Personen mit Vorstrafen oder laufenden Strafverfahren einen EU-Pass erwerben können.

Daraufhin beschloss Zypern im vergangenen Oktober, mehrere Dutzend an ausländische Investoren vergebene Pässe wieder einzuziehen und Dutzende weitere Pässe erneut zu überprüfen. So hofft Zypern, einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof zu entgehen.

Auch Malta droht ein solches Verfahren. Um die maltesische Staatsbürgerschaft zu erwerben, müssen Antragsteller etwa mindestens ein Jahr lang einen Wohnsitz im Land angemeldet haben, 750 000 Euro investieren und mindestens 10 000 Euro an eine anerkannt gemeinnützige Organisation spenden. Eine internationale Kanzlei, die sich als "offizieller Vertreter" für das staatliche Verfahren präsentiert, bewirbt Malta auf ihrer Website als "attraktiven Ort zum Leben oder zum Besitz einer Zweitwohnung". Ein zusätzlicher Vorteil sei das Reisen mit umstandsloser Visaerteilung oder gar das "visafreie Reisen" an mehr als 185 Ziele.

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