Bulgarien:Deutsch-Türke im Urlaub verhaftet

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Ein Bonner Sozialarbeiter kurdischer Herkunft will mit seiner Frau in Bulgarien Ferien machen - und wird verhaftet. Neun Jahre lang ließ die Türkei ihn suchen, ohne dass er davon wusste.

Von Luisa Seeling, München

Es sollte ein entspannter Strandurlaub werden, doch der Trip war vorbei, bevor er richtig angefangen hatte: Als das Bonner Ehepaar Mehmet und Gülsen Y. am Sonntag in der ostbulgarischen Küstenstadt Warna landete und am Flughafen die Ausweiskontrolle passieren wollte, nahmen die Beamten den 44-jährigen Ehemann fest. Mehmet Y. sei zur Fahndung ausgeschrieben, teilten sie mit, bei Interpol liege eine sogenannte "Red Notice" vor, ein Gesuch mit höchster Dringlichkeit. Wie Y. Ehefrau Gülsen der Süddeutschen Zeitung am Telefon berichtet, wirft die Türkei dem kurdischstämmigen Sozialarbeiter Mitgliedschaft und Beihilfe der verbotenen "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) vor. Mehmet Y. besitzt sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsbürgerschaft, daher besteht die Möglichkeit, dass er von den bulgarischen Behörden an die Türkei ausgeliefert wird. Seit Sonntag befindet er sich in Warna in Polizeigewahrsam. Seine Frau hofft auf die Hilfe der deutschen Behörden. Das Auswärtige Amt bestätigte am Dienstag, dass der Bonner von der Botschaft in Sofia konsularisch betreut wird.

Gülsen Y. sagt, ihr Mann sei in den Neunzigern als Student in der Türkei politisch aktiv, aber in keinerlei terroristische Aktivitäten verstrickt gewesen. Mitte der Neunziger, so berichtet es seine Frau, wurde er wegen angeblicher Tätigkeit für die PKK angeklagt, zeitweise habe er in Untersuchungshaft gesessen, dann sei er einige Jahre untergetaucht. 1999 habe ihn die türkische Justiz in Abwesenheit zu zwölfeinhalb Jahren Haft verurteilt. 2001 sei er nach Deutschland geflohen, wo er Asyl erhielt, 2009 sei er eingebürgert worden. Heute arbeitet Mehmet Y. in einer Bonner Caritas-Einrichtung, er betreut minderjährige Flüchtlinge. Seine Frau sagt, sie hätten von dem Interpol-Gesuch nichts gewusst, seien auch nicht gewarnt worden, sonst wären sie nicht verreist. Erst in Warna hätten sie von den bulgarischen Behörden erfahren, dass es seit 2009 ein solches Gesuch gebe. Seitdem seien sie in vielen EU- und Nicht-EU-Ländern gewesen, nie habe es Probleme gegeben - bis zu diesem Sonntag.

© SZ vom 05.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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