TV-Auftritt des russischen Präsidenten:Putin beruhigt sein Volk

TV-Auftritt des russischen Präsidenten: Ganz viel Putin - vier Stunden lang antwortete Putin auf die Fragen aus dem Volk.

Ganz viel Putin - vier Stunden lang antwortete Putin auf die Fragen aus dem Volk.

(Foto: AFP)
  • In der TV-Sendung Direkter Draht ruft Wladimir Putin die Russen dazu auf, die Sanktionen des Westens als Chance zu sehen.
  • Der russische Präsident macht seinem Volk Hoffnung, dass die Wirtschaft in zwei Jahren wieder wächst.
  • Neben der wirtschaftlichen Lage ist auch die Ukraine ein großes Thema - Putin sagt, im Donbass würden keine russischen Truppen kämpfen.

Putin verspricht Wachstum in den kommenden zwei Jahren

Sie habe Angst um ihre Kinder, sagt die Frau, Angst, dass der Krieg auch nach Russland komme. "Das wird nicht passieren", beruhigt sie der russische Präsident Wladimir Putin. Der Ukraine-Konflikt, die Sanktionen des Westens, die wirtschaftliche Situation Russlands - all das ist Thema in der vierstündigen TV-Sendung Direkter Draht, bei der Bürger Putin Fragen stellen können. Bei der inszenierten Bürgersprechstunde beruhigt er, wischt Ängste beiseite.

So ruft er seine Landsleute auf, die Strafmaßnahmen des Westens in der Ukraine-Krise als Chance und nicht als Last zu sehen. "Es geht nicht um die Sanktionen, sondern darum, dass wir unsere Wirtschaft nach modernen Methoden organisieren." Russland müsse die Strafmaßnahmen zur Entwicklung nutzen. Derzeit sehen sich viele Russen mit Massenentlassungen und Lohnkürzungen konfrontiert.

Putin räumt ein, dass die russische Wirtschaft wegen des Ölpreis-Verfalls und der Sanktionen Probleme habe. Dennoch sei es möglich, dass die Wirtschaft in etwa zwei Jahren oder auch schneller die Rückkehr zu Wachstum schaffe. Der Rubel ist seit Jahresbeginn kräftig gestiegen - doch die Lage ist alles andere als stabil. Die russische Wirtschaft dürfte nach Einschätzung der nationalen Notenbank in diesem Jahr zwischen 3,5 und vier Prozent schrumpfen und 2016 erneut ein bis 1,6 Prozent verlieren.

Keine russischen Truppen in der Ukraine

Der ukrainischen Führung macht Putin schwere Vorwürfe. Kiew habe eine wirtschaftliche Blockade gegen die durch prorussische Separatisten kontrollierten Gebiete verhängt. Renten und andere soziale Hilfen würden nicht ausgezahlt. Gleichzeitig besteitet Putin, dass in der Ostukraine auch russische Soldaten kämpfen. "Ich sage es geradeheraus: Es gibt keine russischen Truppen in der Ukraine" - eine fragwürdige Aussage.

Im vergangen Jahr hatte er eingeräumt, dass bei der Annexion der Krim russische Soldaten beteiligt waren. Davor hatte es geheißen, es handle sich lediglich um Milizionäre. Außerdem hat der russische Präsident während einer anderen TV-Sendung detailliert erzählt, wie er selbst die Operation auf der Krim vorangetrieben hat.

Ermordung von Nemzow "tragisch und beschämend"

Auf die Ermittlungen im Mordfall Boris Nemzow angesprochen sagt Putin, man wisse noch nicht, wer die Hintermänner seien. Der Oppositionspolitiker Nemzow war am 27. Februar in der Nähe des Kremls getötet worden. "Tragisch und beschämend" sei dieser Vorfall. Doch Putin lobt die Arbeit der Ermittler: Bereits einen Tag später habe man einen Verdächtigen geschnappt. Was Putin nicht sagt: An dessen Schuld gibt es berechtigte Zweifel.

Kreml-Chef über den Deal mit Iran

Putin verteidigt die Ausfuhrgenehmigung für das russische Luftabwehrsystem S-300 an Iran gegen Kritik des Westens. Die Anlage "gefährdet Israel absolut nicht", sagt Putin. Angesichts der Unruhen im Nahen Osten, vor allem im Jemen, seien solche Waffen "ein stabilisierender Faktor". Der russische Präsident hatte den Export vor wenigen Tagen erlaubt, nachdem sein Vorgänger Dmitrij Medwedjew ihn 2010 wegen des Atomstreits mit Iran ausgesetzt hatte. "Iran demonstriert (im Atomstreit, Anm. d. Red.) eine große Flexibilität und den offenen Wunsch zum Kompromiss", befindet Putin in der vom Staatsfernsehen übertragenen Sendung.

Der Konflikt sei bis auf "einige technische Fragen" beigelegt. Deswegen sehe er keinen Grund, das vor Jahren für 900 Millionen US-Dollar (etwa 850 Millionen Euro) bestellte Raketensystem nicht an Iran zu verkaufen. Den S-300-Antrag eines anderen arabischen Staates habe Russland nach Sicherheitsbedenken Israels abgelehnt, so Putin. Den Namen des Landes nennt er nicht. Russische Medien hatten berichtet, Syrien habe Interesse an einem solchen Abwehrsystem geäußert.

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