Bürgerschaftswahlen:Magere Zeiten an Alster und Elbe

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Peter Tschentscher (links), Hamburgs Erster Bürgermeister, und sein Vorgänger Olaf Scholz stehen für eine bürgerlich-liberale SPD.

(Foto: Chris Emil Janßen/imago)

Nach der Scholz-Niederlage im SPD-Mitgliederentscheid droht Hamburgs SPD ein Härtetest.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Beim SPD-Bundesparteitag saßen sie eine Zeit lang nebeneinander, Peter Tschentscher hat das Foto getwittert und gepostet. Er, Hamburgs Erster Bürgermeister. Und Olaf Scholz, sein Vorgänger, der Bundesfinanzminister und Vizekanzler ist, aber plötzlich kein Mitglied der Parteiführung mehr. "Gelegenheit zum Gespräch mit dem beliebtesten Politiker Deutschlands", schrieb Tschentscher mit zwinkerndem und grinsendem Smiley. Er hätte sich eindeutig den laut ARD-Deutschlandtrend neben Bundeskanzlerin Angela Merkel auf einmal beliebtesten Politiker Deutschlands als SPD-Vorsitzenden gewünscht.

Die Hamburger Bürgerschaftswahlen am 23. Februar 2020 werden nun zeigen, wie es um die Beliebtheit von Peter Tschentscher und der SPD in der Freien und Hansestadt bestellt ist. Es wird der erste Härtetest nach dem Machtwechsel bei den Sozialdemokraten, und natürlich begleitet die Niederlage des hanseatischen Pragmatikers Scholz gegen das irgendwie linke Duo Esken/Walter-Borjans fürs erste diesen Wahlkampf.

Olaf Scholz war ja der Mann, der den Genossen diese Hochburg an Alster und Elbe nach mageren Zeiten wieder erobert hatte. Ab 2011 regierten die Hamburger Genossen unter Scholz allein und seit 2015 mit den Grünen, beides weitgehend problemlos, wobei Scholz vor dem Desaster G 20 im Sommer 2017 in Hamburg populärer war als danach. Nach seinem Wechsel im März 2018 in die Bundesregierung übernahm der vormalige Finanzsenator Tschentscher seinen Job. Jetzt fragt sich, was der Umbau im Willy-Brandt-Haus für das schöne Rathaus bedeutet.

In den Umfragen lag die Hamburger SPD zuletzt wieder vorne, aber zwischendurch auch mal gleichauf mit den Grünen und einmal sogar hinter dem Koalitionspartner. Deren Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank fordert ihren Chef Tschentscher als Spitzenkandidatin heraus, die Grünen haben sogar ein eigenes Regierungsprogramm erstellt. Diese Hamburger Wahlen dürften spannend werden, das ahnen auch der Bürgermeister Tschentscher und die hier lange so ungefährdete SPD.

Scholz' Niederlage an der Basis war dabei nicht von Vorteil, denn Scholz verkörpert die liberale, bürgerliche Hamburger SPD. 13 Jahre lang war er deren Vorsitzender gewesen, ehe nach seinem Umzug nach Berlin Melanie Leonhard den Landesvorsitz übernahm. Der sanfte Labormediziner Tschentscher musste sich als sein Nachfolger im Bürgermeisteramt erst dem Publikum bekannt machen, was ihm dank vieler Spätschichten gelang, ansonsten folgt er dem Kurs seines Förderers Scholz. Eine linkere SPD, wie sie sich die neue Spitze der Bundespartei vorstellt, würde sich in Hamburg schwertun.

2019 steht Hamburg deutlich besser da als vor der Ära Scholz/Tschentscher, als noch nicht mal an eine Fertigstellung der Elbphilharmonie zu denken war. In einem Wirrwarr von Baustellen geht es voran in der staufreudigen Nordmetropole, trotz großer Bedenken wird sogar die Elbe ausgebaggert. Auch einen Klimaplan hat Rot-Grün gerade präsentiert, bisher war Umweltpolitik nicht die allergrößte Stärke der Hamburger SPD. "Die ganze Stadt im Blick", lautet ihr Wahlmotto. "Wirtschaftsstark, weltoffen, klimafreundlich und lebenswert für alle" sei "die Zukunftsstadt Hamburg", sprach Tschentscher Ende November beim Landesparteitag, wo ihn 99 Prozent der Delegierten als Spitzenkandidaten bestätigten. Kurz danach kam aus Berlin die Meldung, dass Olaf Scholz gegen Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans verloren hatte.

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