Bürgerschaft - Hamburg:CDU nach Wahlschlappe auf der Suche nach sich selbst

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Roland Heintze (CDU), Landesvorsitzender seiner Partei in Hamburg. Foto: Axel Heimken/dpa (Foto: dpa)

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Hamburg (dpa/lno) - Hamburgs CDU-Landesvorsitzender Roland Heintze und Spitzenkandidat Marcus Weinberg haben Verantwortung für die Schlappe bei der Bürgerschaftswahl übernommen - unmittelbare personelle Konsequenzen aber ausgeschlossen. Heintze sprach am Donnerstagabend bei einem Parteitag angesichts der 11,2 Prozent von einem "bitteren", Weinberg von einem "sauschlechten" Wahlergebnis. Veränderungen auch personeller Art seien nötig, sagte Heintze, warnte aber vor "Schnellschüssen". Nach dem Wahldesaster waren personelle Konsequenzen im Landesvorstand und an der Fraktionsspitze gefordert worden, unter anderem von Alt-Bürgermeister Christoph Ahlhaus.

Zunächst müsse die CDU es schaffen, an Profil zu gewinnen und eine kampagnenfähige Organisation zu bilden - "und dann müssen wir uns entscheiden, welchen Köpfen wir das zutrauen", sagte Heintze, der es ebenso wie Weinberg nicht geschafft hatte, über die Landesliste in die Bürgerschaft einzuziehen. Der Landesvorstand der CDU soll von einem Parteitag im Juni neu bestimmt werden.

Im Zweikampf der Bürgermeisterkandidaten von SPD und Grünen sei die CDU "unter die Räder gekommen, wir kamen nicht mehr vor", sagte Heintze. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) habe es in kurzer Zeit geschafft, sich einen Amtsbonus anzueignen, der ihn in vielen Bereichen wählbar gemacht habe, "auch für unsere Wähler". Der Eklat bei der Wahl des thüringischen Ministerpräsidenten mit Stimmen der CDU und AfD und in der Folge die Rücktrittsankündigung der CDU-Bundesvorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer hätten den Wahlkampf ebenfalls erschwert. "Das ändert aber nichts daran, dass wir uns hier neu aufstellen müssen - und nicht in Berlin oder Thüringen."

Heftige Kritik kam vom Landesvorsitzenden der Jungen Union, Philipp Heißner. Das dritte jeweils historisch schlechteste Ergebnis der CDU bei Bürgerschaftswahlen in Folge habe "auch zu tun mit der personellen und inhaltlichen Performance". Die CDU dringe bei den Wählern nicht mehr mit eigenen Themen durch. "Sie nehmen es uns nicht mehr ab, weil es nicht funktioniert, anderen hinterherzulaufen." Dabei hätte es mit G9 (Abitur nach 13 Schuljahren), der linksautonomen Roten Flora und den Schulden der Stadt klassische CDU-Wahlkampfthemen gegeben. "Das einzige, was wir gewonnen haben, ist Anschlussfähigkeit an andere Parteien, und das, was wir verloren haben, ist Anschlussfähigkeit an die Bürger dieser Stadt."

Auch der Bürgerschaftsabgeordnete Dennis Thering beklagte fehlende Botschaften im Wahlkampf. "Wenn wir selbst nicht mehr wissen, wofür wir stehen", sei es auch schwer, die Wähler zu überzeugen. "Da waren andere Parteien einfach besser."

Der Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries warnte vor einer Konzentration darauf, ob man sich nun konservativ oder als liberale Großstadtpartei präsentieren wolle. Solche Diskussionen gingen an der Lebenswirklichkeit der Menschen vorbei. Zugleich prangerte er Brüche in der Wahlkampfstrategie Weinbergs an. Ein "Flirt mit den Grünen" habe diejenigen Wähler der SPD zugetrieben, die eine grüne Bürgermeisterin verhindern wollten. Ein spätes Bekenntnis zu einer Deutschland-Koalition mit SPD und FDP sei zwar richtig gewesen, "aber es war das Gegenteil dessen, was die Menschen vorher wahrgenommen haben".

Weinberg habe die Spitzenkandidatur übernommen, weil sich ansonsten niemand gefunden habe, Verantwortung zu tragen, sagte de Vries. Dies müsse bei der anstehenden personellen Neuaufstellung der CDU anders werden. "Das müssen auch die Köpfe sein, die in fünf Jahren bereit sind, Verantwortung zu übernehmen."

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