Bürgerkrieg in Syrien:Planen für die "Stunde null"

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Deutschland bietet Syriens Opposition Hilfe beim Wiederaufbau des Landes an. Außenminister Westerwelle will den Gegnern von Präsident Assad helfen, wirtschaftliche Konzepte für die Zeit nach dem Bürgerkrieg zu entwickeln. Ein Sekretariat in Berlin steht der Wirtschafts-Arbeitsgruppe schon jetzt zur Verfügung.

Daniel Brössler

Die Bundesregierung will der syrischen Opposition helfen, sich mit wirtschaftlichen Konzepten für die Zeit nach dem Bürgerkrieg zu profilieren, und so das Regime von Präsident Baschar al-Assad unter Druck zu setzen. Mehrere Vertreter der Opposition sollen an diesem Dienstag an einem internationalen Treffen zum wirtschaftlichen Wiederaufbau Syriens im Auswärtigen Amt teilnehmen.

"Auch wenn niemand vorherzusagen vermag, wie lange das Assad-Regime noch seine Gewalt gegen das eigene Volk ausüben kann: Wir sind gut beraten, schon jetzt einen politischen und wirtschaftlichen Neuanfang in Syrien für die Zeit nach dem Abgang von Assad vorzubereiten", sagte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) am Sonntag der Süddeutschen Zeitung. Angesichts der zunehmenden Zerstörung des Landes sei das "ein ganz wichtiges Projekt für die Zeit nach Assad".

Das Treffen ist Teil von Bemühungen der "Freundesgruppe des syrischen Volkes", in der sich seit Anfang des Jahres etwa 100 Staaten zusammengefunden haben, um angesichts der Russland und China angelasteten Blockade des UN-Sicherheitsrates Lösungen für Syrien zu suchen. Zusammen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten führt Deutschland in der Freundesgruppe einen Arbeitskreis, der sich dem "wirtschaftlichen Wiederaufbau und der Entwicklung" widmet. An ihm beteiligen sich etwa 60 Delegationen; die Gruppe hat bereits mehrmals getagt. Während des Treffens am Dienstag sollen syrische Oppositionelle eingebunden werden. So werden der Präsident des Syrischen Nationalrates (SNR), Abdulbaset Sieda, erwartet und Vertreter des Syrischen Wirtschaftsforums.

Konkret geht es der Arbeitsgruppe in zweierlei Hinsicht um Vorarbeiten für die "Stunde null", also den Sturz Assads. Zum einen soll verhindert werden, dass die Infrastruktur und die Grundversorgung der Bevölkerung mit dem Kollaps des Regimes zusammenbrechen. Zum anderen sollen Konzepte für eine Neuausrichtung der bislang stark staatsdirigistisch geprägten syrischen Wirtschaft entwickelt werden. In einer "Nationalen Ökonomischen Vision für das neue Syrien" hatte sich der SNR bereits im Mai für marktwirtschaftliche Reformen und Korruptionsbekämpfung ausgesprochen.

Büro für die Wirtschafts-Arbeitsgruppe ist bereits eingerichtet

Die Menschen in Syrien verdienen unsere Unterstützung. Sie wünschen sich einen friedlichen, demokratischen Wandel, aber brauchen auch eine echte wirtschaftliche und soziale Perspektive für einen Neuanfang nach Assad", sagte Außenminister Westerwelle. Mit einer deutschen Anschubfinanzierung von 600.000 Euro ist in Berlin bereits ein Sekretariat der Wirtschafts-Arbeitsgruppe eingerichtet worden. An dem Berliner Treffen sollen Vertreter von Regierungen und internationalen Organisationen sowie Experten teilnehmen.

Der neue internationale Syrien-Vermittler Lakhdar Brahimi dämpfte derweil Erwartungen an seine Möglichkeiten. "Die Konfliktparteien haben sehr starre Ansichten", sagte er dem Nachrichtensender al-Dschasira. Er werde mit allen Seiten reden. Letztlich liege es aber an den Konfliktparteien selbst, Syrien aus der Krise zu führen. Die Entsendung arabischer Truppen werde derzeit nicht erwogen, erklärte er im Programm des Senders al-Arabija. "Ein militärisches Eingreifen in Syrien bedeutet das Scheitern der diplomatischen Bemühungen", bekräftigte er.

Bei einem Bombenanschlag in einer Vorstadt von Damaskus sind in der Nacht zum Sonntag nach Angaben der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur Sana mindestens 15 Menschen getötet worden. Der Sprengsatz sei in einem Fahrzeug nahe des palästinensischen Flüchtlingslagers in Al-Sbeineh explodiert. Nach Angaben der Opposition haben Rebellen am Wochenende Einrichtungen der syrischen Luftwaffe angegriffen. In Deir al-Sor im Osten des Landes sollen die Aufständischen demnach ein Gebäude der Luftstreitkräfte erobert haben.

© SZ vom 03.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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