Süddeutsche Zeitung

Obamas Geheimerlass:CIA soll Rebellen in Syrien unterstützen

CIA-Unterstützung für die syrischen Rebellen: Medienberichten zufolge hat US-Präsident Obama einen Geheimerlass unterzeichnet, der verdeckte Hilfe für die Aufständischen genehmigt. Die könnte allerdings ein angebliches Hinrichtungsvideo in Erklärungsnot bringen.

Nach einem Medienberichten soll Präsident Barack Obama bereits vor einiger Zeit einen Geheimerlass unterzeichnet haben, der amerikanische Hilfe für die syrischen Rebellen erlaubt. Die Anordnung genehmigt verdeckte Unterstützung des Geheimdienstes CIA und anderer Organisationen für syrische Aufständische. Der Sender CNN berief sich in seinem Bericht vom Mittwoch auf US-Regierungskreise.

Wann genau Obama die Anordnung unterzeichnete, war nicht bekannt. Nach Angaben der Gewährspersonen sei dies aber in den vergangenen Monaten geschehen. Auch über die genaue Art der genehmigten Unterstützung war nichts bekannt. Während des Libyen-Kriegs hatte Obama eine ähnliche Direktive zur Unterstützung der gegen den damaligen Machthaber Muammar al-Gaddafi kämpfenden Rebellen unterzeichnet. Das Weiße Haus wollte die Berichte nicht kommentieren, stritt aber nicht explizit ab, dass die Rebellen verstärkt mit Geheimdienstinformationen versorgt würden.

Nach eigenen Angaben richtete die US-Regierung zudem ein Budget von 25 Millionen Dollar (20 Millionen Euro) zur Unterstützung der Rebellen in Syrien ein. Sie erhalten das Geld für sogenannte "nicht tödliche" Ausrüstung, darunter Medizin und Kommunikationstechnik. Die Zahl nannte der Sprecher des Außenministeriums am Mittwoch in einer Pressekonferenz in Washington. Die Summe sei zuletzt um zehn Millionen Dollar angehoben worden. Ein großer Teil des Geldes sei bereits ausgegeben.

Die finanzielle Hilfe dient den Angaben zufolge nicht dem Kauf von Waffen. Eine Bewaffnung der Rebellen im Kampf gegen das Regime von Baschar al-Assad hat die US-Regierung bislang ausgeschlossen. Washington stellt zudem 64 Millionen Dollar für humanitäre Hilfe durch die Vereinten Nationen und andere Gruppen zur Verfügung.

Angebliche Hinrichtung von Assad-Anhängern

Unterdessen gibt es Berichte, dass in der Millionenmetropole Aleppo mehrere örtliche Anführer der gefürchteten regimetreuen Schabiha-Miliz von Aufständischen hingerichtet wurden. Ein Video, das am Mittwoch auf der Internet-Plattform YouTube auftauchte, zeigt, wie mehrere Männer in Unterhosen in einen Schulhof geführt, an eine Mauer gesetzt und anschließend mit halbautomatischen Waffen erschossen werden.

In der englischen Beschreibung wird einer der Hingerichteten als Ali Sain al-Abdin Barre ("Zeno") beschrieben. Als Chef des Barre-Clans und der von ihm gebildeten lokalen Schabiha-Miliz soll er für die Tötung von 15 Aufständischen verantwortlich gewesen sein. Die Schabiha-Milizen haben beim Kampf gegen Regimekritiker völlig freie Hand und stehen dabei praktisch außerhalb des Gesetzes.

Die Echtheit der Aufnahmen kann nicht unabhängig überprüft werden. Der Vorfall könnte demnach die Widerstandsbewegung gegen Präsident Baschar al-Assad, die sich in einem moralisch gerechtfertigten Kampf gegen ein autoritäres Regime sieht, in Erklärungsnot bringen.

Aktivisten berichten hingegen, syrische Regierungstruppen hätten nahe der Hauptstadt Damaskus ein Blutbad angerichtet. Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London mitteilte, nahmen die Sicherheitskräfte bei einer Razzia in der Ortschaft Dschdaidet Artus südwestlich von Damaskus am Mittwoch rund hundert junge Menschen fest. Sie seien zu einer Schule gebracht und dort gefoltert worden. Am Donnerstagmorgen seien dann die Leichen von 43 Menschen gefunden worden, einige von ihnen seien hingerichtet worden, hieß es in der Mitteilung der Beobachtungsstelle. Eine unabhängige Bestätigung des Berichts gab es zunächst nicht.

Im syrischen Bürgerkrieg eskalieren mehr und mehr die Kämpfe um die Wirtschaftsmetropole Aleppo. Die syrischen Streitkräfte setzten im Kampf um Aleppo verstärkt Militärjets ein. "Gestern haben unsere Beobachter zum ersten Mal Schüsse aus einem Kampfflugzeug beobachtet", sagte die Sprecherin der UN-Mission in Syrien, Sausan Ghosheh. Sie beschrieb den "massiven Einsatz von schweren Waffen, darunter Panzer, Hubschrauber, Maschinengewehre, ebenso wie Artillerie" und machte ihre Besorgnis über die Lage in der nordsyrischen Stadt deutlich.

Um die Lufthoheit der Regierungstruppen zu schwächen, haben Rebellen einen Militärflughafen des Regimes in der Nähe von Aleppo angegriffen. Dabei setzten sie am Donnerstag auch einen Panzer ein, den sie zuvor von den Regimetruppen erbeutet hatten, teilten die Syrischen Menschenrechtsbeobachter in London mit. Am Militärflughafen Minag, 30 Kilometer nordwestlich von Aleppo, sind nach diesen Angaben jene Hubschrauber stationiert, mit denen die Regimetruppen die Stellungen der Aufständischen in Aleppo beschießen.

Auch UN-Beobachter berichteten, dass die Aufständischen weiter aufrüsteten und inzwischen schwere Waffen und Panzer hätten. Die Herkunft war zunächst unklar. Die Freie Syrische Armee (FSA) wird von den Golfstaaten Katar und Saudi-Arabien unterstützt.

Abstimmung in UN-Vollversammlung erst am Freitag

Eine Abstimmung der UN-Vollversammlung über einen symbolischen Resolutionsentwurf, in dem Präsident Baschar al-Assad zum Rücktritt aufgefordert wird, wurde auf Freitag verschoben. Der von arabischen Ländern initiierte Resolutionsentwurf sieht eine Machtübergabe an eine Übergangsregierung vor. In dem Papier werden die syrischen Streitkräfte zudem zu einer Einstellung von Bombardements und Hubschrauberangriffen und zum Rückzug in ihre Kasernen aufgefordert.

Zugleich wird das "Versagen des UN-Sicherheitsrats" bedauert - indirekt werden damit China und Russland kritisiert, die in drei Fällen mit ihrem Veto gegen Resolutionen Sanktionen gegen Damaskus verhinderten. Der von Saudi-Arabien ausgearbeitete Resolutionsentwurf gilt als Versuch, die Blockade im UN-Sicherheitsrat zu umgehen. Gleichzeitig sei die Sitzung der UN-Vollversammlung zum Syrien-Konflikt auch ein Ausdruck der Frustration über die Ereignisse in dem Land und die Unfähigkeit der internationalen Gemeinschaft, ein Ende der Gewalt herbeizuführen, sagte der Sprecher von UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon, Martin Nesirky.

Die aus 193 Mitgliedsstaaten bestehende UN-Vollversammlung kann eine Resolution rechtlich gesehen nicht durchsetzen. Die Verabschiedung einer Syrien-Resolution hätte lediglich symbolischen Charakter. Die Abstimmung war ursprünglich für den heutigen Donnerstag vorgesehen.

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