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Bürgerkrieg in Syrien:Erdogan beschuldigt Assad, Giftwaffen eingesetzt zu haben

Der Gebrauch von Chemiewaffen gilt für die USA als "rote Linie" im Syrien-Konflikt. Diese habe Assad schon lange überschritten, sagt jetzt der türkische Premier Erdogan. Er habe Beweise dafür, dass die syrische Armee die verbotenen Kampfstoffe eingesetzt habe.

Syriens Präsident Baschar al-Assad hat nach Worten des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan Raketen mit Chemiewaffen auf seine Gegner abgefeuert. Auf die Frage, ob mit dem Einsatz von C-Waffen die von US-Präsident Barack Obama gezogene rote Linie überquert wurde, sagte Erdogan laut einem Interview-Transkript dem US-Fernsehsender NBC. Das habe Assad schon "vor langer Zeit" getan.

"Es ist eindeutig, dass das Regime chemische Waffen und Raketen genutzt hat. Gemäß unserem Geheimdienst haben sie etwa 200 Raketen eingesetzt", zitiert NBC den Regierungschef. Erdogan verwies auf Teile von Raketen, die man gefunden habe und die auf eine Bewaffnung mit Kampfstoffen schließen ließen. Außerdem seien bei verletzten syrischen Flüchtlingen entsprechende Symptome festgestellt worden. "Es wurden Patienten in unsere Krankenhäuser gebracht, die durch diese chemischen Waffen verletzt wurden", sagte Erdogan. Er ließ offen, ob alle 200 Raketen mit Chemiewaffen ausgestattet waren.

Türkei will Geheimdienstinformationen teilen

Zugleich kündigte er an, die Informationen des türkischen Geheimdienstes dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zur Verfügung zu stellen. Die USA hatten Staatschef Assad wiederholt vor dem Einsatz chemischer Waffen gewarnt. Ihr Einsatz ist weltweit verboten. Die Regierung in Damaskus hat bestritten, derartige Waffen benutzt zu haben. Den USA zufolge gibt es Hinweise für den Einsatz von Chemiewaffen in Syrien, allerdings ist unklar, wer sie eingesetzt hat.

Erdogan forderte die US-Regierung auf, in dem Konflikt "mehr Verantwortung zu übernehmen und weitere Schritte zu unternehmen". Darüber wolle er mit Obama bei einem Treffen in der kommenden Woche beraten. Die Türkei würde nach seinen Worten eine Flugverbotszone in Syrien unter Führung der USA unterstützen. Sein Land hätte von Anfang an "Ja" zu einem solchen Einsatz gesagt, sagte Erdogan dem Interview-Transkript zufolge.

Eine Flugverbotszone könnte Luftangriffe der syrischen Armee auf die Rebellen unterbinden. Die Festlegung einer solchen Zone erfordert aber auch deren Durchsetzung mit militärischen Mitteln. US-Kampfflugzeuge müssten sie überwachen, Verletzungen ahnden und Ziele in Syrien angreifen - einschließlich des Risikos von Opfern bei den US-Streitkräften. Ein solches Engagement sei in naher Zukunft eher unwahrscheinlich, hieß es in US-Sicherheitskreisen.

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Süddeutsche/dpa/AFP/Reuters/jasch/mane
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