Bürgerkrieg in Syrien:Brahimi will Militär-Intervention vermeiden

Weltweit wird die Bestellung des neuen Syrienvermittlers Lakhdar Brahimi begrüßt, viele Länder sichern im Unterstützung zu. Trotzdem scheint der Frieden ferner denn je. Während die UN-Beobachter das Land verlassen, lässt das Assad-Regime ohne Skrupel Wohnviertel bombardieren und dementiert die erneute Flucht eines hochrangigen Regierungsmitglieds.

Nach seiner Berufung zum neuen Syrien-Gesandten der Vereinten Nationen hat Lakhdar Brahimi große Skepsis geäußert, was ein mögliches militärisches Eingreifen in dem Land angeht. Über eine militärische Option zu sprechen, gleiche einem Eingeständnis des diplomatischen Versagens, sagte der ehemalige algerische Außenminister. Er hoffe sehr, dass eine militärische Intervention nicht nötig sei.

Interfax: Brahimi übernimmt Vermittlerrolle im Syrien-Konflikt

Der neue UN-Vermittler im Syrien-Konflikt, Lakhdar Brahimi, hofft auf eine Lösung ohne militärische Intervention.

(Foto: dpa)

Die USA und die Europäische Union sicherten dem neu ernannten Syrien-Sondergesandten ihre volle Rückendeckung zu. Auch China begrüßte die Berufung Brahimis. Die Volksrepublik hat gemeinsam mit Russland drei Mal Resolutionen des UN-Sicherheitsrates blockiert, mit denen der Druck auf Staatschef Baschar al-Assad hätte erhöht werden sollen. Beobachter vermuten, dass dies unter anderem auf Sorgen Pekings zurückzuführen ist, eine Resolution des Sicherheitsrats könnte Grundlage für eine internationale Militärintervention in Syrien sein.

Brahimi löst Kofi Annan ab, der den Posten nach erfolglosen Bemühungen um eine Waffenruhe in Syrien Anfang des Monats aufgab. Sein Mandat endet am 31. August. Der frühere UN-Generalsekretär hatte unter anderem eine mangelnde Unterstützung des in der Syrien-Frage zutiefst zerstrittenen UN-Sicherheitsrats beklagt.

Russland lehnt Flugverbotszone ab

Russland lehnt die Einrichtung einer Flugverbotszone im Syrien-Konflikt ab. Dies wäre eine Verletzung der Souveränität des arabischen Landes, sagte Außenminister Sergej Lawrow dem Sender Sky News Arabia zufolge. Die USA und die Türkei hatten erklärt, sie würden alle Maßnahmen prüfen, die den Rebellen im Kampf gegen Präsident Baschar al-Assad helfen könnten. Offiziell hat jedoch noch kein Mitglied des UN-Sicherheitsrats eine Flugverbotszone gefordert.

Eine schnelle Lösung ist zwar auch weiterhin nicht in Sicht, doch immerhin machte Lawrow ein kleines Zugeständnis: Russland werde keine neuen Waffenverträge mit Syrien abschließen. "Wir haben schon oft gesagt, dass wir alte Kontrakte erfüllen. Neue werden wir aber vorerst nicht abschließen", sagte Lawrow.

Der Westen wirft Moskau vor, das syrische Regime im Kampf gegen die Aufständischen mit Waffen zu versorgen. Eine Flugverbotszone über dem arabischen Land, wie sie die Rebellen fordern, lehnte Lawrow als "Verletzung der UN-Charta" scharf ab.

Regime dementiert Flucht des Vize-Präsidenten

Unterdessen haben Assads Truppen in der Nacht zum Samstag mehrere Wohnviertel in der umkämpften Stadt Aleppo bombardiert. Beim Beschuss des Bezirks Bustan al-Kasr wurde auch ein örtlicher Rebellenkommandant getötet, berichteten die Syrischen Menschenrechtsbeobachter in London. Zudem seien das Stadtviertel Chaldije der Rebellenhochburg Homs sowie die Stadt Hirak in der südlichen Provinz Daraa beschossen worden.

UN ends Syria observer mission

Die UN-Beobachter ziehen sich aus Syrien zurück. Die Mission endet nach der Entscheidung des Weltsicherheitsrates am Sonntag.

(Foto: dpa)

Erneut bombardiert wurde auch der Ort Asas bei Aleppo. Dies teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London mit. Bei einem Luftangriff auf einen Stützpunkt der Aufständischen in der 70.000-Einwohner-Stadt nahe der türkischen Grenze waren am Mittwoch nach Angaben der Beobachtungsstelle fast 40 Menschen getötet worden. Nach Angaben der Beobachtungsstelle wurden am Freitag bei landesweiten Kämpfen 129 Menschen getötet, darunter 90 Zivilisten, zehn Rebellen und 29 Soldaten.

UN-Beobachtermission endet am Sonntag

Trotz der andauernden Kämpfe begannen die verbliebenen UN-Beobachter mit dem Rückzug aus dem Land. Die Beobachtermission endet nach einer Entscheidung des Weltsicherheitsrats an diesem Sonntag. UN-Sprecherin Juliette Touma sagte, die noch rund 100 verbliebenen Beobachter der 300 Mann starken Mannschaft würden im Laufe des Samstag das Land verlassen.

Der UN-Sicherheitsrat hatte angesichts der gescheiterten internationalen Bemühungen um eine Eindämmung der Gewalt in Syrien das Ende der Beobachtermission beschlossen. Die Vereinten Nationen wollen nun ein kleines Verbindungsbüro in dem Land belassen, das künftige Friedensbemühungen unterstützen soll.

Zerfällt Assads Regierung?

Nachdem in den vergangenen Wochen bereits hochrangige Mitglieder der Assad-Regierung aus dem Land geflüchtet sind, hoffen viele Oppositionelle auf den Zerfall des Regimes. Jüngste Berichte über die Flucht von Vize-Präsident Faruk al-Schara hat die syrische Regierung jedoch dementiert. Al-Schara habe "keinen Moment lang daran gedacht, das Land zu verlassen", zitierte das Staatsfernsehen am Freitag aus einer Erklärung seines Büros.

Arabische Fernsehsender hatten unter Berufung auf die Rebellen berichtet, al-Schara habe sich nach Jordanien abgesetzt. Die Führung der oppositionellen Freien Syrischen Armee erklärte am Samstag, nach "vorläufigen Informationen" habe es einen "Versuch der Desertion" gegeben, der jedoch gescheitert sei.

Seit Beginn des Konflikts in Syrien im März 2011 sind zahlreiche ranghohe Militärs zur Opposition übergelaufen. Der bisher ranghöchste Politiker, der die Seiten gewechselt hat, ist Regierungschef Riad Hidschab. Dieser hält sich nach Angaben von Rebellen und eines Verwandten in Katar auf und will dort möglicherweise seine Zukunftspläne bekannt geben. Hidschab besuche für drei Tage das Golfemirat, berichteten zwei Angehörige der Freien Syrischen Armee. Katar gehört zu jener Gruppe von Golfstaaten, die die Rebellen unterstützen.

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