Sozialpolitik:Bürgergeld passiert den Vermittlungsausschuss

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil  ist mit dem Kompromiss zum Bürgergeld, der mit der Opposition gefunden wurde, zufrieden.

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil nennt das Bürgergeld einen "wirklichen Kulturwandel".

(Foto: Christophe Gateau/dpa)

Regierung und Opposition haben sich bei der umstrittenen Sozialreform auf einen Kompromiss geeinigt. Dem hat jetzt auch das Vermittlungsgremium von Bundestag und Länderkammer zugestimmt.

Millionen Bedürftige können im neuen Jahr auf höhere staatliche Leistungen und eine gründlichere Betreuung durch die Jobcenter hoffen. Nach der grundsätzlichen Einigung zwischen Ampel-Koalition und CDU/CSU-Opposition stimmte am Mittwochabend auch der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat den Neuerungen zu. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen.

Das Gesetz muss noch von beiden Häusern formal bestätigt werden. Das gilt nun als sicher. Die Reform soll das alte Hartz-IV-System ablösen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) versprach zuvor schon in der Generaldebatte im Bundestag: "Wir sorgen dafür, dass Arbeit sich mehr lohnt als zu jedem Zeitpunkt einer CDU-geführten Bundesregierung."

Von Januar an gibt es mehr Geld für die Bezieher

Das Bürgergeld soll zum 1. Januar mit deutlich höheren Regelsätzen in der Grundsicherung starten. Wesentliche Teile der Reform sollen aber erst zum 1. Juli in Kraft treten: So sollen die Jobcenter mit jeder und jedem betroffenen Arbeitslosen einen Plan aufstellen, in dem der vorgesehene Weg zurück zu regulärer Arbeit festgelegt wird. Scholz verteidigte die Reform gegen frühere Kritik aus der Union. Was die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP von CDU und CSU unterscheide, sei "offenbar das Bild, das wir von den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes haben".

Die Union hatte verschiedene Regelungen als zu milde bemängelt und gewarnt, dass dies auf Kosten von Steuer- und Beitragszahlern gehen könne. Weil die Länderkammer anders als der Bundestag dem Entwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nicht zugestimmt hatte, hatte die Bundesregierung den Vermittlungsausschuss angerufen. Durch den Kompromiss vom Dienstag zeichnete sich ab, dass dieser zustimmen würde. Die Sitzung dauerte dann auch verhältnismäßig kurz.

Von der Linken kommt Kritik

"Dies ist ein vertretbarer Kompromiss", sagte CDU-Chef Friedrich Merz am Mittwochabend nach der Einigung. Er gehe "davon aus, dass es bei allen von der Union regierten und mitregierten Ländern eine Zustimmung gibt". SPD-Chef Lars Klingbeil sagte dem Fernsehsender RTL/ntv auf die Frage, ob Hartz IV damit Geschichte sei: "Ja, definitiv." Das Bürgergeld bringe einen "wirklichen Kulturwandel". Der Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Das Bürgergeld kann kommen und Hartz IV beenden. Die größte Sozialreform seit 20 Jahren bedeutet eine Weiterbildungsoffensive, ein Perspektivwechsel in den Jobcentern und Sanktionen nur in maßvollen Stufen statt unsachliche Härte." Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) nannte den Kompromiss im RBB-Sender radioeins dagegen "in allen Punkten eine Verschlechterung".

Auf Druck der Union wird eine "Vertrauenszeit" aus Heils Entwurf gestrichen. Anders als ursprünglich vorgesehen sollen Arbeitslose damit auch in den ersten sechs Monaten des Bezugs dadurch mögliche Leistungskürzungen hinnehmen müssen, etwa wenn sie sich - anders als mit dem Jobcenter verabredet - nicht auf einen Job bewerben. Der Kompromiss sieht auch vor, dass den Beziehern von Bürgergeld 40 000 Euro eigenes Vermögen zugestanden werden - die Ampel hatte ursprünglich 60 000 Euro vorgesehen.

Mit dem Gesetz verbunden ist auch eine Erhöhung der Regelsätze auf 502 Euro.

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