Brüsseler Themenliste:Auf Wiedervorlage

Neues Asylsystem, Regeln für künstliche Intelligenz oder ein einheitliches Ladekabel für Handys: Die Pandemie wirbelt Ursula von der Leyens ursprüngliche Pläne für Europa ziemlich durcheinander. Einiges dürfte sich nun verzögern.

Von Karoline Meta Beisel

Eigentlich hatte die EU-Kommission bereits im Frühjahr Vorschläge für ein neues europäisches Asylsystem vorlegen wollen. Dann hieß es "kurz nach Ostern". Danach: im Juni. So steht es jetzt auch im neuen Arbeitsprogramm, das die Behörde am Mittwoch präsentierte. Darin legt sie dar, welche geplanten Initiativen sich wie lange verzögern werden. Die lang ersehnten Vorschläge für die Asylreform sollen demnach "im zweiten Quartal 2020" vorgestellt werden - das Ende Juni schon wieder zu Ende geht. Hinter den Kulissen gibt man aber bereits zu, dass es wahrscheinlich auch mit diesem Termin nichts werden wird. Für das EU-Budget ist Einstimmigkeit erforderlich, und man wolle während der Verhandlungen "kein Feuer legen", heißt es in der EU-Kommission.

Das Beispiel zeigt, wie die Corona-Krise selbst jene Pläne der Kommission verzögert, die mit der Pandemie eigentlich nichts zu tun haben. Ein Gutteil der ursprünglich geplanten Initiativen hat sich durch den Kampf gegen das Virus zumindest verzögert. Sei es, weil das politische Personal in Brüssel und in den europäischen Hauptstädten schlicht mit anderen Dingen beschäftigt ist, sei es, weil nötige Sitzungen nicht stattfinden konnten oder sich verzögert haben.

Mit dem Einheitsladekabel wird es nun wohl so schnell nichts werden

Grundsätzlich aber will die EU-Kommission an ihren bisherigen Plänen festhalten. Das gilt insbesondere für die Elemente des Europäischen Grünen Deals, die die EU-Behörde nicht aufschieben will. Im Gegenteil sollen sie im Mittelpunkt aller Wiederaufbauanstrengungen stehen.

Aber auch jene Dossiers, bei denen es zu Verzögerungen kommt, will man nicht allzu lange aufschieben. Die allermeisten sollen sich lediglich um ein Quartal verzögern. Das gilt etwa für neue Regeln für den Einsatz von künstlicher Intelligenz, die nun nicht mehr in diesem Jahr, sondern erst im kommenden Frühjahr vorgestellt werden sollen - den bisherigen Zeitplan hatten bereits vor Corona viele für zu ambitioniert gehalten.

Nur bei wenigen Themen sollen sich die Termine deutlicher verschieben. So hatte die EU-Kommission eigentlich vorgehabt, noch in diesem Herbst ein Gesetz vorzuschlagen, das Tech-Firmen zu einem einheitlichen Ladekabel für mobile Geräte verpflichten soll - stattdessen steht dieses Gesetz nun für das kommende Frühjahr auf der Agenda. Auch die Vorschläge, wie die EU auf den demografischen Wandel reagieren kann, sollen sich etwas verzögern. Das dürfte auch damit zu tun haben, dass Kroatien dieses Thema während seiner Ratspräsidentschaft forcieren wollte. Die aber geht Ende Juni zu Ende.

Auch eine Idee zum Bürokratieabbau wird wegen der Corona-Krise in die nicht so nahe Zukunft verschoben. Eigentlich hatte Ursula von der Leyen bei ihrem Antritt für dieses Quartal eine "One in, one out"-Regel versprochen, nach der die EU-Kommission für jedes neue Gesetz, das sie vorschlägt, ein altes streichen lassen wollte. Das sollte es gerade kleinen und mittleren Unternehmen in der EU erleichtern, mit Reformen auf europäischer Ebene Schritt zu halten. Jetzt aber soll auch diese Reform frühestens Ende des Jahres angegangen werden. Kein Wunder: Wenn eine Ecke des Hauses brennt, denkt ja auch keiner daran, erst einmal den Keller aufzuräumen.

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