EU-Flüchtlingspolitik:Juncker will Politik des Durchwinkens beenden

EU-Flüchtlingspolitik: Die EU will mehr Decken und Zelte bereitstellen: Migranten laufen am 23. Oktober 2015 in Sentilj in Slowenien zu einem Flüchtlingslager.

Die EU will mehr Decken und Zelte bereitstellen: Migranten laufen am 23. Oktober 2015 in Sentilj in Slowenien zu einem Flüchtlingslager.

(Foto: AP)

Zelte, Schlafsäcke, bessere Kommunikation zwischen den Ländern: Worum es beim Sondertreffen zur Flüchtlingspolitik in Brüssel geht - und welche Streitpunkte es gibt.

Von Thomas Kirchner, Brüssel

Das europäische Sondertreffen zur Flüchtlingskrise auf dem Balkan an diesem Wochenende soll in konkrete Hilfszusagen münden, vor allem aber soll es ein Signal gegen nationale Alleingänge senden. Nur durch einen "gemeinsamen grenzüberschreitenden Ansatz" und "pragmatische Zusammenarbeit" ließen sich die Probleme mit der Migration in den Griff bekommen, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Freitag in einem Schreiben an die betroffenen Regierungen, das der SZ vorliegt. "Nachbarn sollten nicht gegen-, sondern miteinander arbeiten."

Juncker hatte das Brüsseler Treffen am Mittwoch wegen der in Teilen chaotischen Lage in den Transferländern auf dem Balkan kurzfristig einberufen, auch auf Wunsch von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Teilnehmen werden neben Merkel die Staats- und Regierungschefs von Österreich, Bulgarien, Kroatien, Griechenland, Ungarn, Rumänien und Slowenien sowie jene der Nicht-EU-Staaten Mazedonien und Serbien. Sie treten nicht als regulärer EU-Gipfel zusammen, sondern in einer Ad-hoc-Formation.

Es geht um praktische Verbesserungen, Zelte und Schlafsäcke

Der EU-Kommission ist vor allem an einer praktischen Verbesserung der Lage gelegen. Um den Informationsaustausch zu erleichtern, fordert Juncker die Regierungschefs auf, innerhalb von 24 Stunden einen Ansprechpartner direkt in ihren Büros zu benennen, der die tägliche Koordination übernimmt. Auch sollen alle Staaten detailliert bekannt geben, welche Hilfe sie brauchen, um Unterkünfte, Decken und Essen für die Flüchtlinge bereitstellen zu können.

Slowenien aktivierte am Freitag den europäischen Zivilschutzmechanismus. Es fordert 60 Millionen Euro sowie Hilfsgüter wie beheizte Zelte und Schlafsäcke. Das Land soll auch 400 EU-Grenzschützer erhalten. Den Bau eines Zauns schließt allerdings auch Regierungschef Miro Cerar nicht länger aus. Sollte es am Sonntag in Brüssel nicht genügend Zugeständnisse geben, sei "alles möglich", sagte er. Kroatien warf Slowenien vor, "viel Wind um nichts" zu machen. "Die sollen die Leute doch einfach durchlassen", sagte Regierungschef Zoran Milanović.

Durchwinken nicht akzeptabel, Kontrollen rechtmäßig

Juncker appelliert an die Balkanstaaten, genau dies nicht zu tun, Flüchtlinge also nicht länger ohne Einwilligung eines Nachbarlandes an dessen Grenzen zu bringen. Eine Politik des Durchwinkens sei inakzeptabel. Die von Deutschland und Österreich vorübergehend wieder eingeführten Grenzkontrollen erklärte die Kommission am Freitag für rechtmäßig. Angesichts der hohen Zahl ankommender Menschen seien sie verhältnismäßig.

Bei der beschlossenen Umverteilung von 160 000 Flüchtlingen in der EU zeigen die Mitgliedstaaten wenig Aufnahmebereitschaft. Nach Angaben der Kommission haben neun Länder 854 Plätze für Flüchtlinge aus Italien und Griechenland angeboten. Bisher wurden 86 Menschen aus Italien nach Schweden und Finnland geflogen.

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