EuropaItaliener Sassoli wird EU-Parlamentspräsident

  • Neuer Präsident des Europäischen Parlaments wird der Italiener David-Maria Sassoli.
  • Der Sozialdemokrat wurde am Mittwoch in Straßburg von einer Mehrheit der Abgeordneten gewählt.
  • Erst im zweiten Wahlgang hat der Kandidat die absolute Mehrheit erhalten, womit das Parlament dem Vorschlag des Rats folgt.
  • Die Entscheidung ist Teil des Personalpakets, demzufolge Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nächste EU-Kommissionspräsidentin werden soll - gegen diese Nominierung der Mitgliedsstaaten gibt es Vorbehalte im Parlament.

Von Jana Anzlinger, Anna Ernst, Barbara Galaktionow, Magdalena Pulz und Philipp Saul

Verfolgen Sie die Entwicklungen im Europäischen Parlament:

Jana Anzlinger
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Danke fürs Mitlesen!


Wir schließen den Liveblog und danken Ihnen für Ihr Interesse - wenn Sie heute keine Zeit hatten, das Geschehen zu verfolgen, empfehlen wir Ihnen diese zusammenfassende Analyse unserer Brüssel-Korrespondenten Karoline Meta Beisel und Alexander Mühlauer:
Anna Ernst
Anna Ernst

Drei Anläufe für 14 Posten


Es brauchte einen zweiten und einen dritten Wahldurchgang, um alle 14 Vizepräsidenten-Posten des EU-Parlaments zu vergeben.
Jetzt stehen die neuen Amtsinhaber fest: Mairead McGuinness (Irland), Pedro Silva Pereira (Portugal), Rainer Wieland (Deutschland), Katarina Barley (Deutschland), Othmar Karas (Österreich), Ewa Bożena Kopacz (Polen), Klára Dobrev (Ungarn), Dita Charanzová (Tschechien), Nicola Beer (Deutschland), Lívia Járóka (Ungarn), Heidi Hautala (Finnland), Marcel Kolaja (Tschechien), Dimitrios Papadimoulis (Griechenland) und Fabio Massimo Castaldo (Italien).
Anna Ernst
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Drei deutsche Vizepräsidenten


Das EU-Parlament hat insgesamt 14 Vizepräsidenten. Im ersten Wahlgang werden elf der Ämter bereits besetzt. Die meisten Stimmen erhält die irische Politikerin Mairead McGuinness, die zuvor schon Vizepräsidentin im EU-Parlament war. An ihrer Seite üben auch drei deutsche Politiker künftig das Amt aus.

SPD-Spitzenpolitikerin Barley wird erstmals in das Präsidium gewählt (mit 516 Stimmen). "Ich möchte dem Europäischen Parlament in meinem neuen Amt mehr Gehör verschaffen", sagt sie nach der Abstimmung. "Vielen herzlichen Dank für dieses überwältigende Vertrauen", schreibt sie auf Twitter.
Gleichauf - mit ebenfalls 516 Stimmen - kommt Rainer Wieland von der CDU, der das Amt schon in der vergangenen Wahlperiode bekleidet hat.
Neu im Präsidium ist FDP-Europapolitikerin Nicola Beer (363 Stimmen).
Jana Anzlinger
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Wahl in Straßburg, Streit in Berlin


Ein in beiden Städten aufregender Tag neigt sich dem Ende zu. Der neue Präsident des EU-Parlaments ist nach einigem Ringen gewählt. Die anderen Spitzenposten sind weiterhin unklar. Wenn von der Leyen wirklich Kommissionschefin wird, muss das Verteidigungsministerium neu besetzt werden. Wie die Groko über die Kandidatur streitet und über welchen Parlamentsumbau diskutiert wird, schreiben Robert Roßmann und Wolfgang Wittl.
Jana Anzlinger
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Von der Leyen will binnen 14 Tagen Vision für Europa präsentieren


Bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt seit der Nominierung würdigt von der Leyen die Bedeutung des Europäischen Parlaments. Ihr sei es "sehr wichtig" gewesen, "sofort als allererstes hier nach Straßburg" zu kommen und "mit den Abgeordneten zu sprechen", sagt sie. Sie sei überwältigt, dankbar und fühle sich sehr geehrt durch die Nominierung. "Hier im Europäischen Parlament schlägt das Herz der europäischen Demokratie, und deshalb ist es so wichtig, sofort den Dialog aufzunehmen." In den kommenden 14 Tagen wolle sie intensive Gespräche mit den Fraktionen und Gruppen führen und viel zuhören. Danach wolle sie vor dem Parlament ihre Vision für die EU für die kommenden fünf Jahre vorstellen.
rtr
Jana Anzlinger
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AKK tadelt SPD


CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer fordert die SPD auf, ihre ablehnende Haltung zur Wahl von der Leyens als EU-Kommissionspräsidentin zu überdenken. "Ich würde mir sehr wünschen, dass die SPD hier ihre Position noch einmal ändert", sagt sie in Düsseldorf. Sie rechne nicht mit einem Koalitionsbruch in Berlin. Zugleich wirft sie den Sozialdemokraten vor, mitverantwortlich dafür zu sein, dass das Spitzenkandidaten-Prinzip mit ihrer Blockade von Weber (EVP) nicht habe umgesetzt werden können.
Jana Anzlinger
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Von der Leyen stellt sich der Fraktion vor


Die designierte Kommissionspräsidentin von der Leyen hat bei den Abgeordneten in Straßburg für sich geworben.

Unser Korrespondent Alexander Mühlauer berichtet:
Von der Leyen besuchte zunächst die Fraktion der Europäischen Volkspartei und beantwortete dort unter anderem Fragen der Abgeordneten zur Sicherheitspolitik, dem anstehenden Brexit und der Zukunft des Euro-Raums. In ihrer kurzen Vorstellung, die sie auf Deutsch, Französisch und Englisch hielt, hob sie die gestiegene Wahlbeteiligung bei der Europawahl hervor und dankte dem Spitzenkandidaten der EVP, Manfred Weber.
Jana Anzlinger
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Barley: "Werde Vorschlag nicht zustimmen"


Die ehemalige deutsche SPD-Spitzenkandidatin Barley ist mit der Nominierung von der Leyens als EU-Kommissionspräsidentin ganz und gar nicht einverstanden. "Es ist nicht das Versprechen, das den Bürgerinnen und Bürgern vor der Wahl gegeben wurde", sagt die frühere Justizministerin und jetzige EU-Abgeordnete im ZDF. "Ich persönlich werde diesem Vorschlag nicht zustimmen." Im ARD-Mittagsmagazin dann kritisierte Barley die Vorschläge des EU-Rats für die Besetzung der Spitzenposten als nicht gerecht. "Im Tableau, das der Rat vorgelegt hat, ist kein einziger Osteuropäer zu sehen, das kann doch irgendwie auch nicht sein. Das ist auch regional total unausgewogen, da sind ausschließlich Westeuropäer, die dort genannt sind."
Jana Anzlinger
Jana Anzlinger

Von der Leyen ist da


Nicht nur auf Twitter ist von der Leyen angekommen, sondern auch in Straßburg: Die Verteidigungsministerin ist nach einer Kabinettssitzung zu einem Treffen EVP-Fraktion im Parlament gereist. Neben ihr sitzt Weber, der gern den Job gehabt hätte, den sie nun bekommen könnte.
rtr
Philipp Saul
Philipp Saul

Von der Leyen entdeckt Twitter


Die Aussicht auf die EU-Kommissionspräsidentschaft kann tiefgreifende Veränderungen hervorrufen. So auch bei Ursula von der Leyen. Die ist jetzt nämlich auf Twitter. Dort gibt es seit heute unter @vonderleyen einen verifizierten Account der Verteidigungsministerin, dem bereits Tausende User folgen, darunter auch Manfred Weber und die EVP.

In der Beschreibung unter ihrem Profilfoto heißt es auf Englisch: "Deutsche Verteidigungsministerin & Kandidatin für das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission. Mutter von sieben Kindern, geboren in Brüssel, von Herzen Europäerin". Inzwischen hat von der Leyen ihren ersten Tweet abgeschickt: "Hallo Europa! Hello Europe! Salut l'Europe!" Hallo zurück.

Übrigens: Falls Sie sich auch gerade fragen, was eigentlich aus dem Twitter-Account von Horst Seehofer geworden ist - den gibt es noch: Seit Gründung im September 2018 hat wurden dort genau zwei Posts veröffentlicht: Glückwünsche an Annegret Kramp-Karrenbauer nach ihrer Wahl zur CDU-Vorsitzenden und seine Ankündigung, als CSU-Vorsitzender zurückzutreten. Hochaktuell.
Barbara Galaktionow
Barbara Galaktionow

Steinmeier warnt vor Lähmung Europas durch Personalstreit

Der Bundespräsident fordert die EU zu einer raschen Klärung ihrer Personalfragen auf. "Was wir uns jedenfalls nicht leisten können, ist, dass wir jetzt in einen sehr langen, unübersehbaren inter-institutionellen Konflikt zwischen Europäischem Rat, Europäischer Kommission und Europäischem Parlament hineinkommen, der uns dann wieder über Wochen und Monate lähmt", so Steinmeier in Berlin. Er äußert diese Warnung wohl mit Blick darauf, dass das EU-Parlament die vom Rat als EU-Kommissionschefin nominierte von der Leyen ablehnen könnte. Die Menschen in Europa erwarteten jetzt von der EU, dass sie Probleme löse. Ihre Erwartungen an die Mitgliedstaaten seien "riesengroß", sagt Steinmeier.
Jana Anzlinger
Jana Anzlinger

"Mit Zuversicht und Mut"


Auch auf Twitter bedankt sich Sassoli bei denen, die ihn gewählt haben. Er zitiert den früheren italienischen Premier Aldo Moro, einen Christdemokraten. Dieser habe einmal gesagt: "Es geht darum, die Zeit, die uns gegeben ist, mit all ihren Schwierigkeiten zu durchleben. Es geht aber auch darum, mutig und zuversichtlich zu sein." In diesem Sinne, schreibt Sassoli, nehme er seine Wahl "mit Zuversicht und Mut" an.
Jana Anzlinger
Jana Anzlinger

Wie Sassoli von seinen Landsleuten gesehen wird


Das Präsidentenamt des Europaparlaments bleibt in italienischen Händen. Aber anders als Sassolis Vorgänger, der Christdemokrat Tajani, hat der 63-Jährige aus Florenz die populistische Regierung Italiens in den vergangenen Monaten scharf kritisiert, auch deren harte Migrationspolitik und konfrontative Haltung gegenüber den EU-Institutionen. Dass mit Sassoli nun ein Politiker der verhassten Oppositionspartei PD an der Spitze des Parlaments sitzt, dürfte den Populisten in Rom wenig gefallen.

Sassoli trat bisher nicht als politisches Schwergewicht in Erscheinung. In Italien ist er weniger als Politiker, denn als Nachrichtenmann bekannt. Denn er moderierte im Fernsehen die Hauptnachrichtensendung TG1. "Ich bin kein Star, ich bin sehr langweilig", soll er einmal über sich selbst gesagt haben.

Bei den EU-Wahlen 2009, als er das erste Mal in das Parlament einzog, erhielt er mehr als 400 000 Stimmen, was ein beeindruckendes Ergebnis für einen Politik-Neuling ist. In seiner ersten Amtszeit in Brüssel und Straßburg leitete er die italienische sozialdemokratische Delegation. Im Jahr 2013 kandidierte er einmal erfolglos als Bürgermeister der italienischen Hauptstadt Rom. Von 2014 bis 2019 war er einer der 14 Vizepräsidenten des EU-Parlaments.
Jana Anzlinger
Jana Anzlinger

Seibert: Bundesregierung muss von der Leyen nicht nominieren


Der Rat hat Sassoli als Teil eines Personalpakets vorgeschlagen, zu dem auch Bundesverteidigungsministerin von der Leyen gehört. Als Kandidatin für das Amt der EU-Kommissionspräsidentin muss sie, im Gegensatz zu anderen Kommissionsmitgliedern, nicht gesondert von der Bundesregierung nominiert werden, wie Regierungssprecher Seibert betont.

Die Nominierung eines Kandidaten für das EU-Spitzenamt ist Aufgabe des Europäischen Rates. Im Anschluss stimmt das Parlament ab. Die anderen Mitglieder der Europäischen Kommission werden dagegen von den einzelnen Mitgliedstaaten nominiert, das gesamte Kolleg muss sich dann einem zweiten Votum des Europäischen Parlaments stellen. Das sei die "ganz klare Aufgabenverteilung zwischen den europäischen Institutionen", sagt Seibert.

Von der Leyen war am Dienstag vom Europäischen Rat als Kandidatin für das Amt nominiert worden. Das Europäische Parlament wird Mitte Juli über die Personalie abstimmen. Ob von der Leyen eine Mehrheit findet, ist offen. Zahlreiche Parlamentarier haben ihren Widerstand angekündigt, weil von der Leyen keine Spitzenkandidatin bei der Europawahl war. Wie lange die 60-Jährige noch als Bundesverteidigungsministerin im Amt bleibt, ist ebenso unklar. "Das kann ich Ihnen heute nicht sagen", sagte Seibert.
Philipp Saul
Philipp Saul

Präsident für zweieinhalb Jahre


Der 63 Jahre alte Journalist Sassoli stammt aus Florenz und sitzt seit zehn Jahren in der europäischen Volksvertretung in Straßburg. Er ist zunächst für zweieinhalb Jahre gewählt. Danach wird er voraussichtlich von einem Parlamentsmitglied der Christdemokraten aus der EVP abgelöst. Diese Lösung ist Teil des von den Staats- und Regierungschefs vorgeschlagenen Personalpakets. Sassoli bekam deshalb in der geheimen Wahl vermutlich auch viele Stimmen der EVP, die keinen eigenen Kandidaten aufgestellt hat.
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